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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose
Autoren: Eva Hierteis
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kratzbürstig vor.
    Vanilla schüttelte den Kopf.
    »Ich kann mich noch nicht klein zaubern. Hab zu viel . . .«
    ». . . gegessen«, fiel Laili ihr ins Wort. »Also ich glaube ja langsam, dass du überhaupt nicht gescheit zaubern
kannst
. Außer vielleicht ein paar popelige Rosinen rumschweben lassen.«

    Vanilla starrte sie an. Ihre Mandelaugen verengten sich zu Schlitzen. Sie stemmte die Hände in die Hüften und schien ein paar Zentimeter zu wachsen, bis sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. »Schnackschnick! Natürlich kann ich richtig zaubern. Und wie! Fliegender Teppich und das volle Programm.« Wie zum Beweis hob sie vor Zorn ein paar Zentimeter vom Badvorleger ab.
    »Ja, klar. Und morgen kommt der Weihnachtsmann und mit dem Osterhasen bist du auch per Du.« Laili räumte unbeeindruckt die Kleidungsstücke vom Badewannenrand weg. Die sollte sich nicht so aufplustern.
    »Pah!«, fauchte Vanilla. »Also, das muss ich mir echt nicht bieten lassen von . . . von . . .«, sie suchte nach der schlimmsten Beleidigung, die ihr einfiel, ». . . von einem . . .
Menschenmädchen!«
Sie spuckte das Wort regelrecht aus. Anscheinend hatte Laili sie tief in ihrer Flaschengeistehre gekränkt. »Ich bin dann weg!« Damit wirbelte sie herum und verschwand türknallend aus dem Bad.
    »Schön wär’s«, murmelte Laili, sperrte die Tür hinter ihr ab und drehte das Wasser voll auf.
    Während sie sich in der Dusche immer mehr einnebelte, lichtete sich langsam, langsam der Nebel in ihrem Kopf. Was regte sie sich eigentlich so auf? Durfte Vanilla sich nicht gut mit ihrer Mutter verstehen? Hm . . . Was sie jetzt wohl machte? Ob sie an ihre eigenen Eltern dachte, die so schrecklich weit weg waren? Der Gedanke stimmte Laili traurig.
    Eigentlich war das Flaschengeistmädchen doch ganz nett, wenn es ihr nicht gerade heiß in den Nacken atmete, alles wegfutterte, ihre Mutter anschleimte, sich in ihrem Bett breitmachte und einen unerträglichen Zwiebelgestank verbreitete.
    Auf einmal tat es ihr leid, dass sie so schnippisch zu Vanilla gewesen war. Sie würde sich bei ihr entschuldigen. Jetzt gleich.
    Laili tastete nach ihrem Handtuch und rubbelte sich trocken. Dann zog sie sich an und lief zu ihrem Zimmer. Mit ihrem freundlichsten Lächeln auf dem Gesicht riss sie die Tür auf.
    »Vanilla?« Ihr Lächeln erlosch. Sie verstummte. Sah sich um. Keine Vanilla. Oh nein! Sie hatte sich doch nicht etwa . . . davongemacht?

V anilla lag unter dem Bett. Sie wagte kaum zu atmen. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Da war es ja in der Ketschupflasche noch besser gewesen als hier! Die linke Hand hatte sie vor Mund und Nase gepresst. Aber nicht wegen der dicken, flauschigen Staubschicht hier unten, die sie wie verrückt in der Nase kitzelte. Auch nicht, weil um sie herum mehrere einzelne Socken lagen, denen deutlich anzuriechen war, dass sie schon getragen waren. Nein, sie hatte die Hand vors Gesicht gepresst, weil sie einen Schrei unterdrücken musste. Denn sie lag in einem verbotenen Zimmer unter einem verbotenen Bett. Olafs Bett!
    Vanillas Augen wurden tellerrund, als ihr eine Spinne über die rechte Hand lief. Mit ihrem schwarzen Körper und den langen, dürren Beinen sah das Vieh Olaf ein wenig ähnlich.
    Wie Vanilla unter das Bett kam? Das war eine lange Geschichte.
    Und die ging so: Nach ihrem Streit im Badezimmer hatte Vanilla nur noch in ihr . . . äh . . . Lailis Zimmer gewollt. Aber dann kam alles anders. Denn sie kam an Olafs Tür vorbei. Und an dem Totenkopfverbotsschild. Sie wollte bestimmt nicht rumschnüffeln. Nur mal einen Blick hineinwerfen. Ganz kurz. Man hatte ja schließlich ein Recht darauf zu erfahren, wer da im Nebenzimmer kreuchte und fleuchte, oder? Und ob Gefahr im Verzug war. Sie sah nach links und rechts – die Luft war rein –, drückte die Klinke hinunter und trat ein. Olafs Totenkopfbude machte ihrem Namen alle Ehre. Über dem Bett mit schwarzer Totenkopfbettwäsche hingen mehrere Poster von Bands. Die Typen darauf sahen einer gefährlicher aus als der andere. Sie trugen schwarzes Leder und hatten jede Menge Blech im Gesicht. Aus Nase, Augenbrauen, der Zunge oder dem Kinn standen ihnen spitze silberne Stacheln heraus. Auf den Armen hatten sie Tattoos von Schlangen, Spinnen und anderem Getier. Vanilla schauderte. Hier hätte sie nicht schlafen können. Ein Glück, dass
Laili
diejenige war, die Coladosen sammelte, und nicht Olaf.
    In einer Ecke des Zimmers stand ein Schlagzeug. Nur zu gerne hätte Vanilla es
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