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Urmel zieht zum Pol

Urmel zieht zum Pol

Titel: Urmel zieht zum Pol
Autoren: Max Kruse
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die tausend Gründe auf, die dagegen sprachen, aber er
predigte tauben Ohren. Auch Ping Pinguin schlug mit den Flügeln und rief: »Zum
Pol! Wir wollen dort Ostern feiern: mit Urmel-Eier-Suche! Auf in meine Heimat!«
    Der
Professor winkte ab. »Dort wäre es viel zu kalt für das Urmel, für Wutz, für
mich und Tim Tintenklecks!«
    »Pah!« Das
Urmel verzog nur geringschätzig die Mundwinkel. »Erfinde doch einfach eine
Kältetablette, so eine wie die Tauchtablette!«
    »Vielleicht
ließe sich aus der Milch des Manzanillabaumes ein Saft herstellen, der die
Körpertemperatur erhöht, eine Heizung von innen, wie ein mildes Fieber...«,
sagte der Professor gedankenvoll.
    »Na siehst
du, du kannst es!« rief das Urmel. Noch einmal hob der Professor abwehrend die
Hände. »Nein, nein!«
    »Der Stern,
der Meteorit...«, erinnerte ihn Tim Tintenklecks.
    Und Wutz
grunzte: »Ich erkälte mich sehr ungern, öfföff! Rote Nasen sehen abscheulich
aus. Aber wenn ich meine Schlummertonne dick auspolstern und mitnehmen könnte —
interessant würde es bestimmt!«
    »Ich will
dann auch immer brav sein!« bettelte das Urmel.



Seele-Fant bekommt einen rauhen Hals, und Wutz hält einen Vortrag
     
    Kaum einer
schlief gut in der folgenden Nacht. Lag es am Vollmond? Vielleicht. Lag es an
Gedanken, Wünschen, Bedenken oder Plänen? Vielleicht. Ganz sicher aber lag es
auch an der übermächtigen Sangesfreude Seele-Fants, die keine Grenze kannte und
kein Ende nahm. Er feuerte den gutmütigen Onkel Pitsch zu unglaublichen
künstlerischen Leistungen an, er lockte Ping Pinguin aus der Muschel zu sich
aufs Felsenriff. Dessen Stimmchen klang zwar dünn und kläglich, aber nicht
weniger begeistert als die seiner beiden riesengroßen Gefährten.
    Onkel
Pitsch, der Homo-Saurier aus der Stadt unter dem Korallenriff, war wieder
einmal zu Besuch gekommen.
    Was sie
schmetterten, klang im Durcheinander ihrer verschiedenen Tonhöhen und
Sprachfehler ganz unverständlich. Es sollte heißen:
     
    »Wir trotzen
dem Eis, wir trotzen dem Schnee,
    wir trotzen
der stürmischen, tobenden See.
    So ziehen
wir trotzig und kühn — jawohl! —
    als mutige
Männer zum eisigen Pol.«
     
    Dieser
prächtige Gesang von Eis und Schnee schien Seele-Fant allerdings nicht wohl
getan zu haben, denn am nächsten Morgen hatte er eine rauhe Kehle. Er krächzte
leise und heiser. Besorgt watschelte Ping Pinguin zum Professor, der Tropfen
und Gurgeln verordnete. Habakuk Tibatong war gerade bei wichtigen Experimenten.
Er war daher froh, daß Wutz sich anbot, die Behandlung des Patienten zu
übernehmen, und sich von Tim Tintenklecks hinausrudern ließ. Er versprach,
Seele-Fant später einmal in den Hals zu gucken. Wutz hatte sich mit allem
Notwendigen versehen, mit den Tropfen, einem Zahnputzbecher, einem Tuch, einem
Wollstrumpf und einer gewaltigen Sicherheitsnadel. Sie ließ Seele-Fant erst
kräftig gurgeln. Dann wickelte sie ihm einen feuchten Umschlag um den Hals. Wie
ein Schmuckstück blitzte die Sicherheitsnadel in seinem Nacken. Er legte
ergeben den Kopf auf den Stein und schielte sie von unten an.
    »Glaubst du
wirklich, daß nur kühne Männer zum Pol ziehen, öfföff?« fragte sie, auf sein
nächtliches Lied anspielend. »Frauen sind mindestens so mutig wie Männer!«
    Seele-Fant
blinzelte verlegen. Dann röhrte er heiser: »Zum Pol würdö öch görnö reusön und
ön dör zeugön: dö völön Walrossö, dö Robbön, dö Sööhundö... manchmal wönschtö
öch, öch wörö nöcht so alleun hör!«
    »Kleine
Seehunde sind sehr niedlich, öfföff!« Wutz nickte. Dann tätschelte sie
Seele-Fant auf den Rücken und bat ihn, den Umschlag nicht abzunehmen, bis der
Professor gekommen sei. Und dann ließ sie sich von Tim Tintenklecks
zurückrudern.
    Sie fand den
Professor in seinem Arbeitszimmer über große Nordlandkarten gebeugt.
    »Glaubst du,
daß es noch Urmel-Eier oder gar noch lebende Urmel geben könnte?« fragte sie
ihn.
    Er zog die
Augenbrauen empor. »Nein! — Trotzdem wäre es ein wundervoller Gedanke, wenn es
ein grünes Tal dort gäbe, wo ein vulkanischer warmer See für den üppigen
Pflanzenwuchs sorgt. Dampf lagert über der Wasserfläche. Tropische Bäume
wuchern — und die Urgeschöpfe bewegen sich schwerfällig auf ausgetretenen
Pfaden, oder sie schwingen sich gleich Vögeln in die Luft! — Jedoch: das ist
reine Phantasie. Es gibt keine unentdeckten Täler mehr. Eines aber ist sicher —
die Heimat der Urmels war dort, wo ein großer Gletscher ins Meer
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