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Vandark - Ein Spooky-Abend am Kamin

Vandark - Ein Spooky-Abend am Kamin

Titel: Vandark - Ein Spooky-Abend am Kamin
Autoren: Rudy Namtel
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weiten Perspektive konnte Melanie erkennen, dass diese Fassade nicht eine Giebelwand des Hauses war, sondern eine der beiden langen Seitenwände. Das sich lang von links nach rechts streckende, mit roten Schindeln gedeckte Dach formte sich an zwei Stellen zu geschwungenen kleinen Zwischengiebeln, die jeweils einem flachen Fenster Platz boten. Wahrscheinlich war also auch der Dachstuhl zumindest teilweise mit Kammern bestückt.
    Melanie stieg die Stufen empor. Als sie den großen Griff an der Kette neben der Tür zog, ertönte im Innern ein dumpfer Glockenton, der einer kleinen Kapelle auf dem Lande zu weitklingender Ehre gereicht hätte. Wenige Augenbli cke später öffnete sich die Tür. Die schwarz-weiß gestreifte Butler-Jacke fiel Melanie als erstes auf, dann erst der dazugehörige hagere Mann mit seinen kurzen, grauen Haaren.
    „Sie wünschen, meine Dame?“
    Melanie schluckte und überlegte einen Moment, ob sie sich nun in irgendeiner besonders gewählten Form verständlich machen müsste. Dann entschied sie sich dagegen in dem Bewusstsein, gedrechselte Sprache sowieso keine drei Sätze durchhalten zu können.
    „Entschuldigen Sie bitte die Störung. Ich habe eine Autopanne und brauche Hilfe. Kann ich bei Ihnen telefonieren?“
    „Aber bitte, meine Dame, so treten Sie doch erst einmal ein. Wir helfen Ihnen sehr gern, soweit wir können.“
    Steif, aber doch mit einer höfischen Eleganz trat er beiseite. Melanie setzte ihre Schritte hinein. Endlich konnte der kalte Wind ihr nichts mehr anhaben. In der Dunkelheit des unbeleuchteten Flures geleitete der Bedienstete sie zu einer Garderobenwand zur Linken mit acht oder zehn Kleiderhaken, an der sie ihren Mantel aufhängen konnte. Weiter hinten am Ende der kurzen Diele führte eine Holztreppe hinauf in das Obergeschoss. Auf den beiden Flurseiten konnte Melanie jeweils eine große zweiflüglige Tür entdecken.
    „Hier entlang, bitte!“
    Er öffnete ihr die Tür zur Rechten und bat mit einer kurzen Handbewegung einzutreten.
    Wärme umfing die Lehrerin. Ein wuchtiger Kamin, in dem Holzscheite in voller Flamme standen, erleuchtete als einzige Lichtquelle den Raum. Die dunklen Holzbalken der Decke, die dazwischen sichtbaren Bretter in der gleichen Tönung und mehreren freistehende Holzstützen verliehen dem Zimmer auch optisch das Ambiente eines gemütlichen Heimes. Die Bücher in dem großflächigen Regal neben dem Kamin zeugten von einer umfangreichen Belesenheit der Bewohner – wenn sie das alles tatsächlich studiert hatten.
    „Herr Bechsteiner, ein Gast!“
    Ein junger Mann , vielleicht zwei oder drei Jahre älter als die 30-jährige Melanie, erhob sich aus seinem Ohrensessel und blickte erstaunt zur Tür.
    „Ein Gast? Jetzt?“
    Sein überraschter Gesichtsausdruck hellte sich umgehend auf, als er die Frau erblickte.
    „Oh! Angenehm! Bechsteiner. Herzlich willkommen auf dem Gut Vandark!“
    Mit ausgestreckter Hand ging er Melanie die sechs Schritte entgegen. Sein hellbraunes Cord-Jackett und die passende dunkelbraune Hose unterstrichen das Flair eines landwirtschaftlichen Gutsbesitzers.
    „Melanie Görner. Sehr erfreut. Danke, dass Sie mich einließen.“ Lächelnd griff sie seine Begrüßungshand. „Ich habe eine Autopanne. Könnte ich von hier einen Abschleppdienst anrufen? Und vielleicht ein Taxi? Ich muss dringend zum Flughafen Laage.“
    „Aber gern, wenn es wieder geht.“
    „Wieder geht?“
    „Ach, dieses Wetter! Aber wir probieren es einfach. Kommen Sie!“
    Er führte Melanie zu einem Tischchen neben dem ersten Fenster gleich rechts.
    „Sie müssen wissen, dass seit ungefähr einer Stunde die Telefonleitung ohne Verbindung ist. Ja, das Wetter … – Aber vielleicht geht es ja doch wieder. Wir haben es seit über einer halben Stunde nicht mehr probiert.“
    Bechsteiner nahm den Hörer ab und führte ihn an sein Ohr.
    „Oh, schade.“
    Er hielt Melanie mit einem Ausdruck des Bedauerns die Ohrmuschel hin, dass sie sich überzeugen konnte. Ihre Wahrnehmung bestätigte leider, was sie jetzt eh schon wusste. Keine Verbindung.
    „Wo ereilte sie die Panne?“
    „Gleich da vorn, einen halben Kilometer oder etwas mehr entfernt.“
    Dabei zeigte sie durch das Fenster in die ungefähre Richtung.
    „Schlimm? Reifenpanne? Oder etwas anderes?“
    „Ich weiß es nicht. Der Motor ging einfach aus und sprang nicht mehr an.“
    „Benzin?“ Bechsteiner brachte seine Frage betont vorsichtig heraus. Offensichtlich wollte er der Frau nicht zu nahe treten.
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