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Urmel spielt im Schloß

Urmel spielt im Schloß

Titel: Urmel spielt im Schloß
Autoren: Max Kruse
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noch gar nicht, und schon bin ich mitten in der aufregendsten Story: ‹Wie
eingeweihte Kreise aus sicherer Quelle erfahren, wird König Pumponell demnächst
die siebenundsiebzigjährige Millionärin Konstantinopola Willimosa heiraten...›»

    «Tatsächlich?»
rief Zwengelmann. «Davon wußte ich ja noch gar nichts!»
    «Ach, die
gibt es doch nicht! Das ist reine Erfindung. Macht nichts, drei Tage später
erscheint dann eine Richtigstellung — und wieder eine erfundene Geschichte —
die Rotationsmaschinen drehen sich, und Naftaline schreibt, schreibt,
schreibt...»
    Ein Gedanke
dämmerte Zwengelmann: War Naftaline vielleicht genau im richtigen Augenblick
erschienen? Sollte er sie auf Tibatongs Fährte setzen? Konnte sie das Geheimnis
der Insel lüften, den Professor mitsamt seinen Seeungeheuern, Urmeln und
sprechenden Hausschweinen durch den Zeitungskakao ziehen, der Lächerlichkeit
preisgeben, ohne daß er, Direktor Doktor Zwengelmann, sich dabei die Hände
schmutzig machte? Mit noch größerem Vergnügen als zuvor schlürfte er das kühle
Getränk.



König Pumponell ist
in Gefahr, mehr zu verraten, als er möchte
     
    Am
Spätnachmittag wußte Naftaline genausoviel von Professor Habakuk Tibatong und
König Pumponell wie Zwengelmann selber. Das war viel und wenig zugleich. Auf
jeden Fall war es genug, Naftalines Ehrgeiz anzustacheln, mehr zu erfahren. Sie
glaubte, daß sie dazu nichts als einen klugen Kopf, Bleistift, Notizbuch,
Fotoapparat und Tonbandgerät und natürlich ein wenig Glück brauchte. Aber sie
rechnete nicht mit ihrem Herzen.
    Jedenfalls —
am Abend verließ sie die Wohnung ihres Onkels in der Tuntukullerstraße 7,
nachdem sie den neuen Faltenrock und die hellblaue Seidenbluse angezogen hatte,
die ihr so gut standen. In der Umhängetasche hatte sie Bleistift und Papier —
die anderen Sachen brauchte sie heute noch nicht, sie wollte ja nur einen Blick
auf das leere Schloß und den verlassenen Park werfen.
    Sie ließ
sich von der Straßenbahn durch Pumpolon rütteln, quer durch die Stadt, über den
Pumpoplatz, durch die Lonierstraße und die Opmuper Allee, wo das
Naturkundemuseum stand, nicht weit vom Schloß.
    Auf dem
Platz vor Schloß Pumpbrunn stand das Denkmal Fürst Homolka des Verschuldeten,
dem das Land seinen Namen verdankte: Er hatte sich den ganzen Staatshaushalt
zusammengepumpt. Das war schon lange her. Auf ihn waren fünfundfünfzig Könige
gefolgt. Fürst Homolka schwang eine Axt in markiger Faust und trug auf dem Kopf
einen Helm mit Hörnern.
    Schloß
Pumpbrunn sah verlassen und heruntergekommen aus, viele Fensterläden waren
geschlossen, das Unkraut in der Allee war lange nicht mehr gejätet worden, und
an manchen Stellen bröckelte der Putz von den verzierten Fassaden. Das Schloß
war in einer Zeit gebaut worden, deren Stil man Rokoko nennt — es war
eigentlich ein hübsches Gebäude, und viele Fremde kamen, um es zu
fotografieren.
    Nirgends war
eine Wache zu sehen, kein Soldat mit Säbel und Bärenfellmütze. Keine Fahne
wehte auf dem Dach, kein Rauch stieg aus den zahlreichen Schornsteinen. Wohl
war das kunstvoll geschmiedete Portal verschlossen, aber als Naftaline um den
Park herumschlenderte, sah sie, daß die Mauer an einer Stelle zusammengestürzt
war und daß sie bequem durch die Lücke schlüpfen konnte.
    Geheimnisvoll,
fast ein wenig feierlich erhoben sich hier die uralten Bäume, Naftaline wirkte
klein, winzig und zerbrechlich unter ihnen. Der Himmel war fahl, es dämmerte,
und die Vögel zeterten vor dem Schlafengehen. Fast kniehoch war das Gras auf
der großen Wiese an der Rückseite des Schlosses. Naftaline fand aber, daß dies
alles nur mäßig interessant für Zeitungsleser sei, und sie wollte sich für
heute zurückziehen, als mit ohrenbetäubendem Getöse ein Hubschrauber über das
Dach flog und in der Mitte des Rasens landete. Aha, dachte Naftaline, es geht
los! Menschenskind, du hast mehr Glück als Verstand.
    Sie zog sich
hinter einen Busch zurück. Sie duckte sich, sie beobachtete scharf, sie prägte
sich jede Einzelheit ein.
    Als die
Maschine stand, pendelten die Rotorblätter aus, hingen wie schlaffe Blätter
herab. Ein rundlicher Mann kletterte links aus der Maschine, rechts ein junger.
Der ältere reckte sich und gab dem jüngeren einen Stups: «Geschafft!»
    Naftaline
verließ ihr Versteck. Sie hatte sich etwas ausgedacht: «He—», rief sie, «Sie
können doch nicht einfach hier landen! Wissen Sie denn nicht, daß Sie im Park
des Königs sind?»
    «O
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