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Vera Lichte 05 - Tod eines Heimkehrers

Vera Lichte 05 - Tod eines Heimkehrers

Titel: Vera Lichte 05 - Tod eines Heimkehrers
Autoren: Carmen Korn
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Klingelknopf. Er hoffte auf einen schnellen Erfolg. Schließlich hatte er das Foto dabei, das Nick auf dem Friedhof gemacht hatte.
    Den kleinen Jungen, der ihm öffnete, mochte er damit nicht behelligen.
    Der hatte einen Schlafanzug an, einen Wickel um den Hals und vermutlich eine Mandelentzündung.
    »Ist deine Mama da?«, fragte Gernhardt.
    Der Junge schloss die Tür. Gernhardt klingelte.
    Vermutlich war das Kind gewarnt worden vor Fremden, die vor Türen standen. Eine fürsorgliche Erziehung.
    Doch Gernhardts Klingeln blieb das einzige Geräusch hinter der Tür.
    Keiner, der herbeigeholt wurde.
    Die nächsten drei Türen öffneten sich gar nicht erst.
    Gernhardt blieb im ersten Stock stehen und guckte in den Hof.
    Ein Zelt. Zwei Campingstühle.
    Der Rasen schlecht gepflegt. Steinplatten führten hindurch.
    Vielleicht war der Vormittag eine denkbar schlechte Zeit.
    Er sollte am Nachmittag einen der jungen Leute vorbeischicken.
    Die Sumpfjägerei zwischen Süder- und Norderelbe stand auch vor ihrem erfolglosen Ende.
    Gernhardt öffnete die Tasche, die er bei sich trug. Holte die Hülle hervor, in der die Kopie des Fotos war. Der kunstlederne Mann. Das Kästchen, in das sie ihn gelegt hatten, solange sie seinen Namen nicht kannten. Gab es denn nichts anderes an ihm hervorzuheben als diese hüftlange Kunstlederjacke? Darunter trug er eine schwarze Krawatte zum weißen Hemd. Die hellbraunen Haare aus der Stirn gekämmt.
    Um die vierzig schätzte ihn Gernhardt.
    Hätte er einen Schnauzer, wäre er »der mit dem Schnauzer« geworden.
    Lud Bielfeldt war eine kurze Zeit lang der »dünne Mann«.
    Eigentlich agierten sie wie im Kindergarten.
    Symbole auf den Kleiderhaken. Symbole auf den Zahnputzbechern.
    Im Stockwerk über ihm ging eine Tür. Schritte auf dem Terrazzoboden, die die Treppenstufen hinunternahmen.
    Gernhardt blieb stehen, vor dem Fenster zum Hof.
    Ein kurzärmeliges Hemd. Eine schwarze Leinenhose.
    Keine kunstlederne Jacke. Pit erkannte ihn auf den ersten Blick.
    Nachdem er sich gerade in das Foto versenkt hatte. Der Mann zögerte, als er Pit sah. Ein Zeichen des Erkennens?
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.
    »Das können Sie«, sagte Gernhardt.
    Dann zeigte er ihm den Ausweis und die Hülle mit der Fotografie.
    Sie gingen in eine Kneipe um die Ecke.
    »Ich will nicht, dass meine Frau da hineingezogen wird«, sagte er.
    Gernhardt wollte ihm entgegenkommen. Erst einmal.
    »Hat der Schwager mich gefunden?«, fragte er. »Hab ihn nicht gleich erkannt in der halben Portion, die im Bus gewesen ist. Erst in der Nacht ist mir das eingefallen.«
    »Bimbi Bielfeldt«, sagte Pit.
    Sie hatten beide alkoholfreies Bier bestellt.
    Der kunstlederne Mann, der Manfred Backes hieß, trank, als sei er eben aus der Wüste gekommen und nicht aus seiner Wohnung.
    »Als wir uns kennenlernten, hatte sie gerade angefangen, sich Bimbi zu nennen«, sagte Backes.
    Das überraschte Pit Gernhardt. Er hatte eine kürzere Bekanntschaft erwartet. Ein Tröster für die Seemannsfrau.
    »Vorher hieß sie Maria.«
    Daran erinnerte sich Pit. Den Namen hatte er auf der Trauerfeier gehört.
    »Damals war sie gerade achtzehn geworden. Ich zwei Jahre älter.«
    Er guckte in sein leeres Glas.
    »Sie lebte schon nicht mehr in dem Heim. Hatte ein Zimmer in der Nähe vom Michel. Ich hab nicht gewusst, dass ich sie geschwängert habe. Das hat sie mir erst erzählt, als wir uns im März getroffen haben.«
    »Das Kind, das sie verloren hat, war von Ihnen?«
    Backes guckte zu dem Mann hinter dem Tresen, der die Ohren spitzte.
    »Bring mir ein richtiges«, sagte er.
    Er guckte Gernhardt an. Standen Tränen in seinen Augen?
    »Das wusste ich alles nicht«, sagte er. »Mit uns ist es schon in dem Jahr auseinandergegangen. Sie hatte irgendeinen Kerl kennengelernt, von dem sie sich was versprochen hat.«
    »Danach haben Sie Bimbi nicht mehr gesehen?«
    »Erst in diesem März«, sagte Backes.
    »Auf dem Wochenmarkt in Wandsbek. Ich helfe da manchmal aus.«
    Das Bier kam. Pit bestellte auch ein richtiges.
    »Danach haben wir uns ein paarmal getroffen. Ihr Mann ist ja dauernd weg. Da hat sie mir von dem Kind erzählt.«
    Gernhardt dachte an die gestickte Knospe.
    »November 1990«, sagte er. »Da ist das Kind geboren. Kommt das hin?«
    »Wir sind im April auseinandergegangen«, sagte Backes. »Sei kein Frühchen gewesen, hat sie gesagt.«
    Das kam hin.
    »Hat sie Ihnen erzählt, warum das Kind gestorben ist?«
    Backes schüttelte den Kopf. »Schien sie immer
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