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Vampyrus

Vampyrus

Titel: Vampyrus
Autoren: Doreen Kühne
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Diener am Hals und schleuderte ihn gegen die nächste Wand. Krachend schlug der Körper auf dem Boden auf und riss dabei einen Kerzenständer um. Sofort loderten die Flammen auf und leckten nach den Papieren und Büchern auf dem Schreibtisch.
    „Raus hier!“, brüllte Valerius und schob Anastas aus dem Kabinett hinaus auf den Korridor. Während das Paar unbehelligt durch den Palazzo zurück zum Canale di Cannaregio eilte, breiteten sich die Flammen auf dem Schreibtisch aus und verschlangen gierig das gefälschte Grimoire.

Gerhard Schmeußer
    Kardulgor
    D ie Winternacht, in der ich zum ersten Mal vor Kardulgors Haus stand, war rau und kalt. Ein stürmischer Wind fegte in Böen vom Meer heran und dunkle Schneewolken verhüllten die Sterne, sodass die See schwarz wirkte und ihr Donnern mich mit Grauen erfüllte. Man konnte meinen, sie wolle das Haus von der Erde tilgen. Die Mauern ragten kalt und dunkel vor mir auf und kein einziges Licht war in den Fenstern zu sehen. Nur eine kleine Laterne über der Türe bewies, dass jemand zu Hause war und mich erwartete. Schutz suchend vor dem Wind trat ich in den Türbogen und betätigte den ovalen Türklopfer auf seiner verschnörkelten Platte. Sein Pochen klang gedämpft als würde er nur widerwillig seinen Dienst versehen. Es dauerte eine ganze Weile, bis mir Kardulgor öffnete. Der Zauberer war in einen altmodischen schwefelgelben Hausmantel gehüllt, der seine Gestalt verbarg. Er war etwas größer als ich. Die vielen Furchen in seinem hageren Gesicht und die langen, grauen Haare, die er hinten zu einem Zopf gebunden hatte, ließen ihn alt erscheinen, obwohl seine Haltung aufrecht und kraftvoll war. Es war unangenehm, wie seine Augen durchdringend auf meinem Gesicht ruhten. Neben ihm schwebte ein Kerzenleuchter frei in der Luft, dessen Flammen gefährlich im Wind flackerten. Der Meister hatte bewusst diesen Effekt gewählt, um seinen Gast zu beeindrucken.
    Kardulgor hieß mich willkommen und bat mich, ihm zu folgen. Ich trat ein über die Schwelle in sein Reich der Schatten. Und zuckte sogleich zusammen, als hinter mir krachend die Tür von alleine zuschlug. Mein Gastgeber schritt mir voran, ohne sich umzudrehen. Die Eingangshalle musste riesig sein, denn das Licht des Kerzenleuchters verlor sich darin. Bei Tag war sie vermutlich ein desolater Anblick. Voll von Staub und Schmutz, doch des Nachts bei flackernder und unzureichender Beleuchtung führte sie ihr wahres Eigenleben. So wie das ganze Haus, das die Helligkeit scheute und sie aus seinen Mauern verbannte. Es war ein totes Haus, seit vielen Jahren von den Menschen verlassen und nur noch eine Höhle für einen finsteren Magier, der sich darin verkrochen hatte.
    An der Wand gewahrte ich einen huschenden Schatten, der uns begleitete und vom Licht des Leuchters geworfen wurde. Er bewegte sich schnell, zu schnell um mehr als eine geisterhafte Gestalt zu sein. Mal war die Schattengestalt an der Wand, dann über der Decke, dann am Fußboden als flöße sie um uns herum. Auch wenn es ein nützlicher Geist war, so war es doch eine unheimliche Erscheinung. Meine Augen waren an Dunkelheit gewöhnt, doch hier herrschte eine Dunkelheit, die nicht nur vom fehlenden Licht herrührte, sondern auch eine Dunkelheit des Geistes, die meine Fähigkeiten trübte und mich verstörte. Wie im Traum bewegte ich mich durch finstere und zugige Gänge, vorbei an langen Reihen verschlossener Türen, bis zu einer am Ende, unter deren Spalt ein Lichtschein hervorkam. Wenige Schritte vor uns öffnete sie sich wie von Geisterhand und mein Gastgeber bat mich hinein.
    Ein flackerndes Kaminfeuer verbreitete einen warmen Schein, der über Reihen von Büchern glitt, die sich bis zur hohen Decke erstreckten, wo er sich im Dunkeln verlor. Es war warm hier und der Geruch von altem Papier und Leder beherrschte die Luft. Alter und Verfall hatten schon vor vielen Jahren hier Einzug gehalten und viele der staubigen Buchrücken waren verschrumpelt und unlesbar geworden. Eindeutig handelte es ich um eine Bibliothek, was mich nicht überraschte, denn wegen eines Buches war ich schließlich hergekommen. Kardulgor machte nicht viele Worte, sondern winkte mich zu einem antiken Lesepult, auf dem der Kerzenleuchter sich abstellte. Auf der schrägen Fläche des Pults lag ein großes, aufgeschlagenes Buch. Neugierig trat ich näher.
    Der fleckige Ledereinband war dick und schwer. Schon auf den ersten Blick hatte ich erkannt, um welches Buch es sich handelte. Ohne Zweifel
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