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Urmel zieht zum Pol

Urmel zieht zum Pol

Titel: Urmel zieht zum Pol
Autoren: Max Kruse
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Schlitten aus. Alsbald prasselte Feuer im
Herd. Das Urmel und Wutz zogen ihre Schutzkleidungen aus, Wutz drehte sich vor
dem Spiegel, streichelte ihre blasse Haut und rief:
    »Ich habe
riesige Sehnsucht nach einem warmen Bad!«
    Ping Pinguin
watschelte zu Wawas Muschel. Noch immer stand sie neben dem Hauptmast, auf dem
Kocher ohne Feuer, zwischen, zwischen den Taurollen. Darüber wölbte sich ein
Gebirge aus steifgefrorenen, beschneiten Decken. Ping Pinguin lauschte, drehte
den Kopf, öffnete mühsam einen Schlitz in der Verpackung, reckte sich, so gut
er konnte. Dann stand er lange still, bis er sich davonschlich, an die Reling,
ins Wasser starrte, starrte und starrte...
    ... wo ihn
das Urmel entdeckte. »Ping Pinguin ist traurig!«
    »Errr ist
nicht nurrr trrraurrrig, errr weint!« brummte Babu. Ja, aus Ping Pinguins Augen
kullerten dicke Tränen. Alle scharten sich um ihn. »Was ist los?« fragte der
Professor.
    »Wawa ist
jetzt wirklich im Himmel!« schluchzte Ping Pinguin. »Er ist ganz steif und
atmet nicht mehr!«
    »Aber er ist
ja nicht verschwunden!« tröstete ihn der Professor. Und nachdem er ihn selber
in der Muschel untersucht hatte, erklärte er: »Er liegt noch immer im
Winterschlaf. Jedoch wird es höchste Zeit, daß er in die Wärme kommt und
aufwacht!«
    Da war Ping
Pinguin beruhigt. Am Abend saßen sie noch einmal unter der Petroleumlampe
zusammen, schlürften Wutz’ köstliche Suppe, freuten sich am Ofen und begannen
ihre Geschichten bereits mit »Weißt du noch...«
    Morgen
wollte Angakorok zu seinem Iglu wandern, der Professor den Anker lichten. Sie
waren so lange unterwegs gewesen, der Sommer am Pol war vergangen, der
Frühherbst gekommen.
    Das Urmel
schlug vor: »Laßt uns singen! Nichts ist in einer kalten Nacht an Bord eines
Schiffes so schön!« Es kramte die Drehorgel aus der Truhe — und als es die
Kurbel drehte und die wimmernden Töne von »O du lieber Augustin...« erklangen,
als Wutz dazu seelenvoll sang, da leuchteten Angakoroks Augen zwischen den
wuchernden Haaren, er griff nach des Professors Hand und rief: »Mein Freund
Hasenrück Schieferpong, nicht Licht — Musik soll Angakoroks Winternacht
erfüllen, seine Seele wird mitsingen und fröhlich sein, und sie wird an euch
alle denken, und dann wird die Nacht hell werden!«

    Der
Professor schenkte ihm die Drehorgel. Nicht einmal das Urmel widersprach. Tim
Tintenklecks aber
lachte und sagte: »Angakorok braucht trotzdem in seinem Iglu nicht im Dunkeln
zu sitzen!« Er holte eine Propangasleuchte aus dem Laderaum: »Nimm dieses
Licht! Das wird dir niemand neiden — und ich werde König Pumponell bitten, daß
er dir noch viele Gasflaschen bringt, damit das Feuer niemals ausgeht!«

     
    Angakorok
preßte der Reihe nach alle an die Brust und küßte sie schmatzend ab. Er war so
glücklich; er mußte an die frische Luft, um laut zu juchzen.
    Er polterte
die Treppe hinauf — und gleich polterte er sie wieder herab. »Auf Deck!
Schönstes Schauspiel des Himmels, zu eurem Abschied.«
    Sie warfen
sich Decken und Mäntel über, wo sie sie fassen konnten. Dann standen sie
draußen. Über den vereisten Masten stand das Firmament in Feuer. Am südlichen
Himmel erblühte ein blasser Bogen, eine Brücke aus Gold. Funken sprangen
darüber hin, überall züngelten Flammen empor, und plötzlich schien die ganze
Wölbung zu lodern. Strahlen überkreuzten sich, drehten sich wie Kreisel,
funkten blau-gelb-violett, dann wieder rot und grün oder blendend weiß. Das
Licht fügte sich zu einer Krone zusammen, groß und erhaben, wie der Himmelsdom.
    »Das ist ein
Nordlicht!« flüsterte der Professor. Und das Urmel quäkte leise: »Hoffentlich
haben mein Papa und meine Mama früher auch einmal so etwas Schönes gesehen!«



Unter Wasser geht eine Sonne auf
     
    Das Urmel
schwang sich vom Deck in die Luft und flog voraus, um Schusch ihr Kommen zu
melden.
    »Gottlob!«
plapperte der Gute. »Es war zämläch langweiläg här. Um mär ein wenäg dä Zeit zu
vertreiben, habe äch sogar zweimal das Blockhaus mät dem Scheuerlappen
ausgewäscht, aber es war nächt sehr lustäg!«
    Und der
kleine Wawa in seiner Muschel war erwacht. Als die Tage und Nächte wärmer
wurden, hatte der Professor die Decken entfernt, eine nach der anderen. Und von
Stunde zu Stunde wurden Wawas Atemzüge kräftiger. Bis er die Schnauze aus der
Muschel steckte und rief: »Kommen wir denn noch nicht endlich tschum Nordpol?«
    Er hatte all
die Zeit verschlafen und nichts gespürt,
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