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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung
Autoren: MIRANDA JARRETT
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langen Flur bis zu dem Raum, in dem sie schlief. Aston hatte mehr als deutlich gemacht, dass er sie nicht mehr zu sehen wünschte. Und da sie kurz vor seinem Eintreffen bereits gemeinsam mit Signora della Battista zu Abend gegessen hatte, war sie für den Rest des Tages frei von gesellschaftlichen oder sonstigen Verpflichtungen. Sie konnte die nächsten Stunden darauf verwenden, alles für ihre Abreise vorzubereiten. Denn es war wohl ziemlich sicher, dass der Duke sie am nächsten Tag vor die Tür setzen würde.
    Sie betrat ihr bescheidenes Zimmer, das – wie in venezianischen Palästen üblich – zwischen zwei vornehmen, den Herrschaften vorbehaltenen Schlafräumen lag. Es war eindeutig für jemanden gedacht, der zum Personal gehörte. Das bewiesen die kleinen Fenster und das Fehlen eines Kamins. Stattdessen gab es einen Ofen, um den sich das Personal der Signora kümmerte. Doch die darin glühenden Holzscheite reichten nicht aus, um die feuchte Kälte des Winters zu vertreiben.
    Bisher war Jane dennoch zufrieden gewesen. Sie war von Natur aus genügsam. Als sie jetzt eintrat, schaute sie sich flüchtig um, ging dann zum Nachttisch, auf dem eine einzelne Kerze stand, und zündete diese an. Sie unterdrückte ein Seufzen, holte ihre beiden Reisekoffer herbei, legte sie geöffnet aufs Bett und begann zu packen. Da sie nicht viel besaß, ließ sich die Arbeit rasch erledigen. Bald waren Kommode und Kleiderschrank so gut wie leer. Neben der Waschschüssel lag noch die Bürste. Zögernd griff Jane danach. Sollte sie sich schon für die Nacht fertig machen? Ja, es würde wohl das Vernünftigste sein.
    Wenig später hatte sie sich gewaschen und gebürstet. Das Haar, das sie tagsüber zu einem strengen Knoten schlang, fiel ihr in weichen Locken über die Schultern, wodurch ihr Gesicht weicher und weiblicher wirkte.
    Jane schaute zum Bett hin. Sie war viel zu aufgeregt, um schlafen zu können. Daher beschloss sie, die Zeit zu nutzen und sich ihrer Korrespondenz und ihrem Tagebuch zu widmen. Sie wollte Erinnerungen auffrischen und vor allem lesen, was Lady Mary und Lady Diana ihr geschrieben hatten, seit sie glücklich verheiratet waren.
    Es war kühl im Raum, und im Nachbarzimmer, das gar nicht geheizt wurde, würde es noch kälter sein. Dennoch wollte Jane mit den Briefen dorthin gehen. Sie liebte die hohen Fenster, die auf den Canal Grande hinausführten, ebenso wie die luxuriöse Einrichtung des Raums, der eigentlich für Lady Mary bestimmt gewesen war. Als Signora della Battista gehört hatte, dass die junge Dame nicht nach Venedig kommen würde, hatte sie Jane gestattet, das Zimmer zu benutzen. Schließlich hatte der Duke die Miete für das gesamte Haus gezahlt.
    Da sie in ihrem schon ein wenig abgetragenen Nachthemd fröstelte, hüllte Jane sich in ein warmes Schultertuch und öffnete die Verbindungstür. Wie jedes Mal ließ sie den Blick zunächst über die Wände mit den alten Gemälden gleiten. Viel sehen konnte sie im Licht ihrer einen Kerze natürlich nicht. Doch längst kannte sie die Einzelheiten auswendig. Da war zum Beispiel das Bild von der heidnischen Göttin, die umgeben von Fabelwesen einen fröhlichen Tanz aufführte. Die Gestalten schienen sich im flackernden Kerzenschein zu bewegen.
    Lächelnd wandte Jane den Kopf ab. An einem großen, wunderbar bequem wirkenden Bett vorbei trat sie zu einem zierlichen Schreibtisch und nahm in dem davor stehenden Lehnstuhl mit den vergoldeten Beinen Platz. Dann schlug sie das Tagebuch auf, in dem sie während der vergangenen Monate alle wichtigen Ereignisse festgehalten hatte.
    Die Reise nach Frankreich und Italien war ursprünglich geplant worden, um die Erziehung der Töchter des Dukes zu vervollständigen und auch, um einen kleinen Skandal vergessen zu machen, in den Lady Diana verwickelt gewesen war. Ein halbes Jahr – hatte Aston gemeint – müsse reichen, damit Gras über die Sache wuchs. Wenn seine Töchter schließlich nach England zurückkamen, würde niemand mehr daran denken, dass Dianas guter Ruf in Gefahr gewesen war. Einer vorteilhaften Ehe stünde dann nichts mehr im Wege.
    Für Jane war es aufregend gewesen, alles vorzubereiten und sich schließlich auf die große Reise zu begeben. Sie hatte es als Herausforderung empfunden, die Bildung der jungen Damen zu vervollkommnen und gleichzeitig selbst so viel Neues kennenzulernen. Um nur ja nichts zu vergessen, hatte sie beschlossen, ihre Eindrücke und Erlebnisse niederzuschreiben. Anfangs hatte sie nur
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