Vanilla High (German Edition)
wieder einschlafen, fest und tief, traumlos und an ihrer Seite morgen früh aufwachen; der zweite Tag eines neuen Lebens mit Elisabeth an meiner Seite. Wir sind füreinander bestimmt, zumindest auf dieser Insel. Ich habe zum ersten Mal mit ihr geschlafen. Meine Ängste, dieses Ereignis könne irgendwie blass sein oder unbedeutend, sind verflogen. Es war schön und zärtlich mit ihr und natürlich auch aufregend. Nichts in mir verurteilt sie. Wir sind füreinander bestimmt. Vor Gott sind wir ein Paar. Es sind Gedanken dieser Art, die mich in eine Tiefe ziehen, die mir vertraut vorkommt. Tiefer Schlaf!
Ich kann alles nicht glauben. Sollte sich mein Leben wirklich zum glücklicheren wenden? Ich hatte in meinem Leben nie wirklich Glück. Das Glück besuchte mich immer nur für kurze Zeit, aber ich habe mich auf dieses Leben eingerichtet. Abends bei Wein und Ganja nähere ich mich dem Glück; ein Stück Gelassenheit, keine stumpfe Gelassenheit, findet sich. Manchmal erscheint es mir wie Glück, wenn Momente aus der Gelassenheit hinaus durchaus glückhaft erscheinen. Alles nur ein schöner Rausch, dessen Folgen ich nicht festhalten kann, den ich aber immer wieder aufsuche. Tagsüber habe ich für den Abend gelebt, die Realität des Tages ist eine andere. Ich habe das Leben um mich herum beobachtet, Liebespaare immer mit Frust, fand immer ein Leben vor, an dem ich nicht ganz beteiligt war, denn etwas Zentrales fehlte in meinem Leben. Und die Kinder. Fast nichts habe ich lieber gesehen als unbeschwerte Kinder, die sich vielleicht in ihre Phantasien verstrickt haben und versuchen ihre Phantasien wirklich zu machen, indem sie sie spielen, so wie ich es gemacht habe. Auch mit Elisabeth werde ich keine eigenen Kinder haben können. Bin ich egoistisch, weil ich glücklich bin, Elisabeth in meiner Nähe. Sie wird ihr Schicksal anders erleben. Sicher, sie mag mich, liebt mich vielleicht, aber sie musste ihr Leben, ihr vermutlich erfülltes Leben hinter sich lassen. Sie hat ihren Ehemann eingetauscht gegen mich. Sie hat auf dieser Insel keinen Ersatz für die Kinder bekommen. Nichts kann dies ersetzen. Ihre Kinder existieren nur noch in ihrer Erinnerung, denn Amerika ist ein fernes, unwirkliches Land auf der anderen Seite der Erdkugel. Ein Kontakt mit ihren Kindern war nicht mehr möglich; irgendwer verhindert dies. Elisabeth kann nicht glücklich sein. Ich bin nur ein Strohhalm für ein zukünftiges Glück, dass sie mit mir teilen kann. Sie wollte jedenfalls nicht sterben, hat diese Insel aufgesucht, sucht meine Nähe, schläft mit mir. Ich bin glücklich, weil ich das große Ganze nicht sehe, weil ich ihr Schicksal fast immer ausblende. Vielleicht werden sich irgendwann ihre Emotionen gegen mich wenden, weil ich mit ein Grund bin, dass sie ihre Kinder verlassen musste. Kann mein Glück von Dauer sein? Elisabeth weilt nun schon ein paar Wochen auf dieser Insel. Sie hat viel geweint, sie hat viel Liebe gemacht mit mir; im Grunde genommen ist sie ja die stärkere Persönlichkeit von uns beiden. Sie hat ein schlechtes Vorbild in mir gefunden und hat mich bei meinem Rotwein – und Ganja-Ritual begleitet. Sie braucht das auch, hat sie mir gesagt. Meine Familie weiß Bescheid. Wir haben öfters meinen Bruder und meine Schwägerin besucht. Ich versuchte, Elisabeth vom Park zu begeistern. Er soll eine neue Heimat für sie sein. Paul, dem sie verdanken kann, dass sie nicht abgeschoben wurde, hat sie kennengelernt, und wir haben Diskussionen über alles Mögliche geführt. Natürlich will sich Elisabeth politisch engagieren. Ich denke aber, dass es keine Untergrundbewegung sein wird, der sie sich anschließt oder die sie gründen wird. Ist das alles ein Happy End für mich? Ich kann es fast nicht glauben. Sie wird ihre Beziehung zu einem Tabok nutzen, die Welt zu verändern, zu verbessern. Und sie will mit mir zusammenleben. Meine jetzige Wohnung ist für dieses Experiment zu klein. Ich will auch mit ihr zusammenleben. Ich will sie lieben und mit ihr alt werden. Wir haben uns eine größere Wohnung in Saint Pierre angesehen. Sie hat sogar Meeresblick. Ein Balkon geht in Richtung Süden; man blickt dort aufs Meer; irgendwo in der Ferne die Antarktis. Die Wohnung hat knapp hundert Quadratmeter; groß genug für uns beide. Ich habe dann ein gutes Stück zu meiner Redaktion zu fahren, aber das ist mir egal. Dafür liegt der Park meines Bruders nur knapp achthundert Meter von dieser Wohnung entfernt. Für Elisabeth war es völlig klar,
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