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Vampirjaeger

Vampirjaeger

Titel: Vampirjaeger
Autoren: Richard Laymon
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zuband. Ihr kurzes, jungenhaftes Haar schimmerte wie Gold. Ihre Hemdzipfel lugten hervor. Ihre Arme und Beine sahen glatt und goldbraun aus. Sie hätte ein Kind sein können, das nach dem Abendessen auf dem Bordstein vor dem Haus sitzt und sich die Rollschuhe anzieht.
    Ich war verzückt. Und ich begriff, dass das nicht einfach die Magie des Sonnenlichts war. Es war Cats Magie.
    Und sie verschwand auch nicht, als Cat sich die Schuhe zugebunden hatte, den Kopf drehte und mich anlächelte. »Fertig?«, fragte sie. Und dann: »Was ist? Alles in Ordnung?«
    »Es geht mir großartig«, antwortete ich und das war die reine Wahrheit. Grinsend streckte sie beide Hände aus und sagte: »Ich habe ganz dreckige Pfoten.« Sie waren von roten Flecken übersät.
    »Das Kleid fühlte sich eigentlich trocken an«, sagte sie. »Trocken, aber klebrig.« Sie stand auf und begann, ihre Hände vorn an ihrer Jeans abzureiben. Als sie die Nase voll davon hatte, sahen ihre Hände noch immer so aus, als ob sie mit einem rostigen Rohr gespielt habe.
    »Na ja«, sagte ich. »Es ist bloß Blut.«
    »Aber es ist von White. Ich wünschte, es wäre nicht von ihm. Wenn es deins wäre, würde ich es ablecken.«
    Ich ließ das Seil fallen, als sie zu mir herüber kam.
    Mit ihren fleckigen Händen griff sie nach den Säumen meines zerrissenen, offenen Hemdes und zog mich an sich. Sie drückte ihren Mund auf meinen. Dann murmelte sie in meinen Mund: »Ich liebe dich so sehr, Sammy. Gott. Wenn nur… Ich habe einen Großteil meines Lebens verschwendet. Wir hätten all diese Jahre zusammen sein können. Das wäre so schön gewesen.«
    »Wir sind jetzt zusammen«, sagte ich zu ihr, mit feuchten Augen und einem Kloß in der Kehle.
    »Und wir werden von jetzt an immer zusammen sein, nicht wahr?«
    »Wenn ich etwas zu sagen habe, ja.«
    »Bis das der Tod uns scheidet?«
    »Wenigstens«, bestätigte ich.
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    Sie drückte mich so fest an sich, als hinge ihr Leben davon ab.

Kapitel 58
    Wir waren noch etwa dreißig Meter von dem breiten, dunklen Spalt in der Wand entfernt, als Cat sagte: »Oh, nein, sieh doch.«
    Ich drehte den Kopf und sah, was sie meinte.
    Die Unterkante der Sonne berührte den Gipfel der westlichen Umrandung des Beckens.
    Ich sagte: »Scheiße.«
    Cat erwiderte: »Wir sollten uns lieber beeilen.« Wir beschleunigten unsere Schritte.
    »Ich glaube nicht, dass dies hier als Sonnenuntergang zählt«, sagte ich , während wir auf die Spalte zueilten. »Sie versinkt hinter dem Berg, nicht hinter dem Horizont.«
    »Das ist unser Horizont. Vielleicht ist es auch seiner.«
    »Nicht, dass es etwas ausmachen würde«, sagte ich.
    »Ich weiß. Er ist tot. Und das wird er auch bleiben.«
    »Genau.«
    »Genau.«
    Wir tauchten in das Dämmerlicht des Passes ein. Die Hacke und die Schaufel schlugen bei jedem Schritt gegen meine Schulter. Das aufgewickelte Seil, das über der anderen Schulter hing, baumelte gegen meine Seite.
    »Soll ich schon mal vorausrennen und den Pflock wieder reinstecken?«, fragte ich.
    »Nein, tu das nicht.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ganz sicher. Lass uns zusammen bleiben.«
    Vielleicht wollte sie einfach nur nicht allein sein. Ich wollte es ja selbst nicht. Aber ich glaubte dennoch nicht, dass das der Hauptgrund war, warum ich bleiben sollte.
    Mich vorausgehen zu lassen, wäre ein Eingeständnis gewesen, dass wir glaubten.
    Nun, offensichtlich glaubten wir. Cat hatte den Pflock absichtlich herausgezogen, um Elliot zu aktivieren, damit er uns vor White retten konnte. Und jetzt hatten wir vor, den Pflock wieder in ihn zurückzustecken – ihn zu entschärfen, bevor er ›losging‹. Wir glaubten, dass er sich nach Sonnenuntergang erheben würde. Wir glaubten jedenfalls zum Teil daran. Wir wollten es einfach nur nicht zugeben.
    Weil es dadurch real geworden wäre.
    Wäre ich losgerannt, um den Pflock wieder in Elliot zu stecken, bevor die Sonne verschwunden war, dann wäre es mit einem Schlag sehr real geworden. Also blieb ich an Cats Seite.
    Wir wurden schneller und schneller auf unserem Weg durch die schmale, sich windende Gasse. Licht drang von dem Streifen Himmel über uns herein, aber es wurde immer grauer, je näher es dem Boden kam. Uns selbst erreichte es kaum noch.
    Aber es erlaubte uns, in etwa zu sehen, wo wir hingingen. Es hielt uns davon ab, gegen die Felswände zu prallen.
    Wir liefen schnell nebeneinander her. Schweigend.
    Obwohl wir den Wind hörten, konnte er uns in der engen,
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