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Urmel spielt im Schloß

Urmel spielt im Schloß

Titel: Urmel spielt im Schloß
Autoren: Max Kruse
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Taxi. Die Taxifahrer in Pumpolon waren es gewöhnt,
Seine Majestät als Gast zu haben, es war für sie etwa so normal wie für die
Kopenhagener, ihrem König auf dem Fahrrad zu begegnen.
    Auch in den
Bibliotheken und Geschäften, die Pumponell mit Naftaline aufsuchte, fiel
niemand vor Aufregung in Ohnmacht. Sicher wurde er besonders aufmerksam bedient
— aber darüber hinaus behandelte man ihn so, wie er behandelt zu werden
wünschte, als ein prominenter, aber gewöhnlicher Mensch. Mehr als über seinen
Besuch tuschelte man über die reizende Begleiterin... Naftaline spürte es wohl,
und sie wußte nicht recht, war es ihr peinlich oder war sie stolz.
Wahrscheinlich eher stolz.
    Nach drei
Stunden aber waren sie beide erschöpft. Es strengt an, so viele Besorgungen zu
machen. Der König ließ sich alle Pakete ins Schloß schicken und lud seine Begleiterin
in ein Café ein.
    Da saßen sie
nun in einem kleinen Garten inmitten der Stadt, unter einem Sonnenschirm und
verdeckt hinter Hecken. Und hier, bei Käsekuchen und Mokka, lehnte sich
Naftaline vertraulich vor, so daß ihr die Haare über die Stirn fielen, sie
legte ihre Fingerspitzen auf Pumponells Arm und fragte: «Nun verraten Sie mir
einmal, für wen haben Sie das alles gekauft? Ich habe doch wohl verdient, es zu
erfahren, oder?»
    Fast hätte
er sich am Kaffee verschluckt. Er hustete: «Natürlich für mich...», stammelte
er.
    «Soso—»,
sagte sie lachend. «Für sich kaufen Sie einen ganzen Jahrgang Klatschzeitungen
und eine Buchhandlung voll Kitschromane, für sich besorgen Sie eine
Babymatratze, die gar nicht weich genug sein kann, denn das Baby ist gewaltig
groß und schwer... Bitte, das waren Ihre eigenen Worte! — Offenbar halten Sie
irgendwo einen Riesensäugling versteckt? Für sich leihen Sie sich in der
Universitätsbibliothek Zwengelmanns ‹Die Tiere der Urzeit und ihre Nachkommen›
sowie Dr. Sürrenders ‹Verhaltensforschung in neuer Sicht›, Bücher über Vulkane,
über den Nordpol, über den Vogelflug und über die Meeresströmungen! Sie kaufen
für sich Toilettenseife, die wie eine ganze Parfümfabrik duftet, um nicht zu
sagen stinkt, Sie bestellen dutzendweise Waschlappen, Staubtücher,
Scheuerlappen, Reinigungsmittel, Kochtöpfe, Oberhemden — übrigens Größe 46,
während Sie selbst wohl 56 haben dürften...»
    «Oh, das
haben Sie sich alles gemerkt?» stöhnte er.
    «Das habe
ich!» sagte sie. «Und ich werde einen Artikel darüber schreiben mit dem Titel: ‹Wo
ist König Pumponells Wunderbaby? Das frühreife Kind schläft auf einer Matratze
mit blauen Blümchen, studiert Naturkunde, trägt weiße Hemden und hat einen
Riesenverbrauch an Seife, Reinigungsmitteln und Haushaltsgegenständen!› Wie
gefällt Ihnen das?»
    «Gar nicht!»
rief er entsetzt. «Fräulein Naftaline, Sie sind ja ein Ungeheuer!»
    «O nein, nur von der Presse!»
    «Das ist
dasselbe!»
    «Wie Sie
wollen. Jedenfalls wird mich nichts daran hindern, einen tollen Bericht über
Sie zu schreiben, es sei denn...»
    «Es sei
denn?»
    «Es sei
denn, Sie halten Ihr Versprechen und fliegen mit mir dorthin, wo Sie auch Ihre
Einkäufe hinbringen!»
    «Unmöglich!»

    «Ich
schreibe...», sie zückte einen Bleistift.
    «Hören
Sie—», sagte er, «ich habe einen netten alten Freund...»
    «Das
Riesenbaby?»
    «Nein, einen
Wissenschaftler!»
    «Wie
interessant. Und er hat ein Riesenbaby?»
    «Nein, nein,
um Gottes willen, nein!»
    «Was hat er
dann? Eine Haushaltsschule für angehende Nilpferddamen im Backfischalter?»
    «Lächerlich!»
    «Ich werde
es schreiben, und man wird es mir glauben. Aber vielleicht mache ich aus dem
Professor lieber eine Professorin, das wirkt pikanter. Mein lieber
Pumponell...»
    Ach, sie
lächelte leider ganz allerliebst!
    «...mein
lieber Pumponell, es hilft Ihnen gar nichts. Wenn Sie mich nicht freiwillig zu
Ihrem Professor bringen, dann stöbere ich ihn alleine auf. Und vielleicht komme
ich dann gerade zu ihm, wenn es ihn und Sie am allermeisten stört...»
    König
Pumponell schaute seinen angriffslustigen Gast an. Die Angriffslust stand ihr
so gut: zum Teufel mit dem Professor! — Ach nein, das doch wieder nicht.
Immerhin, er hatte es ihm ja geweissagt, daß man das Inselgeheimnis nicht ewig
bewahren konnte — oder? Oder gab es vielleicht eine Möglichkeit, dieser netten
jungen Dame zu helfen, ihr einen Gefallen zu tun, ihr Freund zu bleiben (wie
gerne wollte er das!) und gleichzeitig dem Professor wieder für viele Jahre
Ruhe zu verschaffen?
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