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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers
Autoren: Carmen Korn
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    Leseprobe
    Der Tod eines Politikers

    Prolog
    Er war zu Fuß gegangen, den Uferweg, der aus der Stadt in die stilleren Wohnviertel führte und der erstaunlich dunkel war dafür, dass die Lichter der Nacht nicht weit waren.
    Das Haus hatte er gleich gefunden. Er stand vor der Fassade aus der Gründerzeit, als müsse er sich alles einprägen und dürfe nichts vergessen, die grausteinernen Atlanten nicht, die den Balkon im ersten Stock trugen, und nicht die schwere schwarze Tür, durch deren vergitterte Scheiben kein Schein Licht fiel. Es war das vierte Treffen und das erste Mal, dass er aufgefordert worden war, in dieses Haus zu kommen.
    Er sah auf sechs Klingelknöpfe und sechs Messingschilder und versuchte, sie zu entziffern. Auf den Schildern waren nur Initialen graviert, keiner, der seinen Namen nannte.
    Auf dem unteren Schild erkannte er die beiden Buchstaben, die ihm als Losung gegeben worden waren, doch er zögerte, den Knopf der Klingel zu drücken. Als er es dann tat, kam die Stimme aus der Sprechanlage unmittelbar.
    Die Tür tat sich ihm auf, und er trat ein und wurde von einem hellen Licht überrascht und dem eigenen Spiegelbild, das von zwei gegenüberliegenden großen Spiegeln vervielfältigt wurde. Er kam sich verkleidet vor in seinem Anzug, und es irritierte ihn, dass er noch immer nicht alt genug zu sein schien, um auf das Vorgeben von Lässigkeit verzichten zu können, die ihm Jeans und Lederjacke gaben.
    Das Jackett des anthrazitfarbenen Anzugs trug er nicht mehr, als er in einer geschützten Schilfzone gefunden wurde. Die Hose war voll gesogen vom grauen Wasser der Alster und klebte ihm am steif gewordenen Körper. Die Augen standen offen und blickten nicht mal mehr erstaunt, nur Leere darin. Gar nichts war in seinem Gesicht, aus dem zu lesen gewesen wäre, was er zuletzt erlebt hatte.
    Da lag er zwischen den Binsen und dem giftigen Bärenklau, der seiner toten Haut nichts mehr anhaben konnte, und hatte ein Loch in der Stirn, wie es ein Laie kaum zu schießen vermag. Zu glatt. Zu rund.
    Der kleine Junge, der ihn entdeckte, regte sich nicht auf.
    Eine tote Ente wäre ihm schrecklicher gewesen. Nur der Entchen wegen war er so nah an das Schilf gegangen.
    Seine Mutter legte kurz die Hand auf ihren Mund, als müsse sie einen Schrei unterdrücken, ehe sie dann ihr Handy aus der Tasche holte, um die Leiche eines jungen Mannes der Kriminalpolizei anzuvertrauen.

    Hauptteil
    »Mama«, schrie Vera. War sie verrückt geworden? Hatte sie je nach Nelly gerufen? Und wenn, war Nelly dann gekommen?
    Eine weitere Wehe kam, wogte in ihrem Körper.
    »Anni«, schrie Vera.
    Auf der Höhe des Schmerzes sah sie Annis Gesicht, Anni, die ihre Hand hielt und sich über sie beugte und aussah wie ein gehetztes Eichhörnchen, ihr kleines altes Gesicht, und dabei doch versuchte, Zuversicht auszustrahlen, dass diese Geburt bald ein glückliches Ende nahm.
    »Jef«, sagte Vera. Da war der Kopf des Kindes schon draußen. Sekunden darauf war ihr Sohn geboren.
    Ihr Kind. Jefs Kind.
    Anni war es, die die Nabelschnur trennen durfte mit der kleinen Schere, die der Arzt ihr in die Hand drückte.
    Einen Augenblick lang hielt sie das Kind im Arm, das kleine noch blutige Bündel, drückte es behutsam an sich, ehe sie es in die Arme von Vera legte.
    Anni war es auch gewesen, in deren Armen der Vater des Kindes gestorben war, im dunklen Laub eines späten Oktobertages. Von einem Auto getötet. Absichtlich getötet.
    Sie hatte das Bild gerade jetzt vor Augen, obwohl der Mai die Sonne durch die Lamellen an den hohen Fenstern des Kreißsaales flirren ließ und auf alles ein hoffnungsvoll helles Licht legte. Doch Anni sah sekundenlang den Oktober vor sich und den toten Jef im Laub.
    Schicksals-Anni. Der vor vielen Jahren die kleine Vera in die Arme gelegt worden war. Die nicht aufgehört hatte, Verakinds Kinderfrau sein zu wollen, egal, wie groß Vera wurde, und sie wurde ganz schön groß.
    «Geht es dir gut?«, fragte Vera, als das Kind zu seinem ersten Bad davongetragen wurde.
    »Hoffentlich lässt sie es nicht fallen«, sagte Anni und guckte der Hebamme hinterher.
    »Du warst eben so blass«, sagte Vera.
    Anni hob die Schultern. Dankbar war sie, dass Vera das alles gut geschafft hatte, blühte, glücklich aussah,
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