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Vampirsohn

Titel: Vampirsohn
Autoren: J.R. Ward
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sollte.« Er warf einen letzten Blick auf seine Bücher. Dann schlang er die Kette um seinen Arm und legte ihr galant den anderen Arm um die Schultern. »Lass uns gehen.«
    Sie traten zusammen durch die Tür. Fletcher lag immer noch auf dem Steinboden, aber seine Augen waren geöffnet und er blinzelte langsam.
    »Verflucht«, sagte sie, als Michael den Butler ansah. Sie überlegte kurz und murmelte schließlich: »Lassen wir ihn einfach hier liegen.«
    Wenn man bedachte, dass der Mann ungefähr fünfzig Frauen entführt und den Sohn seiner Arbeitgeberin ein halbes Jahrhundert lang unrechtmäßig gefangen gehalten hatte, war es unwahrscheinlich, dass er versuchen würde, sie rechtlich zu belangen. Und von Michael zu verlangen, dass er den Kerl tötete, war zu entsetzlich, um überhaupt daran zu denken. Wahrscheinlich weil Michael es tun würde, wenn sie ihn darum bitten würde.
    Sie zog Michael am Ärmel. »Komm jetzt. Bloß weg hier …« Die Trauerfeier oben im Haus war noch ein Problem. »Verdammt, da oben befinden sich an die hundert Leute. Wie können wir …«
    Michael richtete sich gerade auf. »Ich kenne einen Weg hinaus. Aus der Zeit, als ich noch ein Junge war. Hier entlang.«

    Sie waren erst einige Meter gegangen, als sie wieder herumwirbelte. Die Spritze. Ihre Fingerabdrücke befanden sich auf der Injektionsspritze. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Fletcher sie doch noch anzeigen sollte, hätte er es ohne diese Art von Beweisstück viel schwieriger. Und ihr Schuh. Sie musste auch noch ihren Schuh holen.
    Nur keine Spuren hinterlassen.
    »Warte!« Sie lief zurück und suchte nach der Spritze. Sie steckte immer noch im Arm des Butlers. Er sah zu ihr auf, als sie die Spritze herauszog und in ihre Handtasche fallen ließ. Er bewegte den Mund, klappte ihn auf und zu wie ein Fisch sein Maul.
    Nachdem sie ihren Schuh aufgehoben hatte, ging sie zu Michael zurück. Ihre Beine fühlten sich an wie Gummi.
    »Du bist geschwächt«, sagte er stirnrunzelnd.
    »Nein, es geht mir gut …«
    Er nahm sie auf die Arme und ging dann doppelt so schnell wie sie es gekonnt hätte. Seine riesigen Schritte fraßen die Strecke der Kellergänge geradezu auf. Er bewegte sich rasch und entschieden, was sie ein wenig erstaunte und daran erinnerte, dass er trotz seiner Gutmütigkeit ein starker Mann war – ein Mann, der seine geliebte Frau in den Armen hielt. Und Himmel, er besaß solche Kraft! Er trug ihr volles Gewicht zusätzlich zum Gewicht der Kette, und beides schien ihn nicht im Geringsten langsamer zu machen.
    Als sie am anderen Ende des Kellergangs zu einer massiven Tür kamen, versuchte er zuerst, sie durch Herabdrücken der Türklinke zu öffnen. Als sich die
Klinke jedoch nicht rührte, ging er zwei Schritte zurück und trat mit dem flachen Fuß gegen die Tür, die krachend zerbarst.
    »Oh, wow!«, rief Claire. »Du lässt den Terminator ja wie einen Zweijährigen aussehen.«
    »Was ist der Terminator?«
    »Später.«
    Draußen blies ihnen die kühle Abendluft entgegen, und Michael zögerte mit weit aufgerissenen Augen. Sein Atem kam plötzlich in kurzen Stößen, als ob er eine Panikattacke hätte.
    »Setz mich bitte ab«, sagte sie leise. Er brauchte sicher eine kurze Pause, um sich zu orientieren.
    Michael gab sie vorsichtig frei und betrachtete den Himmel, die Bäume und den riesigen Landschaftsgarten des Anwesens. Dann blickte er zu dem Monstrum aus Stein empor, in dem er so lange Zeit eingeschlossen gewesen war. Sie konnte sich gut vorstellen, wie verloren er sich fühlen musste. Wie die Flut seiner Gefühle über ihn hereinbrechen und in welchen Zwiespalt ihn die Flucht aus der klaustrophobischen Enge seiner Zelle stürzen musste. Aber sie hatten keine Zeit, dass er sich an die neue Situation gewöhnen konnte.
    »Michael, mein Wagen steht am Ende der Auffahrt. Vor dem Haus.«
    »Ich kann es«, flüsterte er.
    »Ja, du kannst es.«
    Sie nahm seine Hand, die sich klamm anfühlte, und zog ihn mit sich. Ohne zu zögern, nahm er die Kette hoch und führte Claire seitlich um das große Gebäude herum zur Vorderseite.

    Ihr Auto stand noch dort, wo sie es zurückgelassen hatte. Sie eilten über den Rasen und blieben dabei möglichst in der Nähe einer Hecke, die ihnen etwas Sichtschutz bot. Das Gras fühlte sich unter ihren Füßen feucht und federnd an, und ihre Lunge sog gierig die klare Herbstluft ein.
    Bitte, lieber Gott, lass uns unbeschadet entkommen.
    Als sie in Reichweite des Mercedes gelangten, drückte
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