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Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Titel: Vater, Mutter, Tod (German Edition)
Autoren: Siegfried Langer
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angehalten.
    Noch einmal presste sie ihren Daumen auf die Taste. Nichts passierte. Sie blickte zur Leuchtanzeige über der Fahrstuhltür: Rote Dioden formten dort deutlich erkennbar eine ›7‹. Nun war sie sich sicher, dass die Ursache technischer Natur war.
    Im Büro würde sie als Erstes zu Simon gehen, um ihm den Missstand mitzuteilen. Simon sollte sich mit dem Facility Management in Verbindung setzen und den Defekt melden.
    Sie beschloss, das eine Stockwerk zu Fuß zu gehen.
    Vorhin, als sie das erste Mal die Kabine verlassen hatte, hatte sie es nicht bemerkt, aber jetzt fiel ihr Blick auf ein Schild mit Orientierungshilfen.
    Unter den Worten ›Zahnarztpraxis Dr. Albert Kolm‹ zeigte ein Pfeil nach links und unter dem Hinweis ›Steuerberatungsbüro Berlin-Mitte GmbH‹ einer nach rechts. Doch das war es nicht, was sie erschrecken ließ. Mit einem Mal fröstelte sie.
    Am oberen Ende des Schildes stand eine große römische VII zu lesen.
    Die Etage war korrekt, die Technik in Ordnung.
    Plötzlich fiel es ihr ein. Sie hatte sich geirrt: Ihr Büro lag im achten Stock!
    Sie konnte sich nicht erklären, warum sie bereits in der siebten Etage hatte aussteigen wollen.
    Vielleicht war sie vorhin durcheinandergekommen, als sie in der Tiefgarage auf die Zahlenleiste gestarrt hatte. So wie damals beim Eintippen der Geheimzahl ihrer EC -Karte.
    Oder Überarbeitung? Zu viel Stress in den letzten Tagen?
    Das Hotelprojekt am Flughafen Schönefeld hatte Dutzende Überstunden notwendig werden lassen. Dass die Entscheidung der französischen Investorengruppe nun jeden Moment eintreffen konnte, spannte ihre Nerven spürbar an. Möglicherweise war dies auch die Ursache der plötzlichen Kopfschmerzen heute Morgen in der Küche. Ja, es war bestimmt etwas Psychosomatisches gewesen.
    Zurück in die Aufzugkabine und die ›8‹ gedrückt.
    Die Tür glitt zu und kurz darauf wieder auf.
    Das Hinweisschild hier verwies zur Linken auf das ›Architekturbüro Friedrich Vogt & Simon Hall‹.
    Sie öffnete die Glastür und trat ein, aufrechten Ganges.
    Ausgelassenes Gelächter empfing sie.
    Für einen kurzen Augenblick verharrte sie.
    Machte sich da jemand über sie lustig?
    Hatte einer ihrer Kollegen ihre Odyssee beobachtet?
    Sie erkannte, dass die Fröhlichkeit am anderen Ende des langen Flurs ihren Ursprung hatte. Dort lag Simons Zeichenbüro.
    Nun hörte sie auch Gläserklirren. Ihre Kollegen schienen etwas zu feiern.
    Ihr eigenes Büro lag auf halber Strecke zu den Arbeitsbereichen der beiden Chefs. Sie legte Handtasche und Aktenmappe auf ihren Schreibtisch. Noch ein kurzer Blick in den Spiegel, dann schritt sie nach hinten.
    Simon grinste sie breit an, als er sie in der Tür entdeckte. Seine Augen glitzerten; auf seiner Stirn standen Schweißperlen; sein Krawattenknopf war gelöst und saß drei Fingerbreit zu tief.
    Es schien nicht sein erstes Glas Champagner zu sein, das er da in der Hand hielt.
    Vor ihm standen drei Flaschen Veuve Clicquot, zwei davon leer.
    Eben noch salopp und zurückgelehnt in seinem Bürostuhl sitzend, erhob er sich nun – leicht schwankend – und prostete ihr zu.
    »Da kommt sie ja endlich, unsere Star-Architektin.«
    Jacqueline verstand nicht und sah sich rasch um, um herauszufinden, was hier los war.
    Alle waren sie hier und blickten ihr entgegen: Sowohl die anderen sieben Architekten als auch die beiden Damen, die für das Sekretariat und die Buchhaltung zuständig waren; zu ihnen hatte sich noch die derzeitige Auszubildende gesellt.
    »Annekatrin«, sagte Simon nun zu Letzterer. »Bitte schenken Sie Frau Adam auch ein Gläschen ein.«
    Selbst Herr Vogt, der Seniorchef, stand, an einen hüfthohen Büroschrank gelehnt, im Zimmer und feierte mit. An seinem Glas hatte er zumindest genippt, wie Jacqueline erkennen konnte.
    Sie begrüßte ihn mit einem kurzen Kopfnicken, was er wohlwollend quittierte.
    Auch glaubte sie, ein Lächeln unter seinem buschigen, grauen Schnurrbart zu erkennen. Sie wusste nicht, ob sie dort jemals zuvor eines gesehen hatte.
    »Guten Morgen erst einmal.«
    Während die anderen ihren Gruß erwiderten, drückte Annekatrin ihr bereits einen Sektkelch in die Hand. Er fühlte sich angenehm kühl an.
    Obwohl sie inzwischen ahnte, was geschehen sein konnte, gab sie sich unbedarft: »Was ist denn hier los? Und was soll der Unsinn mit der ›Star-Architektin‹?«
    »Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr«, zitierte Simon.
    Der Champagner öffnete seinem mühsam
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