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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose
Autoren: Eva Hierteis
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keine da!«, fauchte Mama. Dann wurde es wieder still.
    Olaf hing über dem Teller, die spitzen Ellbogen weit ausgefahren, und kaute komisch laut. Papa schmollte, weil er sich von Mama ungerecht behandelt fühlte (oder weil ihm kein Reim auf
Rosinenrührei
einfiel). Und Mama schmollte, weil Papa darauf beharrte, alles eingekauft zu haben. Alles, was jetzt nicht da war. Laili schwieg, weil sie sich darauf konzentrieren musste, den ekligen Pampf nicht umgehend wieder auszuspucken. Kauen, schlucken, aufgabeln, in den Mund schieben, kauen, schlucken, sagte sie sich im Stillen vor. Außerdem war sie sauer, weil ihre Eltern sich wegen Vanilla stritten, die nicht zugab, dass sie alles weggefuttert hatte. Dabei stritten die beiden in letzter Zeit ohnehin schon genug. Und Vanilla schwieg, weil sie futterte, als wäre sie am Verhungern. Nur Mathilda ließ sich die Laune nicht verderben. Glucksend schoss sie die Hälfte ihrer Portion mit ihrem Plastiklöffel durch die Küche. Wie gerne hätte Laili das Zeug auch auf diese Weise entsorgt!
    Vanilla dagegen sah Mathilda kopfschüttelnd an. Dann verschränkte sie die Arme und murmelte kaum hörbar irgendwelche Zischlaute vor sich hin. Ein zarter, vanillesüßer Duft erfüllte die Luft und im nächsten Moment lösten sich Mathildas Rosinenrührei-Geschosse von der Wand und schwebten lautlos auf Vanillas Teller. Ein längliches Stück würmelte sich wie eine Raupe über den Tisch und erklomm ebenfalls Vanillas Tellerrand.
    Laili betrachtete das Schauspiel sprachlos, während sich alle anderen mit gesenkten Köpfen auf ihre Frühstück konzentrierten. Alle? Nicht ganz – mit pfannkuchenrunden Augen starrte Mathilda das Flaschengeistmädchen an. Sie verstand die Welt nicht mehr. Das war ihr anzusehen. Empört verzog sie das Gesicht. Laili ahnte, was sie dachte: Wie kam diese Vanilla dazu, ihr schönes Verdreckungswerk einfach zu zerstören?
    Die Kleine wollte gerade losheulen, da kam Vanilla ihr dazwischen. »Lecker«, nuschelte sie mit vollem Mund. »Schmeckerlecker. Deine Rühreier sind einfach himmlisch, Ulaya! Ein Gedicht!«
    Laili hustete ihr Rührei quer über den Tisch.
    Olaf hörte einen Moment lang auf zu kauen. Papa starrte Vanilla an. Und Mama strahlte. Das hatte ihr noch keiner gesagt!
    »Darf ich?« Vanilla deutete mit ihrem beringten Zeigefinger auf die Pfanne und schaufelte sich den Rest auf ihren Teller. »Du hast da übrigens ein wunderschönes Fußkettchen an, Ulaya«, erklärte sie schmatzend.
    Ulrike schluckte die Rosinen-Eier-Pampe hinunter. »Deine Zehenringe sind aber auch ganz toll.«
    Die beiden lächelten sich an, während Laili das Gesicht verzog, als hätte sie Nachtweh. Da hatten sich zwei gefunden! Das war ja nicht auszuhalten. Wütend schob sie ihren Teller weg, sprang so abrupt auf, dass ihr Stuhl laut scheppernd umkippte, und rauschte ab.
    In der Wohnung unter ihnen machte Frau Speckfett vor Schreck ein Kaffeepfützchen auf den Küchentisch und Hermännchen machte aus demselben Grund ein Pfützchen auf die Auslegware.

L aili schäumte. Vor Wut und vor Zahnpasta. Sie schrubbte auf ihren Zähnen herum, als wolle sie sie in Grund und Boden scheuern. Hätte sie nicht so viel Spucke und Schaum im Mund gehabt, sie hätte wohl Funken gesprüht. Wie das fünfte Rad am Wagen war sie sich in der Küche vorgekommen, weil sich Mama und Vanilla gar so prächtig verstanden.
Also, deine Rühreier sind einfach himmlisch, Ulaya. Ein Gedicht! Schleimischleimischleim.
Einfach widerlich. Beides. Mamas Kochkünste und Vanillas Gesülze . . .
    Hatte sie einen Fehler begangen, als sie diese Vanilla aus der Coladose befreit hatte? Am liebsten hätte Laili das Flaschengeistmächen eigenhändig wieder klein gefaltet, in ihre Dose gesteckt und die Öffnung zugeklebt. Mit extrastarkem Klebeband!
    In diesem Moment klopfte es an der Badezimmertür und Vanilla kam hereingedackelt. »Ist was?«, fragte sie.
    »M-m.« Laili schüttelte den Kopf. Weißer Schaum quoll aus ihrem Mund. Was fragte Vanilla denn so blöd, natürlich war was. Hustend beugte sie sich übers Waschbecken und spuckte einen Schaumberg aus. »Kann man hier nicht mal in Ruhe Zähne putzen und duschen?«, fuhr sie das Flaschengeistmädchen an. »Oder willst du mir zuschauen?«
    »Du-duschen?«, wiederholte Vanilla. Ihre Stimme klang auf einmal zittrig. »Bin schon weg!« Sie drehte sich zur Tür.
    »Ja, wie wär’s, wenn du dich einfach mal ein, zwei Stunden in deine Coladose verdrückst«, schlug Laili ihr
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