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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene
Autoren: Joachim Masannek
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her und dann sah ich das Monster im Türrahmen stehen: Zwei Hörner auf einem riesigen Kopf. Die Augen giftgrün und an den fuchtelnden Tatzen korkenzieherartige Krallen.
    „Bleib ganz ruhig! Sowas gibt es doch gar nicht!“, dachte ich, doch das Monster brüllte nur noch lauter. Es brüllte und brüllte, und schließlich stapfte es in mein Zimmer herein.
    Dumpffff! ... Dumpffff! , donnerten die Monsterfüße auf die alten Holzdielen. Dumpffff! ... Dumpffff! ... DeDumpffff!, donnerte das Monster direkt auf mich zu. Dumpfff! DeDumpfff! ... Dumpfff, dedumpfff! Höchstens noch zehn Schritte, dann war es da und wie zum Hohn hob es jetzt auch noch die Tatze und schnippte mit seinen Krallen im Rhythmus dazu. Dumpf-dedumpf! Klack! Dumpfdedumpf! ... Dumpfdedumpf! Klack! Dumpfdedumpf! Ich sah jetzt seine mächtigen Zähne und die blieben, das sag ich euch, mächtig, auch wenn das Monster jetzt zu singen begann:

    „Heyheyhey!“, sang es passend zum gruseligen Rhythmus. „Heyheyhey!“ Dumpfdedumpf! Klack! Dumdpfdedumpf!
    „Heyheyhey und Happy Birthday!“ Dumpfdedumpf! Klack! „Happy Birthday! Happy Birthday! Happiiiieh! RAAAH!“
    Das Monster riss das Maul auf. Es war direkt über mir. Seine mächtigen Reißer würden sich gleich in mich bohren. Da sah ich das Gesicht meines Vaters. Es grinste mich an, direkt hinter den furchteinflößenden Zähnen. Dann holte das Untier seine linke Hand hinter dem Rücken hervor und hielt mir etwas vor die Nase, das aussah wie ein pechschwarzer Fußball, der lichterloh brannte: eine Schokoladen-Geburtstagstorte mit neun brennenden und funkelnden Kerzen darauf.
    „Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz!“, lächelte mein Vater, doch ich nahm die Torte nicht an. Ich dachte gar nicht daran.
    „Was soll das Theater?“, patzte ich nur. „Willst du mich auf den Arm nehmen?“
    Ich drehte mich um und verkroch mich unter der Decke. Mein Vater seufzte. Dann nahm er den Monsterkopf ab und setzte sich zu mir auf die Matratze.
    „Ich versteh dich nicht“, sagte er. „In diesem Augenblick beginnt das aufregendste Jahr deines Lebens und du tust alles, um es zu verpassen.“
    Ich verdrehte die Augen.
    „Meinst du den Kuchen und diesen Monsterkopf da? Was sollen die denn schon ändern?“
    Mein Vater musterte mich aus zusammengekniffenen Augen. Das heißt, er musterte meinen Rücken, den ich ihm immer noch zugekehrt hatte.
    „Nein, die mein ich nicht“, sagte er. „Ich meine dein neues Team, mit dem du schon ab heute Nachmittag zusammen trainierst.“
    „Und wie heißt dieses Team? Die Fuaßball-Dirndl? Nein, danke! Darauf kann ich verzichten!“ Ich ballte die Fäuste vor Wut. Was war das für ein Ersatz für die Jungenmannschaft aus Hamburg?
    Mein Vater lachte. „Fuaßball-Dirndl. Das klingt verflixt gut. Aber wenn ich dir einen Rat geben darf, dann solltest du die Jungen, an die ich denke, lieber mit ihrem richtigen Namen ansprechen. Du könntest sonst großen Ärger bekommen!“
    „Einen Moment!“, rief ich und wirbelte hoch: „Hab ich da richtig gehört? Hast du Jungen gesagt?“
    Mein Vater grinste und nickte. „Das hab ich und das ist nicht alles. Die Jungen, von denen ich spreche, haben sich selbst Die Wilden Kerle genannt. Sie sind eine richtige Straßenmannschaft, weißt du, und wenn ich dem glauben darf, was man sich über diese Wilden Kerle erzählt, dann ist ihr Name ein Kosewort.“
    „Und morgen Nachmittag haben sie Training?“
    „Nee. Heute. In ganz genau 15 Stunden und 58 Minuten! Und das ab jetzt jeden Tag. Außer Samstag und Sonntag.“
    „Oh, mein Gott!“ Ich war ganz aus dem Häuschen. Eine richtige Jungenmannschaft und das auch noch heute um vier! „Verflixt! Warum hast du das nicht früher gesagt?“
    Doch bevor mein Vater antworten konnte, fiel mir siedendheiß etwas ein: „Ich habe nichts anzuziehen!“.
    Mein Vater runzelte die Stirn: „Wie bitte? Wir sprechen hier nicht über einen Theater- oder Konzertbesuch. Vanessa ...“
    „Ja, ja, ich weiß. Aber ich habe nichts anzuziehen!“, wetterte ich. „Ich hab meine Fußballsachen alle in die Mülltonne gestopft.“
    Mein Vater schnappte nach Luft. „Nein. Das hast du nicht!“

    „Doch, das habe ich!“, konterte ich in dem Ton, der meinen Vater warnte, mit seiner weiteren Kritik ja vorsichtig zu sein. „Oder hab ich auch nur irgendeinen Koffer mit nach München gebracht?“
    „Vanessa!“, sagte mein Vater und konnte es einfach nicht glauben: „Deine Garderobe bestand zu 99 Prozent aus
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