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Vampire trinken ex

Vampire trinken ex

Titel: Vampire trinken ex
Autoren: Carter Brown
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jemanden
erinnern, der bei diesen Zusammenkünften dabei war, wenn ich selbst nie dabei
war ?« Ihr Mund verzog sich verachtungsvoll. »Sagen
Sie, sind Sie vielleicht verrückt ?«
    »Fern Grierson «,
beharrte ich. »Ein junges Mädchen, blond und — «
    »Ich bin nie ins Kino
gegangen«, unterbrach sie mich wieder. »Vince ging nicht gern ins Kino. Er
nannte es Zeitverschwendung, in einem dunklen Raum mit anderen Leuten
zusammengepfercht zu sitzen und schlechte Luft einzuatmen. Wir sind spazierengegangen und haben uns Konzerte angehört. Vince
hat die Musik geliebt. Gute Musik. Nicht dieses gräßliche Zeug, das heute gespielt wird, bis man es nicht mehr hören kann. Vince mochte
den klassischen Jazz, Sie wissen schon, mit einem vollen Orchester und zehn oder
zwölf Saxophonen. Solche Musik hört man heute überhaupt nicht mehr. Ich kann
mich an alle erinnern, Benny Goodman, Rudy Vallee ,
Artie Shaw — «
    »Ja, sie waren alle großartig«,
warf ich eilig ein. »Aber wie war es denn, als Sie noch ein junges Mädchen waren,
als Sie Vince noch gar nicht kannten? Sind Sie da nicht ins Kino gegangen ?«
    »Ich kann mich nicht erinnern .« Ihre Stimme klang unwillig.
    »Sie meinen, Sie wollen sich
nicht erinnern«, sagte ich scharf. »Sie haben Angst, sich zu erinnern .«
    »Vince ist tot«, sagte sie. »Er
war bei der Marine. Er ist in einer großen Seeschlacht irgendwo im Pazifik
gefallen. Er war noch so jung, erst vierundzwanzig .«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Es tut
mir leid .«
    »Seit über dreißig Jahren bin
ich jetzt schon Witwe«, fuhr sie fort. »Das ist nicht gerecht. Warum lassen sie
mich nicht in Ruhe ?«
    »Wer?«
    »Ich war krank«, erklärte sie
entschlossen. »Warum lassen Sie mich nicht in Ruhe ?«
    »Weil ich Ihre Hilfe brauche .« Ich tastete verzweifelt nach irgend etwas , was ihrem Gedächtnis einen Stoß
versetzen würde. »Mich lassen sie auch nicht in Ruhe .«
    »Sie?« Langsam wandte sich ihr
Kopf mir zu, und ihre Augen weiteten sich. »Sie auch nicht?«
    Ich nickte. »Ich brauche Hilfe, Mrs. Delgardo . Deshalb muß
ich Fern Grierson finden, und Sie sind die einzige,
die mir dabei helfen kann .«
    »Nein!« Sie schrie mir das Wort
beinahe ins Gesicht. »Ich gehe nie wieder dahin zurück. Verstehen Sie mich?
Nichts kann mich dazu bewegen, je wieder dahin zurückzugehen .«
    »Sie brauchen ja nicht wieder
ins Haus zu gehen«, versicherte ich hastig.
    »Sie Narr! Ich spreche doch
nicht von dem Haus. Verstehen Sie denn gar nichts ?«
    »Entschuldigen Sie .«
    »Aber es lohnt sich sowieso
nicht«, sagte sie mit Entschiedenheit. »Jetzt können Sie nichts mehr für sie
tun. Es ist zu spät. Ohne sie wäre es nicht gegangen, deshalb brauchten sie sie
unbedingt .«
    »Sie brauchten sie ?« fragte ich.
    »Für das Netz.« Ihre Stimme
klang so unendlich geduldig wie die einer Mutter, die ihrem Kind etwas
Wichtiges erklärt. »Ohne sie hätten sie das Netz nicht vollenden können. Sie
ist das Mittelstück, alles hängt an ihr .«
    »Natürlich«, sagte ich
vorsichtig. »Wo spinnen sie denn das Netz ?«
    Ein Ausdruck der
Verschlagenheit blitzte plötzlich in ihren Augen auf.
    »Wenn Sie von dem Netz schon
wissen, dann müssen Sie auch wissen, wo es gesponnen wird .«
    »Ich hab’s vergessen«, brummte
ich.
    »Es ist so ein hübscher Ort !« Sie schloß einen Moment die Augen. »Wir wollten nach dem
Krieg einmal hinfahren. Vince wollte es immer einmal sehen, daher dazu kam es
nie. Vince fiel im Krieg. Habe ich Ihnen das erzählt ?«
    »Wie heißt denn der hübsche Ort ?«
    »Es war unser Traum. Diese
herrlichen alten Häuser und die Boote, die übers Wasser gleiten.« Sie schlug
die Augen wieder auf und starrte mich unverwandt an. »Je länger sie spinnen,
desto größer wird das Netz. Es ist so fein wie das Netz einer Spinne .« Sie wandte den Kopf ab und blickte zur Decke auf. »Die
Fäden laufen strahlenförmig von einem Mittelstück auseinander, und bald wird
das Netz groß genug sein, um alle zu fassen. Die, die man haben will, und die,
die man nicht haben will. Aber die kann man ja hinauswerfen .«
    »Und wer spinnt das Netz ?«
    »Nicht einmal das wissen Sie ?«
    »Vampire ?« fragte ich verzweifelt. »Werwölfe?«
    »Der Meister spinnt das Netz«,
erwiderte sie. »Nur er besitzt die Macht. Die Diener helfen. Ich wollte
nicht...« Sie preßte wieder die Augen zu. »Es ist zu schrecklich. Zu grausam.
Das arme junge Ding!«
    »Sie meinen Fern Grierson ?«
    »Jetzt gibt es kein Zurück
mehr«,
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