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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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Sie sprach mit ruhiger, klarer Stimme. »Du kommst doch mit?«, flüsterte sie einen Moment später, als ob sie Angst gehabt hätte, dass ich ihr diesen Wunsch, der auch mein sehnlichster war, abschlagen könnte.
    Das Geräusch eines herannahenden Pferdes ließ uns aufblicken. Im Schein der hundert Sterne erkannte ich den Reiter sofort. Salvador! Im gleichen Moment war es mir, als ob es nicht hundert, sondern tausend Sterne wären. Ich irrte mich nicht. Es sind tausend Sterne, die einem leuchten, nur kann man sie hinter den Wolken, die das Leben bringt, nicht immer sehen.
    Salvador. Ich strahlte ihn an, doch sogleich erstarb mein Lächeln. Was erwartete ich von diesem Mann? Warum sollte er, ein Sänger, uns zu Hilfe kommen? Wenn er dieselben Gefühle für mich hegte, wäre er dann grußlos abgeritten? Ich war eine Närrin.
    Ich zog Lisette auf die Füße und schämte mich. Sie war die einzig Wichtige für mich. Sie würde Almadar bitten, mich mitzunehmen. Sicherlich wäre er damit einverstanden, vor allem, wenn Lisette ihm dafür in Aussicht stellte, nicht jeden Tag mit verweintem Gesicht zu erscheinen. Salvador verbeugte sich wortlos und verschwand in der Dunkelheit.
    Am nächsten Tag kehrte der Graf mit seiner Schar heim. Die Männer waren ausgelassener Laune, die Jagd war erfolgreich gewesen. Das tägliche Gelage begann von Neuem. Wieder bediente ich im Saal. Lisette saß bei Almadar und trug eines ihrer neuen Kleider. Ich beobachtete, wie sie anfing, sich zaghaft mit ihm zu unterhalten. Als sie eines Abends auf mich zeigte, trat ich neugierig näher.
    »Wenn Ihr unseren Vater davon überzeugen könntet, dass es überaus wichtig wäre, dass meine Schwester mit mir käme …« Lisette schenkte Almadar ein schüchternes Lächeln, das diesen alten, widerwärtigen Mann bis ins Herz berühren musste. Wirklich: Er wandte sich sogleich an den Grafen und richtete die Bitte aus. Der schüttelte den Kopf und bedachte mich mit einem wütenden Blick. »Die bleibt hier.« Er leerte seinen Becher und hielt ihn mir hin. »Jemand muss sich um den Haushalt kümmern.«
    In einem hatte ich Almadar unterschätzt: in seiner Hartnäckigkeit. Als er sah, wie Lisette bei der Antwort in Tränen ausbrach, runzelte er die Stirn und versuchte, seinen Freund umzustimmen. Der Graf könne sein makabres Spiel mit mir weiterspielen, war eines seiner zahlreichen Argumente. Wenn ich ihn nicht schon gehasst hätte, wäre es an der Zeit gewesen. Lisette litt unter Angstzuständen und entwickelte zudem Ekel gegen Almadar. Ich beobachtete sie, wie sie die Stellen ihres Körpers rot schrubbte, die Almadar berührt hatte. Doch schließlich willigte der Graf ein. Ich durfte meine Schwester immerhin auf der Reise nach Spanien begleiten.
    Und noch einen Trost verspürte ich. Ich schimpfte mich zwar eine dumme Gans und doch genoss ich Salvadors Blicke und Lächeln. Wir hatten seit seiner Ankunft kein Wort gewechselt und doch hatte ich das Gefühl, wir würden ständig in Verbindung stehen.
     
    Eines Abends war ich erschöpft auf mein Lager gesunken und Lisette schlief, als ich merkte, dass die Tür unserer Kemenate geöffnet wurde. Ich erkannte Salvadors Silhouette sofort. Er bewegte sich flink und legte mir eine Hand auf den Mund. Ich war still, mir war bewusst, in welche Gefahr er sich brachte. Mein Herz hämmerte. Er beugte sich zu mir herab und ich schürzte, in Erwartung eines Kusses, die Lippen. Leider raunte er mir nur zu, dass wir leise sein müssten. Ich nickte und versuchte, im Licht der aufgehenden Sonne sein geliebtes Gesicht zu erkennen.
    »Ich habe in Erfahrung gebracht, dass die Männer nach Lichtmess aufbrechen wollen. Wir müssen planen.« Er sprach sehr schnell und sah dabei ständig zur Tür.
    »Planen?« Ich setzte mich hin, glaubte zu träumen.
    »Ich werde nicht zulassen, dass Lisette mit diesem Saufbold verheiratet wird«, zischte Salvador.
    »Ja, aber …«
    »Pst, hör zu.« Er unterbrach mich mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Ich habe schon alles in die Wege geleitet. Und …«, er sah mich fragend an, »und ich hoffe, ich habe mich nicht in deinen Blicken geirrt.«
    Ich errötete und hoffte, die Dunkelheit würde das gnädig verdecken.
    »Es hat nichts damit zu tun, ob ich euch helfe, aber es wäre die Erfüllung all meiner Wünsche.«
    Ich hielt den Kopf gesenkt und zwickte mich unter der Decke. Ich war wach und träumte nicht. Salvador saß an meinem Bett und versprach mir, uns zu helfen. »Aber es ist unmöglich. Wohin
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