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Vampir sein ist alles

Vampir sein ist alles

Titel: Vampir sein ist alles
Autoren: Tate Hallaway
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Linie eine christliche Göttin?“, fragte Blythe.
    „Eine judäisch-christliche“, warf Marge ein. „Im alten jüdischen Volksglauben ist sie ein Sukkubus und eine Kindsmörderin.“
    „Also bitte! Kindsmörderin ...“, protestierte ich, „jetzt hört mir mal zu!“ Aber die anderen diskutierten munter weiter und beachteten mich nicht.
    „Wie es bei vielen sogenannten 'Dämonen' in den judäisch-christlichen Mythen der Fall ist, gibt es meiner Meinung nach auch hier eine viel ältere Ursprungsgöttin - eine assyrische vielleicht“, erklärte William.
    „Ich glaube, sie wird mit Kreischeulen in Verbindung gebracht“, sagte ein Mann, den ich noch nicht näher kennengelernt hatte. Ich war ziemlich sicher, dass Marge ihn mitgebracht hatte. Er war klein und rund, aber auf eine sympathische „Ich-koche-gern“-Art. Max hieß er, glaube ich, doch ich konnte mich nicht genau erinnern. Er hatte langes glattes, braunes Haar, das er streng nach hinten gekämmt trug. Auf seiner Stupsnase thronte eine große, dicke Brille.
    „Lilith ist der Hammer!“ Der finstere Hexer nickte anerkennend.
    So nahm die Debatte ihren Lauf. Und überraschenderweise nicht einmal einen schlechten, wenn man die Reaktionen auf mein Eingeständnis bedachte, dass ich eine Göttin in mir trug, die auch „Mutter aller Dämonen“ genannt wurde. Zumindest war noch niemand schreiend zur Tür hinaus-
gerannt. Allerdings hatten wir es bisher auch unterlassen, zu erwähnen, dass Sebastian zur Fraktion der wandelnden Leichen gehörte.
    Immer hübsch eine Hürde nach der anderen.
    Ich drückte Sebastian kurz die Hand, um ihm zu signalisieren, dass alles in Ordnung war, und ließ ihn los. Da die anderen mich anscheinend sowieso nicht bei ihrer Diskussion brauchten, zog ich mich zurück und ließ mich auf meine knallorange Couch plumpsen. Sebastian setzte sich zu mir auf die Lehne, die gefährlich unter seinem Gewicht knarrte.
    Die Luft, die zum Fenster hereinkam, wurde endlich kühler, und das lärmige Schnarren der Zikaden wich allmählich dem leisen Zirpen der Grillen.
    Barney, meine Katze, nieste irgendwo unter der Couch. Sie hielt sich versteckt, seit das erste potenzielle Zirkelmitglied eingetroffen war. Eigentlich hatte sie Besuch gern, weil sie dann zusätzliche Streicheleinheiten bekam, aber sie war allergisch gegen Magie - oder wollte es mich zumindest glauben machen.
    „Wie ist das eigentlich passiert?“, fragte mich der finstere Hexer unvermittelt. „Gehört das nicht in die schwarze Abteilung, wenn man einen Dämon fängt?“
    „Es geht nicht um einen Dämon, Griffin“, sagte William, der den Namen des Typen offensichtlich schon erfahren hatte, „sondern um eine Göttin.“
    „Wie auch immer“, entgegnete Griffin verächtlich. „Der Punkt ist doch, dass man so etwas Mächtiges nicht aus Versehen an sich bindet, oder?“
    Griffins Frage wurmte mich, weil ich keine gute Antwort parat hatte. Ich rutschte unruhig auf der Couch herum und spürte, wie der raue Bezug an meinen nackten, verschwitzten Beinen kleben blieb. „Ich habe Lilith gar nicht gefangen“, erwiderte ich schulterzuckend.
    Er sah mich kritisch an, als glaubte er mir nicht so recht. „Ja, okay“, sagte er. „Aber warum ausgerechnet du? Was macht dich so besonders?“
    Genau das war die Preisfrage. Ich war nie dahintergekommen, warum Lilith hinterher nicht einfach wieder in den Äther zurückgekehrt war. Warum war SIE in mir gefangen? Oder war SIE freiwillig geblieben? Ich wusste auch von anderen Hexen, die sich in einer Notlage die Kraft von Göttern und Göttinnen zunutze gemacht hatten, aber mir war noch nie zu Ohren gekommen, dass jemand dauerhaft eine Gottheit „zu Gast“ hatte. Vielleicht hing es damit zusammen, dass ich nicht explizit um die Kraft einer Göttin gebeten, sondern die Göttin selbst gerufen hatte.
    Ehrlich gesagt hatte ich das Universum in jener Nacht um etwas viel Unheiligeres gebeten als die Hilfe einer Göttin. Ich hatte Rache gewollt. Mir war ganz egal gewesen, wer oder was mir half, solange es nur Auge um Auge ging.
    Hm. Das war nicht so toll. Ich versuchte, diesen Gedanken ebenso zu verdrängen wie den logischen Schluss, dass Lilith sich möglicherweise genau von diesen Empfindungen angezogen gefühlt hatte.
    „Jetzt mach mal halblang, Alter“, sprang William mir bei.
    „Garnet hat Lilith nicht gebeten zu bleiben, okay? Es ist einfach passiert.“
    „Genau“, sagte Sebastian mit einem drohenden Unterton in seiner sanften Stimme.
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