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Verborgene Macht

Verborgene Macht

Titel: Verborgene Macht
Autoren: Gabriella Poole
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recht. Ein guter Freund wie Patrick würde immer etwas von sich geben. Auf Patrick konnte sie sich verlassen. Er war stark, jung, selbstbewusst. Voller Leben. Perfekt.
    »Cassie?«
    Sie hatte einfach so verdammt großen Hunger. Ihre Lippen verzogen sich zu einem starren Lächeln. »Mir geht es gut.«
    Sag nichts. Lass ihn näher kommen. Ich kann ihn riechen...
    Patrick trat einen Schritt zurück, und sie glaubte zu sehen, wie er erschauderte. »Krieg dich wieder ein, Cassie. Dein Essen wird kalt.«
    Für mich siehst du warm genug aus.
    »Okay, tut mir leid. Ich werde dich in Ruhe lassen.« Er wandte sich ab. »Komm zurück, wenn du bereit bist.«
    »HALT!«
    Sie drückte sich von der Treppe ab und flog beinahe hinter ihm her. Dann packte sie ihn am Kragen, riss ihn zurück und drehte ihn zu sich um. Ihre Finger fanden sein Kinn, packten ihn, zogen ihn näher heran. Er versuchte, sich zu befreien, aber er hatte keine Chance. Seit dem Ritual war sie stärker, als sie je gewesen war. Mehr als stark genug, um diesen ... Sterblichen... zu überwältigen. Cassie lachte laut auf.
    Patricks Augen waren voller Entsetzen und sie spürte seinen panischen Atem auf ihrem Gesicht. Erneut konnte sie ihn riechen: Oh, er war voller Leben! Sie hatte die Zähne gebleckt. Doch dann sah sie eine Gestalt hinter der Glasscheibe der Haustür stehen. Einen Moment lang schien ihr Herzschlag auszusetzen. Sie versteifte sich und knurrte herausfordernd. Ein Gesicht knurrte zurück, wild und wahnsinnig, wie ein tollwütiges Tier. Und dann wusste sie es, wusste es mit einem übelkeiterregenden Stich in den Eingeweiden. Es war kein Ungeheuer, das versuchte, ins Haus einzubrechen. Es war ihr eigenes Spiegelbild.
    »Oh mein Gott!« Sie ließ Patrick so abrupt los, dass er auf den Boden fiel. Dann stolperte sie rückwärts, weg von ihm.
    Mit verängstigten Augen sah er sie an; seine Pupillen waren so geweitet, dass von dem hellen Blau der Iris kaum noch etwas zu sehen war. Das hatte sie erwartet. Aber mit den Worten, die aus seinem Mund kamen, hatte sie nicht gerechnet.
    »Oh Gott, Cassie. Nicht du. Nicht du!«
    Was?
    Den Bruchteil einer Sekunde stand sie da, die Hände auf den Mund gepresst, und starrte Patrick an. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte weg. Auch auf der Treppe verlangsamte sie ihren Schritt nicht - sie nahm immer zwei Stufen auf einmal -, stürzte in ihr Zimmer, schnappte sich wütend einen Stuhl und klemmte ihn unter die Klinke. So. Sicherer ging es nicht. Sicherer ging es für ihn nicht.
    Erschöpft ließ Cassie sich auf den Boden sinken. Es hätte schlimmer kommen können, sagte sie sich, während ihr Herzschlag sich beruhigte. Um so vieles schlimmer.
    Wem versuchte sie etwas vorzumachen? Sie hatte die Kontrolle verloren. Sie hätte Patrick verletzen können. Ihn sogar töten. Cassie presste sich die Fäuste vor den Mund und biss sich auf die Knöchel, bis Blut floss. Nur noch einige wenige Tage, das war alles. In wenigen Tagen würde sie wieder in der Akademie sein. Wieder bei dem mysteriösen Direktor, Sir Alric Dark. Er würde wissen, wie sie dagegen ankämpfen konnte. Bis dahin würde sie sich von allen anderen fernhalten...
    Aber Cassandra, meine Süße, ich muss mich NÄHREN!
    Die klagende, wütende Stimme hallte in ihrem Schädel wider, der sich so leicht und leer anfühlte. Ihr war schwindelig vor Hunger. Aber sie würde die Kontrolle nicht noch einmal verlieren. Es waren nur noch ein paar Tage. Nur eine Frage der Zeit...
    Stimmt! In der Echokammer ihres Kopfes klang Estelle rachsüchtig und hungrig, aber triumphierend. Oh ja, Cassandra, mein liebes Mädchen! Nur eine Frage der Zeit...

KAPITEL 1
    Das Gepäckkarussell erwachte ruckartig zum Leben und spuckte die ersten Koffer aufs Band. Cassie stand eingekeilt im Gedränge des JFK. Der schiere Lärm und das geschäftige Treiben auf dem Flughafen überforderten sie. Verzweifelt hielt sie nach ihrem zerlumpten Koffer Ausschau, damit sie endlich aus dieser Menschenmasse herauskam. Links neben ihr stand ein hochgewachsener, schwitzender Geschäftsmann, rechts eine laute alte Dame, und beide schubsten und drängelten und hingen wie Geier über dem sich drehenden Gepäckband. Keiner der beiden schien ein erstklassiger Kandidat zu sein, um sich zu nähren, aber Bettler konnten nicht wählerisch sein.
    Oh nein. Hör auf damit! Cassie hätte gern geweint, aber dafür fehlte ihr die Energie. Als das Flugzeug in großem Bogen auf die Landebahn zugesteuert war, hatte Cassie
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