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Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Titel: Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel
Autoren: Elisabeth Zöller
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Feuerspruch. Mucksmäuschenstill wurde es, und alle hörten auf seine Worte. Ich ganz besonders, stand ich ihm doch beinahe gegenüber. Das Feuer der Fackeln malte wilde Schatten auf sein Gesicht und spiegelte sich in seinen funkelnden Augen. Ein Fanfarenruf folgte, und Franziska durfte für den BDM den zweiten Feuerspruch vortragen. Endlich erhielten wir den Befehl, den Holzstoß zu entzünden. Schon bald loderte ein gewaltiges Feuer gegen den Nachthimmel und beleuchtete unsere aufgeregten Gesichter. Der Höhepunkt aber war das mit Stroh umwundene Wagenrad, das flammend den Weg hinunterrollte, sich unten angekommen noch einmal drehte und ein glühendes Sonnensymbol erkennen ließ.
    Die Botschaft des Reichsjugendführers wurde verlesen:
Deutsche Jugend! In allen Teilen Deutschlands steht ihr heute an den Feuern der Sonnenwende zusammen. An allen euren Feuern hört ihr die gleiche Botschaft …
Das sich anschließende:
Adolf Hitler – Sieg Heil!
wurde mit Begeisterung aufgenommen und durch die Nacht getragen. Doch für mich war das Allerschönste, dass ausgerechnet Werner meine Hand ergriff und mit mir über den noch glimmenden Holzstoß sprang.
     
    Wir sehen das alles auf Gertruds Bildern wieder. Auch wenn sie nur schwarzweiß sind – in der Erinnerung färbt sich das Feuer glutrot und erhellt die Dunkelheit der Nacht. In der Erinnerung klingen die Lieder in unserem Kopf, so sehr, dass Maria die Gitarre ergreift und wir noch einmal
Flamme empor!
schmettern und uns dabei an den Händen halten.
    »So was nimmste doch mit in die Ewigkeit«, flüstert Hedwig ehrfürchtig.
    »Ja, so etwas vergisst man nie. Das brennt sich in die Seele ein«, raune ich zurück.
    Es gibt sogar ein Bild von Werner und mir beim Sprung. Ob Gertrud es mir wohl überlässt? Ich werde sie fragen, aber nicht, wenn die anderen dabei sind …
    Zum Abschluss singen wir noch einige Lieder, leisten den Gruppenschwur. Danach fahren wir heim. Emmy schwingt sich bei Franziska auf den Gepäckträger, und ab der Brücke schieben wir unsere Räder gemeinsam zurück in die Stadt.
    »Ich freu mich jetzt schon auf Samstag«, sagt Hedwig zum Abschied. »Weißt du schon, was wir machen werden?«
    »Pünktlichkeitstraining«, sage ich und lache.
    »Ha, ha«, mault Hedwig. »Ich habe doch gesagt, kommt nicht wieder vor.«
    »Das hoffe ich auch. Lasst euch am Samstag einfach überraschen. Auf jeden Fall treffen wir uns im Zwinger.«
    Als wir uns mit Händedruck verabschieden, meint Gertrud noch: »Gut, dass wir uns haben.«
     
    Zu Hause angekommen, laufe ich über die Promenade und die Wiese hinab zu unserem Baum. Ich schaue mich vorsichtig um – es ist niemand zu sehen – und fasse in den Geheimbriefkasten. Tatsächlich, ein kleiner Brief von Mathilda, auf rosa Briefpapier. Mathilda hat immer so wunderschöne Sachen.
    Erst gehe ich ein Stück von unserem Baum weg, dann öffne ich den Brief mit klopfendem Herzen und lese:
     
    Bleibt es bei unserer Verabredung? Donnerstag bei Berning? Ich bin ab
15
 Uhr da. Wäre wunderbar! Verlässt du mich nicht, verlass ich dich auch nicht. Dein Lenchen
     
    Schnell stecke ich das Briefchen ein und durchsuche meine Taschen nach einem kleinen leeren Zettel. Schließlich reiße ich einen aus meinem Heft mit den Gruppenvorbereitungen und schreibe:
Ich komme, ja! Und ich freue mich schon. Dein Fundevogel.
Unwahrscheinlich, dass sie den Brief vor morgen Nachmittag noch holt, aber das ist egal. Es ist einfach spannend, etwas in den Briefkasten zurückzulegen. Wir setzen beide nicht unsere richtigen Namen unter die Briefe. Das war Mathildas Idee. So ist es noch geheimnisvoller, finden wir beide.
    3. Die harte Hand
     
    Reibeplätzchen und Apfelmus! Es duftet schon im Hausflur danach. Ich schließe die Tür und stelle meinen Tornister auf die Treppenstufe. Bevor ich mich mit Mathilda treffe, will ich unbedingt meine Hausaufgaben erledigen. Meine Mutter steht am Herd und wendet die Reibeplätzchen in der Pfanne. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Hans sitzt auf der Eckbank und schiebt sich einen Bissen nach dem anderen zwischen seine fettglänzenden Lippen. Ich umarme meine Mutter und drücke ihr einen Kuss in den Nacken.
    »Da bist du ja. Hans konnte nicht warten.« Sie legt den Pfannenwender aus der Hand und drückt mir einen Teller mit Reibeplätzchen in die Hand. »Setz dich, du musst hungrig sein.« Mama sieht glücklich aus, wenn wir an ihrem Tisch sitzen und sie sich um uns kümmern kann.
    Mir kommt der Gedanke,
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