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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene
Autoren: Joachim Masannek
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wartete ich. Dann machte es einen Ruck. Die Zeit sprang um eine Dreiviertelsekunde nach vorn und in dieser Dreiviertelsekunde rissen alle Wilden Kerle ihre Köpfe nach links. Ich folgte ihrem Blick und sah Willi. Er hockte im Schneidersitz auf dem Rasen und grinste mich verschmitzt an.
    „Hallo, Vanessa“, begrüßte er mich. „Du bist spät dran!“ In diesem Moment setzte die Zeit wieder ein. Der Ball in der Luft bekam seine Schwerkraft zurück, fiel pfeifend herab und traf einen der Wilden Kerle , den mit der Nummer 13 auf dem Rücken, direkt auf den Kopf. Bäng!

    „Halt! Einen Moment, Willi! Du kennst das, ähm, ich meine, die da ...?“, erwachte Nummer 13 erschrocken zum Leben.
    „Ja, das ist Vanessa. Das hab ich doch gerade gesagt!“, antwortet Willi unschuldig lächelnd, stand auf und kam auf mich zu.
    „Ja, das hab ich gehört!“, schnaufte der Junge. „Aber verstehen tu ich es nicht. Das da ist offensichtlich ein Mädchen.“
    „Wow! Bingo, Leon!“, lobte ihn Willi. „Wie bist du nur so schnell darauf gekommen?“
    „Das riecht man doch zehn Meilen gegen den Wind!“, wetterte Leon zurück. „Mensch, Fabi, jetzt sag doch mal was! Willi will’n Mädchen in die Mannschaft reinholen.“
    Doch Fabi, der mit der Nummer 4, sagte nichts. Für ihn stand die Zeit immer noch still. Er stand neben Leon und starrte mich an, als wär ich der Weihnachtsmann und der Osterhase in einer Person. Und das sag ich euch: Er sah nicht gerade intelligent dabei aus.
    „Oh Mann, Fabi!“, rief Leon. „Das ist, als heuere ’ne Frau auf ’nem Walfänger an. Verflixt! Das bringt Unglück und Streit!“
    „Findest du wirklich?“, fragte Fabi mit einem Lächeln, mit dem, wenn es nach mir ginge, niemand frei herumlaufen sollte.
    „Ja, das finde ich wirklich!“, fluchte Leon. „Verflixt und zugenäht! Ist hier denn niemand mehr bei Verstand?“
    „Was für’n Verstand?“, griente Fabi.
    Da sprang ein Junge mit roten Locken und einer Coca-Cola-Glas-Brille nach vorn. „Leon hat Recht! Das ist unmöglich. Sowas hat es noch niemals gegeben.“
    „Ja, niemals!“, rief der kleinste von ihnen. „Wenigstens niemals, seitdem ich ein Wilder Kerl bin! Und das bin ich schon, seitdem ich lebe!“
    „Ganz genau!“, riefen die anderen und schließlich fügte noch einer etwas hinzu: „Willi! Ich warne dich! Wenn die bei uns mitmacht, dann gehe ich!“
    Dieser Satz kam so klar und bestimmt, dass er mich wie ein Messerstich traf. Ich schaute dem Wilden Kerl , der das gesagt hatte, direkt ins Gesicht. Er war der älteste und der größte von ihnen, und so schwer ihm dieser Satz auch über die Lippen gekommen war: Er meinte ihn absolut ernst.
    „Ja, mein Bruder Marlon hat Recht!“, rief Leon. „Wenn die bei uns mitmacht, dann gehen wir alle!“
    Zum zweiten Mal war es still. Das einzige Geräusch, das man hörte, war das Schlagen meines Herzens und das Rascheln, als Willi seine Mütze in den Nacken schob, um sich die Stirn zu kratzen. Doch er kratzte sich nicht. Er musterte mich aus zusammengekniffenen Augen. Dann seufzte er tief und drehte sich zu den anderen um. „Okay. Okay! Ich habe verstanden und es tut mir auch aufrichtig leid. Ja, ich hätte euch vorher fragen sollen. Das weiß ich, verflixt, doch das hab ich leider Gottes nun mal nicht. Ja, und deshalb sitz ich jetzt in der Klemme. Mein Gott! Ich habe Vanessas Vater versprochen, dass seine Tochter bei uns trainieren darf. War das denn etwa so schlimm? Wenigstens einmal, auf Probe, und ich bitte euch jetzt darum, bitte, bitte, dass ich mein Wort halten darf.“
    Die Wilden Kerle schauten Willi verblüfft an.
    „Kommt schon. Gebt ihr ’ne Chance“, bat Willi weiter. „Und wenn sie nichts drauf hat, schicken wir sie halt wieder heim.“
    „Und falls doch?“, fragte Leon. „Was passiert dann?“
    „Was soll dann schon passieren?“, gab Willi achselzuckend zurück. „Dann verlieren wir einen Fußballer, nur weil er ein Mädchen ist. Sonst nichts.“
    Leon nickte zufrieden und musterte mich. Ich zerbiss mir die Unterlippe und hoffte, dass sie nicht schon längst aufgeplatzt war. Leon spürte meine Unsicherheit. Das wusste ich ganz sicher und deshalb wusste ich auch ganz genau, was jetzt auf mich zukommen würde.
    „Okay. Abgemacht“, lächelte Leon wie Prinz John, der das Todesurteil für Robin Hood unterschrieb. „Ein Training auf Probe.“ Danach teilte er die Mannschaften ein.

Noch mehr hasse ich Jungs!
    Ich kam natürlich zu Leon und Marlon ins Team
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