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Verbotene Früchte im Frühling

Titel: Verbotene Früchte im Frühling
Autoren: Lisa Kleypas
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endlos lange gedauert. Der Pastor schien entschlossen, die anwesende Menge von reichen und mächtigen Besuchern zu beeindrucken, von denen viele aus London und einige aus New York gekommen waren. Zum Gottesdienst gehörten unter anderem eine unendlich lange Predigt, geistliche Lieder in bisher nie da gewesener Zahl und insgesamt drei ermüdende Lesungen.
    Daisy wartete geduldig in ihrem schweren champagnerfarbenen Satinkleid, während ihre Füße in den unbequemen Schuhen zu kribbeln begannen. Der Schleier aus venezianischer Spitze mit den eingenähten Perlen gab ihr das Gefühl, halb blind zu sein. Die Hochzeit war zu einer echten Geduldsprobe geworden. Sie bemühte sich sehr, ernst und würdig zu wirken, doch dann warf sie einen Blick auf Matthew, der groß und gut aussehend neben ihr stand in seinem schwarzen Rock und der gestärkten weißen Krawatte – und ihr Herz schlug plötzlich schneller vor Glück.
    Am Ende des Gelöbnisses – trotz Mercedes strenger Anweisung, dass der Bräutigam die Braut nicht küssen durfte, weil so etwas bei den Menschen der guten Gesellschaft nicht Brauch war – zog Matthew Daisy an sich und küsste sie vor den Augen aller Anwesenden. Ein oder zwei leise Aufschreie wurden hörbar, dann breitete sich ein wohlwollendes Lachen in der Menge aus.
    Daisy hob den Kopf und blickte in die blitzenden Augen ihres Gemahls. „Ihr Benehmen ist skandalös, Mr. Swift“, flüsterte sie.
    „Das ist noch gar nichts“, gab Matthew mit gedämpfter Stimme zurück. Sein Blick war voller Liebe. „Das Schlimmste hebe ich mir für heute Nacht auf.“
    Die Gäste begaben sich ins Herrenhaus. Nachdem sie, wie es Daisy schien, tausend Gäste begrüßt hatte und ihre Wangen vom vielen Lächeln schon schmerzten, stieß sie einen langen Seufzer aus. Als Nächstes würde es ein Hochzeitsfrühstück geben, von dem halb England satt werden könnte, und anschließend stundenlange Trinksprüche und Abschiedsreden. Und sie wollte nichts anderes als allein sein mit ihrem Gemahl.
    „Oh, beklage dich nicht“, hörte sie ganz aus der Nähe die Stimme ihrer Schwester. „Eine von uns musste ja eine ordentliche Hochzeit haben. Das konntest ebenso gut du sein.“
    Daisy drehte sich um und sah Lillian zusammen mit Annabelle und Evie direkt hinter sich stehen. „Ich wollte mich nicht beklagen“, sagte sie. „Ich dachte nur daran, wie viel leichter es gewesen sein würde, nach Gretna Green durchzubrennen.“
    „Das wäre recht einfallslos gewesen, meine Liebe. Vor allen Dingen in Anbetracht der Tatsache, dass Evie und ich dasselbe schon vor dir getan hatten“, meinte Lillian.
    „Es war eine hübsche Zeremonie“, sagte Annabelle herzlich.
    „Und eine lange“, bemerkte Daisy. „Ich habe das Gefühl, seit Stunden nichts anderes getan als dagestanden und geredet zu haben.“
    „Das hast du auch“, sagte Evie zu ihr. „Komm mit – wir haben eine Mauerblümchen-Versammlung.“
    „Jetzt?“, fragte Daisy verwundert und blickte in die heiteren Gesichter ihrer Freundinnen. „Das können wir nicht tun. Sie warten mit dem Frühstück auf uns.“
    „Oh, sollen sie warten“, meinte Lillian fröhlich. Sie nahm Daisy am Arm und zog sie aus der Eingangshalle heraus.
    Als die vier jungen Frauen sich zu einem Korridor begaben, der zum Frühstückszimmer führte, begegneten sie Lord St. Vincent, der in die entgegengesetzte Richtung schlenderte. Elegant und betörend in seiner förmlichen Garderobe, blieb er stehen und schenkte Evie ein liebevolles Lächeln.
    „Ihr scheint vor irgendetwas davonzulaufen“, sagte er.
    „Genau das tun wir“, erwiderte Evie ihrem Gemahl.
    St. Vincent legte einen Arm um Evies Taille und fragte in verschwörerischem Flüsterton: „Wohin geht ihr?“
    Evie überlegte einen Moment. „Irgendwohin, wo wir Daisy die Nase pudern können.“
    Der Viscount warf einen zweifelnden Blick auf Daisy. „Dazu seid ihr alle vier nötig? Aber es ist doch eine so kleine Nase.“
    „Es wird nur ein paar Minuten dauern, Mylord“, sagte Evie. „Würden Sie bitte in unserem Namen eine offizielle Entschuldigung vorbringen?“
    St. Vincent lachte leise. „Davon habe ich einen nahezu endlosen Vorrat, Geliebte“, versicherte er ihr. Ehe er seine Frau losließ, drehte er ihr Gesicht zu sich herum und küsste sie auf die Stirn. Einen winzigen Moment lang ließ er dabei seine Hand auf ihrem Bauch ruhen. Die anderen bemerkten die kleine Geste nicht.
    Aber Daisy bemerkte sie, und sie wusste sofort, was das
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