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Verbannt

Verbannt

Titel: Verbannt
Autoren: Erin Hunter
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verstehen, was er bedeutete. Aber welchen Nutzen ihm dieses Wissen brachte, dessen war er sich nicht sicher.
    »Häherpfote«, erklang eine krächzende Stimme hinter ihm.
    Häherpfote fuhr herum. Jedes Haar in seinem Pelz stellte sich auf, als er den schlaffen, haarlosen Körper und die blinden Augen von Stein erblickte. Aber ich schlafe doch gar nicht! Die alte Katze leuchtete, als stünde sie im Mondlicht, obwohl es um sie herum völlig dunkel war. Sie schien im Schatten zu schweben.
    Mit pochendem Herzen streckte Häherpfote all seine Sinne nach Steinsager aus, aber der Geruch des alten Katers änderte sich ebenso wenig wie der dumpfe Schmerz, der von ihm ausströmte. Er gab keinen Laut von sich.
    »Steinsager kann mich nicht hören oder sehen«, miaute Stein. »Nur du kannst es.«
    »Warum bist du gekommen?« Häherpfotes Stimme zitterte.
    »Der Kampf ist gewonnen. Ihr könnt wieder nach Hause gehen – ihr alle.«
    Häherpfote schluckte seine Freude hinunter. Distelpfote und Löwenpfote waren in Sicherheit! Aber Stein war bestimmt nicht gekommen, um ihm etwas zu sagen, das er noch vor dem Morgengrauen selbst herausfinden würde. Sein Erscheinen musste noch einen anderen Grund haben.
    »Dann müssen die Stammeskatzen gut gekämpft haben«, miaute er. »Vielleicht hat der Stamm der ewigen Jagd nun mehr Vertrauen in sie.«
    »Warum sollten sie?«, gab Stein zurück. Seine Stimme klang verärgert. »Es waren die Clans, die den Stamm des eilenden Wasser gerettet haben.«
    »Und was ist daran so schlimm?«, wollte Häherpfote wissen. Zu Hause am See hatte er sich so sehr danach gesehnt, noch einmal mit Stein zu sprechen, aber jede Begegnung mit der Geisterkatze enttäuschte ihn mehr.
    »Der SternenClan hat euch nicht geschickt«, erwiderte Stein, »und der Stamm der ewigen Jagd hat euch nicht gerufen.«
    »Aber …«
    »Schweig!«, fauchte Stein. »Ihr seid gekommen und ihr habt gewonnen – wenigstens diesen Kampf. Aber glaubt ihr wirklich, dass die Grenzen Bestand haben werden? Der Stamm ist kein Clan. Sie haben keine Erfahrung darin, ihr Territorium zu verteidigen, und die Eindringlinge haben keinen Ehrenkodex, der sie dazu verpflichtet, ihr Wort zu halten.«
    »Dann waren wir also völlig umsonst hier?«, fragte Häherpfote bestürzt.
    Stein schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr habt viel gelernt. Und der Stamm wird genug zu fressen haben, eine Weile lang wenigstens.« Seine hervorquellenden Augen starrten in die Dunkelheit auf etwas, das Häherpfote verborgen war.
    Häherpfote holte tief Luft. »Du kanntest die Stammeskatzen, ehe sie hierherkamen, nicht wahr? Sie kamen vom See.«
    Befriedigt sah er, wie Stein überrascht zusammenfuhr. »Ja. Woher weißt du das?«
    »Es war der See in den Bergen, den die Stammesgeister mir gezeigt haben«, erklärte Häherpfote. »Sie haben einen neuen Mondsee gefunden, so wie der bei unserem Territorium.«
    »Sie haben so vielen ihrer alten Bräuche den Rücken gekehrt.« Schmerz lag in der Stimme der alten Katze. »Trotzdem suchten sie Frieden am Wasser.«
    Häherpfotes Herz pochte lauter, doch er musste fortfahren.
    »Der Stamm hat mich gekannt, genau wie du es hast. Stammt die Prophezeiung aus der Zeit, als ihr alle noch zusammengelebt habt?«
    Stein senkte den Kopf. »Ja. Wir haben euch schon sehr lange erwartet. Und nun seid ihr gekommen.«
    Ein Schauer durchfuhr Häherpfote, eine Mischung aus Furcht und Freude, als er den Blick der alten blinden Katze erwiderte. »Auch die anderen sollten davon erfahren«, fuhr Stein fort. »Das ist nicht nur dein Schicksal und du kannst diesen Pfad nicht allein gehen.«
    »Häherpfote! Häherpfote, wo bist du?« Distelpfotes Stimme hallte durch die Haupthöhle. »Komm schnell!«
    Stein war verschwunden, als hätte sich ein schwarzer Flügel über ihn gelegt, und Häherpfote stand allein in der Höhle der spitzen Steine, abgesehen von dem schweigenden Steinsager. Er fand den Durchgang und rannte hinaus zu seiner Schwester.
    »Es ist Löwenpfote!«, japste sie, als sie zu ihm sprang und ihm zur Begrüßung rasch über das Ohr leckte. »Er ist voller Blut. Er sagt, er sei nicht verletzt, aber das Blut muss doch von irgendwo her kommen. Du musst ihm helfen.«
    »Wo ist er?«
    »Draußen, beim Teich«, miaute Distelpfote. »Ich habe gesagt, er soll sich dort ausruhen.«
    Häherpfote folgte ihr durch die Höhle zum Wasserfall. Clan- und Stammeskatzen strömten an ihnen vorbei und verkündeten jenen, die zurückgeblieben waren, die gute Nachricht.
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