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Vamperl soll nicht alleine bleiben

Vamperl soll nicht alleine bleiben

Titel: Vamperl soll nicht alleine bleiben
Autoren: Renate Welsh
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Wasserfall«. Tierköpfe, fratzenartige Gesichter lugten aus den Faltenwürfen
     der Felswand hervor, gelb, rot und grün, andere wieder blendend weiß.
    Hannes musste Frau Lizzis Hand ganz fest drücken, weil alles so schön war.

     Aber auch ein bisschen unheimlich, wenn er daran dachte, dass über ihnen ein ganzer Berg lag.
    Weil sie gar nicht so schnell schauen und alles aufnehmen konnten, blieben sie etwas zurück und standen plötzlich allein im
     Finstern. Irgendwo vorne um die Ecke hörten sie den Führer reden.
    Sie beeilten sich die anderen einzuholen und kamen in einen sehr hohen, schmalen Raum. Ein weißer Spitzenvorhang hing wie
     im Wehen erstarrt da. Aus einem der Deckenzapfen platschte ein Wassertropfen auf den Höhlenboden.
    Frau Lizzi hob den Kopf. »Da, eine Fledermaus!«
    Das Tier flatterte im Zickzack quer durch die Höhle, schoss tief herunter und stieg wieder hoch. Ein paar Leute kreischten
     und schützten ihre Haare mit den Händen.
    Vamperl fiepte so laut, dass Frau Lizzimeinte, alle müssten ihn hören. Sie griff nach der Klappe, aber er schnellte unter ihrer Hand aus dem Rucksack und schwang
     sich hinauf zu der Fledermaus. Die beiden umkreisten einander. »Schau, jetzt sind’s zwei!«, rief ein Kind. »Eine große und
     eine kleine.«
    Frau Lizzi hatte keinen Blick mehr für die Schönheiten der Höhle. Als hätte sie Watte in den Ohren, hörte sie den Führer sagen,
     dass Fledermäuse bestimmt niemandem an die Haare gingen, und dann etwas von Kleinen Hufeisennasen und Großmausohren.
    Auf einer steilen Treppe stolperte sie. Ein scharfer Schmerz schoss durch ihren linken Fuß. Hannes drückte ihre Hand. »Vamperl«,
     flüsterte sie, »komm wieder. Du kannst sie ja mitbringen.«
    Hannes pfiff leise. Das Echo warf den Pfiff von allen Seiten zurück.
    Die Gruppe erreichte den Ausgang. Der Führer verabschiedete sich und sperrte die schwere Tür zur Höhle ab.
    Frau Lizzi ließ sich auf eine Bank fallen. Wo soll Vamperl jetzt schlafen? Was wird er essen? Er wird verhungern und ich bin
     schuld. Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    »Da ist er!«, rief Hannes. »Er kommt aus dem Felsspalt!«
    Einen Moment später kuschelte sich Vamperl in Frau Lizzis Halsgrube.
    »Dass du wieder da bist!«, sagte sie immer wieder. Vamperl streichelte ihre Wangen. Da fing sie an zu weinen.
    Hannes streifte auf der Suche nach Heidelbeeren durch den Wald. Er brachteFrau Lizzi eine Handvoll. Sein Mund war blau und lila.

    Vamperl betrachtete ihn interessiert, nahm eine Beere und steckte sie in den Mund. Zuerst guckte er misstrauisch, dann konnte
     er gar nicht genug kriegen. Er verschmierte Heidelbeersaft über sein ganzes kleines Gesicht.

    »Jetzt siehst du wirklich wie ein Vampir aus«, rief Hannes.
    Vamperl fletschte die Zähne und tat, als wollte er zubeißen.
    »Wir müssen uns langsam auf den Heimweg machen«, sagte Frau Lizzi.
    Vamperl schlüpfte in den Rucksack und streckte sich bequem aus. Frau Lizziseufzte erleichtert. Beim Aufstehen stöhnte sie. Ihr Fuß tat jetzt arg weh. Hannes stützte sie, so gut er konnte.
    Sie brauchten lange, bis sie die Straße erreichten. »Wir versäumen noch den Bus«, murmelte Frau Lizzi. Sie biss die Zähne
     zusammen und humpelte, so schnell sie konnte. Der Schweiß lief ihr übers Gesicht.
    Da bremste ein Auto neben ihr. Der Fahrer war ein freundlicher Mensch. Als er Frau Lizzis Knöchel sah, fuhr er sie bis nach
     Hause und half sogar sie in ihre Wohnung zu bringen.
    Ihr Knöchel war jetzt unförmig angeschwollen.
    Hannes machte einen kalten Umschlag, kochte Kartoffeln und goss die Blumen. Beim Schälen der heißen Kartoffeln hüpfte er von
     einem Fuß auf den anderen. Vamperl hielt das für ein Spiel und hüpfte auf Frau Lizzis Schoß mit.
    Nach dem Abendessen holte Hannes den Spazierstock seines Großvaters fürFrau Lizzi. »Sonst sind Sie ganz hilflos, wenn ich nicht da bin«, sagte er.
    Ich weiß gar nicht, warum alle immer an dem Buben rummeckern, dachte Frau Lizzi. Ich mag ihn.

In der Zieglergasse...
    Frau Lizzis Knöchel schwoll langsam wieder ab, doch das Auftreten tat noch weh. Hannes kaufte für sie ein und kochte unter
     ihrer Anleitung. Sie aßen miteinander, sie spielten mit Vamperl Halma und Mensch-ärgere-dich-nicht. Sie machten weite Reisen
     auf der Landkarte.

    Die Nächte aber waren lang. Frau Lizzi fand keinen Platz im Bett für ihren wehen Fuß.
    Nach einer Woche endlich stellte sie beim Aufwachen fest, dass sie die ganze Nacht
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