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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers
Autoren: Carmen Korn
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fieberkrank. Philip Perak vegetierte dahin.
    Es war an ihm vorbeigegangen, dass die Saphirblaue als Serienmörder entlarvt worden war. Er las keine Zeitungen mehr. Er konnte sich nicht vorstellen, noch von irgendwas berührt zu werden, nach dem unsagbaren Leid, das ihm angetan worden war.
    Perak dachte dar an, aus dem Leben zu gehen.
    Die Tabletten hatte er gesammelt, die Courage fehlte ihm noch. Es brauchte Courage, sich zu töten.
    Er stümperte an Stardust herum, als habe er vor, sich damit den Todesstoß zu geben. Natürlich hatte er gehört, dass es drüben bei seiner Nachbarin gespielt worden war.
    Nie hätte er es so zustande gebracht.
    Vielleicht ließ sich alles verkürzen. Auf den Balkon treten und über die Brüstung lehnen, bis der große Schwindel kam.
    Hinabstürzen. Ins endlose Nichts.
    Philip Perak weinte viel. Er dachte an das Kind, das er einmal gewesen war. An den Sechzehnjährigen. An den Liebhaber, der sich der Saphirblauen genähert hatte.
    Er dachte an Vic. Hatte Vic ihn nicht auch verraten?
    War er nicht von ihm verlassen worden?
    Allein gelassen, mit der Frau, die seine Mutter war?
    Die Mooreichenmöbel waren zerlegt.
    Perak lebte auch äußerlich im Chaos.
    Er saß am Bösendorfer und schlug die Noten zu, die Hoagy Carmichael 1929 niedergeschrieben hatte.
    Einmal versuchte er es noch mit Hindemith.
    Doch ihm gelang nichts.
    Morgen, dachte Perak. Morgen werde ich es tun.
    Er schlief das erste Mal durch in dieser Nacht.
    Ein Dankesbrief kam. Für den Tanz der sieben Schleier.
    Die Fotografie, die dem Brief beigelegt war, zeigte eine Nelly, die tatsächlich ein wenig dicker geworden war, doch noch immer wie eine Elfe aussah gegen den stämmigen Herrn, der neben ihr stand. Edouard.
    »Guck dir das an«, sagte Anni, »wen hat sie sich da geangelt?«
    Einen Lebensmittelhändler aus Nizza.
    Vera konnte es nicht fassen. Ihre Sympathie für Nelly nahm deutlich zu. Das Alter schien ihr zu bekommen.
    Edouard gefiel ihr sehr. Er sah aus, als stünde er mit seinen breiten Füßen auf gutem Boden und wäre durchaus in der Lage, die Elfe Nelly festzuhalten, ehe sie einem Wahn oblag.
    Dem Wahn, Liebhaber zu haben.
    Sich Fett absaugen zu lassen.
    Das Geld zum Fenster hinauszuwerfen.
    Er sah aus, als sei er ein Familienmensch.
    Vera war zuversichtlich.
    »Ihr werdet noch nach Nizza gehen«, sagte Anni, »und Jef wird im Négresco spielen.«
    »Woher kennst du das Négresco?«
    Anni verriet nicht, dass ihr Gustav einst eine Karte vom teuersten Hotel in Nizza geschickt hatte, die sie hütete wie einen Augapfel. Damals musste sich Nelly verguckt haben in die Stadt und ihre Männer. Gab ja genügend Glutäugige.
    Italien war nicht weit.
    Anni seufzte. Ihr hätte immer Gustav Lichte genügt.
    »Sorge dich nicht dauernd«, sagte Vera, »uns trennt keiner.«
    »Sorge ist der Preis, den wir für die Liebe bezahlen«, sagte Anni, »das hat Königin Elisabeth gesagt.«
    Sie hatte falsch zitiert.
    Grief is the price we pay for love.
    Das waren die Worte der Queen gewesen.
    Ein goldener Tag, an dem Philip Perak sterben wollte.
    Er badete lange. Er zog sich sorgfältig an.
    Das erste Mal seit vielen Tagen.
    Die Sonne schien ihm in die Küche hinein und er versuchte, ein kleines Frühstück zu sich zu nehmen.
    Es sollte alles gut gerichtet sein am letzten Tag.
    Er setzte sich an den Flügel und spielte eine Sonate von Strawinsky. Sie gelang ihm.
    Er versuchte sich an Johannes Brahms. Auf dem Kirchhofe.
    Andante moderato. Vielleicht ließ sich der tödliche Lauf aufhalten. Leben, dachte Perak, leben.
    Am Mittag war seine hoffnungsvolle Stimmung vorbei.
    Er legte die Puzzleteile eines Bildes zusammen.
    The Beguiling of Merlin.
    Er zählte die Tabletten, als habe er sie noch nie gezählt.
    Die Sonne schien so schön.
    Er schlüpfte in den schwarzen Kaschmirmantel.
    Zeit gewinnen. Die Luft noch atmen.
    Vielleicht eine letzte Fahrt mit dem Daimler machen.
    Er kam nur einmal um den Block.
    Fand nicht mal in die Garage zurück. Stellte den Wagen vor dem Haus ab. Das hatte er noch nie getan.
    Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf, als er Vera singen hörte. A capella singen hörte.
    »Sometimes I wonder why I spend the lonely night dreaming of a song.« Perak stand und hielt den Atem an.
    »That melody hearts my revery and I'm once again with you.«
    Er ging hinein und zog den Mantel aus und goss sich ein Glas ein. Die ersten vier Tabletten spülte er mit Gin hinunter.
    Bombay Sapphire. Perak schüttelte sich.
    »Each kiss an
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