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Vampirherz

Vampirherz

Titel: Vampirherz
Autoren: Karin Kaiser
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stieg er aus dem warmen Becken und ging zu dem anderen Becken. Dieses war wesentlich größer als das Warmwasserbecken, und als er in dieses Becken stieg, zog sich jede einzelne Pore seiner Haut fröstelnd zusammen. Aber das kalte Wasser tat gut. Er zwang sich, weiter hinein zu gehen und unterzutauchen. Als Francis wieder auftauchte, fühlte er sich wie neu geboren. Er stieg aus und nahm ein großes Handtuch von der Bank, auf der auch seine Kleider lagen. Sorgfältig trocknete er sich ab und zog sich an. Als er die Tür zu seinem Zimmer öffnete, erwartete ihn eine Überraschung. Dies war nicht das Zimmer, in dem er die letzten Wochen oder gar Monate verbracht hatte. Dieses Zimmer war kein Schlafzimmer. An einem großen Tisch in dem lichtdurchfluteten Raum saßen Lilith und Dragan.
    „Nun, wie fühlst du dich, Francis?“ fragte Dragan.
    Francis lächelte. „Wie neugeboren.“
    Der Tisch war reich gedeckt mit Obst, Brot und allen erdenklichen Leckereien.
    „Dann stärk dich jetzt“ forderte Lilith ihn auf. Das ließ er sich nicht zweimal sagen, und er schämte sich fast dafür, dass er so hungrig zugriff.
    „Seltsam. Dutzende von Jahren habe ich kaum Appetit gehabt, und jetzt bin ich noch immer nicht satt“ gab er verlegen zu.
    Lilith lachte.
    „Du bist jetzt kein Vampir mehr.“
    „Aber was bin ich dann? Ein Mensch?“
    Dragan schüttelte den Kopf.
    „Es gibt für einen Vampir keine vollständige Rückkehr zu dem, was er zuvor war. Du bist jetzt das, was deine kleine Freundin von Geburt an ist.“
    „Das heißt, ich bin ein Halb-Vampir?“
    „Richtig. Du behältst deine vampirischen Kräfte, aber du bist sterblich“ antwortete Lilith.
    Auf einmal erfasste Francis eine seltsame Unruhe. Er hatte noch jede Menge zu erledigen.
    „Ich werde jetzt gehen. Ich danke euch für eure Hilfe und eure Gastfreundschaft“ sagte er entschlossen und stand auf.
    Lilith und Dragan begleiteten ihn noch bis zum Ausgang ihres Tempels.
    „Du bist immer willkommen, Francis“ sagte Dragan und legte freundschaftlich die Hand auf Francis Schulter. Lilith umarmte diesen noch einmal herzlich, und dann war er entlassen. Langsam ging er die Treppe hinunter und durch den Wald.
    Das Taxi stand noch immer dort, wo Francis es zurückgelassen hatte. Er zog die Jacke aus und wollte sie schon neben sich auf den Beifahrersitz legen, als er etwas auf dem Sitz blinken sah. Es war Danas Armband mit den honigfarbenen Steinen. Er warf die Jacke auf den Rücksitz und nahm es in die Hand. Leicht strich er mit den Fingern über die leuchtenden, honigfarbenen Steine. Auf einmal sah er wieder Danas Augen vor sich, diese großen, warmen Augen, und eine heftige Sehnsucht überfiel ihn, in diesen Augen zu versinken, endlich wieder ihre süßen Lippen zu kosten und ihre warme Haut unter seinen Händen zu fühlen.
    „Hoffentlich hast du mich noch nicht vergessen, Dana“ sagte er leise und steckte das Armband ein.
    Bestürzt starrte Dana auf das Stäbchen mit dem Schwangerschaftstest. Die Farbe des Teststreifens zeigte an, dass dieser positiv war. Deshalb war es ihr in letzter Zeit auch so häufig schlecht gewesen, aber das hatte sie auf die Sorge um Francis geschoben. Die letzten drei Monate waren ihr vorgekommen wie drei Jahre, oder besser: wie drei Jahrhunderte. Ihr Vater war schon mehrmals im Schattenreich gewesen und hatte jeden gefragt, den er kannte, aber auch dort wusste niemand, was mit Francis geschehen war. Manchmal war sie nahe daran gewesen, selbst wieder ins Schattenreich zu gehen und Lilith persönlich zu fragen, aber ihr Vater hatte sie davon abgehalten. So war das einzige, was ihr blieb, die Hoffnung, dass alles gut gehen würde. Aber leicht war das nicht. Dana seufzte und verließ ihren Platz auf dem Badewannenrand. Was ihre Eltern wohl dazu sagen würden? Sagen musste sie es ihnen auf jeden Fall, denn lange würde sie das nicht verheimlichen können. Und das Baby nicht bekommen?
    „Auf keinen Fall“ dachte Dana. Wenn Francis es tatsächlich nicht schaffte, dann würde ihr Kind sie wenigstens immer an ihn erinnern. Sie legte das Stäbchen auf das Fensterbrett im Bad und ging hinaus. Ihr Vater saß am Tisch in der Küche und las in der Zeitung, ihre Mutter war noch nicht auf. Dana setzte sich ihm gegenüber hin. Sollte sie etwas frühstücken? Die frischen Brötchen im Körbchen auf dem Tisch rochen schon lecker. Egal, ob es ihr wieder schlecht würde, sie brauchte irgendetwas im Magen, bevor sie ihrem Vater die Neuigkeit
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