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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene
Autoren: Joachim Masannek
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Vater grinste und schüttelte den Kopf. „Nein, auch nicht gefoltert. Höchstens ein bisschen verflucht!“
    „Ich danke dir!“, lächelte ich ihn an. „Und dir dank ich auch!“, rief ich, riss die Fußballschuhe aus dem Karton und fiel meiner Oma damit um den Hals. „Weißt du was, Omili? Manchmal bist du die beste Oma der Welt! Verflixt und zugenäht. Rote Fußballschuhe hab ich mir schon immer gewünscht!“
    Ich drückte meine Oma so fest ich konnte und küsste sie ab. Die schaute völlig verdattert zu meinem Vater.
    „Und?“, grinste der. „Wie fühlt sich das an, wenn man von einem Troll geküsst wird?“
    Meine Großmutter rümpfte die Nase und ich lachte: „Wen meinst du denn, Papa? Wer von uns beiden ist denn der Troll?“
    „Jetzt hör aber auf! Ich warne dich!“, rief meine Großmutter und drückte mich so, dass ich fast keine Luft mehr bekam.

Eine Begegnung der anderen Art
    Nach dem Regen und Nebel der letzten Nacht schenkte mir München zu meinem Geburtstag einen wunderschönen Spätsommertag. Mir ging es prächtig und ich konnte es kaum noch erwarten, dass das Training mit den Wilden Kerlen begann. Endlich war es Viertel vor vier und ich stieg zu meinem Vater ins Auto. Ich trug das nigelnagelneue Bayerntrikot und die knallroten Fußballschuhe, und ich war gigantisch nervös.
    Oma Schrecklich winkte uns hinterher, als führe ich direkt ins Verderben. Doch das war mir egal. Ich wusste es besser. Wir fuhren zu meinem ersten Training in einer Jungenmannschaft. Verflixt! Darauf hatte ich über zwei Jahre gewartet, und endlich wurde es wahr. Ich konnte es nicht mehr erwarten. Ja, ich konnte es so wenig und überhaupt nicht erwarten, dass ich, als wir den Bolzplatz erreichten, gar nicht mehr aus dem Auto aussteigen wollte. Ich starrte nur auf das Tor im Holzzaun, hinter dem sich die Wilden Fußballkerle verbargen.
    „Hey! Alles klar?“, fragte mein Vater um Viertel nach vier, doch ich kaute nur weiter an meinen Fingernägeln. Ich kaute bis fünf vor halb fünf. Da hielt mein Vater es nicht länger aus und griff zum ultimativen Druckmittel: „Ich meine, ich könnte dich auch begleiten. Aber nur, wenn es unbedingt notwendig ist. Ich meine, ich versteh ja, du bist bestimmt aufgeregt und du hast bestimmt auch ein bisschen ...“
    „Nein, das habe ich nicht! Ich hab keine Angst! Ist das klar?“, schnitt ich ihm wütend den Satz ab und bewegte mich nicht von der Stelle. „Ist das klar?“
    „Ja, natürlich, und ob es das ist“, antwortete mein Vater gehorsam, beugte sich an mir vorbei und schubste die Beifahrertür auf. „Trotzdem werde ich dich begleiten, wenn du nicht in zwanzig Sekunden da durch das Holztor marschierst.“
    „Ay, ay, Sir!“, nickte ich und schaute auf die Sekundenanzeige der Uhr auf dem Armaturenbrett. Nach 15 Sekunden schob ich das rechte Bein aus der Fahrerkabine hinaus. „Und sie wissen wirklich, dass ich heute komme?“
    „Ja. Ich hab persönlich mit ihrem Trainer telefoniert“, versicherte mir mein Vater. „Willi heißt er.“
    „Willi, und weiter?“, fragte ich nach, um Zeit zu gewinnen.
    „Willi, sonst nichts. Weder Zimperlich, noch Ungeheuer“, lächelte mein Vater, und dieses Lächeln liebte ich. Es war das Ich-bin-immer-bei-dir-egal-was-auch-kommen-mag-Lächeln. Und mit diesem Lächeln im Rücken stieg ich endlich aus dem Auto aus und ging mit klopfendem Herzen durch das Holztor hindurch und meinem Schicksal entgegen.
    Ich schritt durch das Holztor und für einen Augenblick sah ich elf Wilde Kerle auf dem Bolzplatz trainieren.

    Elf Jungs, ganz in Schwarz mit knallorangen Stutzen.
    Und dieser eine Augenblick reichte aus, um zu sehen, was für eine verflixt gute Mannschaft das war. Doch nach diesem einen Augenblick war es still. Absolut still, und als hätte jemand die Zeit angehalten, bewegte sich niemand mehr auf dem Platz. Selbst der Ball schwebte über unseren Köpfen hoch in der Luft.
    Ich kam mir vor wie im Zoo. Alle starrten mich an, als wär ich ein Känguru, das man mit einem Krokodil gekreuzt hat. Aber das war ich gewohnt. Mein ganzes Leben lang hatte man mich so angeschaut. Deshalb erholte ich mich als Erste von allen. Ich räusperte mich und fragte mutig nach Willi. Doch für die anderen stand die Zeit immer noch still. Sie schienen für immer erstarrt und verstummt.
    „Hallo, ich heiße Vanessa“, machte ich einen zweiten Versuch. „Mein Vater hat mit Willi telefoniert und der hat gesagt, dass ich bei euch mitspielen kann.“
    Wieder
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