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Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)

Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)

Titel: Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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zunahm, nahm er etwas in sich wahr, das er eigentlich seit Langem aufgegeben hatte.
    Hoffnung.
    Das heisere Arabisch gipfelte in einem wüsten Fluch, bevor es in ein mit einem schweren Akzent belastetes Englisch des wütenden Ehemannes überging. »Wer sind Sie, dass Sie mit Ihren ungläubigen Hunden in mein Heim eindringen und mich auf diese beschämende Weise entehren?«
    Endlich gaben die Seile seinen verzweifelten Bemühungen nach, sich zu befreien, und fielen von Ashs Handgelenken. Genau in dem Moment, als er eine Hand hob, um sich die Augenbinde abzunehmen, hörte er eine Stimme, die er überall wiedererkannt hätte. Sie war ebenso entschlossen wie damals, als sie von ihm verlangt hatte, seine Spielzeugkriegsschiffe herzugeben, da er anderenfalls damit rechnen müsse, dass sie im Badezuber versenkt würden.
    Ash riss sich die Binde herunter und schaute verblüfft in kühle graue Augen, die ihm so vertraut waren wie seine eigenen bernsteinfarbenen.
    Die knappen Worte seines Retters fühlten sich in der schwülen Hitze Marokkos wie scharfkantige Eisscheiben an. »Ich bin sein Bruder!«
    »Lord Dravenwood wird Sie bald empfangen.«
    »Das hatte ich befürchtet«, murmelte Ash, während er sich von dem Stapel Sandsäcke abstieß, an den er sich gelehnt hatte, um dem jungen Korporal mit den geröteten Wangen zu folgen. Es war unmöglich zu sagen, ob die streng förmliche Art des Mannes an seinem militärischen Training lag oder ein Ausdruck von Missbilligung war. Ash vermutete Letzteres.
    Als er sich unter der Klappe des geräumigen Zeltes hindurchduckte und so den Strahlen der gnadenlosen Wüstensonne entkam, kostete es ihn Mühe, sich einen anerkennenden Pfiff zu verkneifen. Das musste der Neid seinem Bruder lassen, es war ihm gelungen, eine Oase makelloser englischer Kultur selbst in der Wildnis der marokkanischen Wüste unmittelbar vor den Mauern Marrakeschs zu erschaffen. Wenn die Zeltwände nicht leicht im Wind wehen würden und nicht eine feine Sandschicht auf sämtlichen Oberflächen läge, hätte Ash ebenso gut gerade in den eleganten Salon in einem Londoner Stadthaus schlendern können.
    Ein türkischer Teppich belebte das Zeltinnere mit smaragdgrünen und granatroten Farbtupfern. Der Teppich war zweifellos aufgerollt und den ganzen weiten Weg von England hertransportiert worden, obwohl ein ebenso kostbarer mühelos für ein paar Pfund auf irgendeinem der Basare vor Ort hätte gekauft werden können. Ein einzelnes Platzset aus Porzellan, Bleikristall und Silber zierte einen rechteckigen Tisch mit einer weißen Leinentischdecke. Es gab sogar einen Teewagen auf Rollen mit einem goldgeränderten Worcester-Teeservice, um es seinem Bruder und seinen obersten Kommandanten zu ermöglichen, dem zivilisiertesten Ritual der Engländer zu frönen – dem Nachmittagstee.
    Der geschnitzte Fuß einer griechischen Chaiselongue lugte unter einem Paravent hervor, hinter dem sich der zur privaten Nutzung abgetrennte Zeltbereich verbarg. Das Regal aus Mahagoni daneben beherbergte eine ordentliche Reihe ledergebundener Bücher. Dieses Mal konnte Ash ein Schnauben nicht ganz unterdrücken. Vermutlich standen sie auch noch alphabetisch sortiert. Selbst als kleiner Junge hatte sein Bruder als Lektüre immer schon schwere Wälzer mit militärischen Abhandlungen bis ins letzte Detail über irgendwelche Schlachten und die Gedankenspiele griechischer Philosophen bevorzugt, während Ash selbst am liebsten die Heldentaten gelesen hatte, die den Köpfen von Männern mit so fruchtbarer Fantasie wie Sir Walter Scott und Daniel Defoe entsprungen waren. Das heißt natürlich nur, wenn er nicht gerade ein Bändchen mit unartigen Zeichnungen durchblätterte, das einer der keckeren Lakaien seines Vaters ins Haus geschmuggelt hatte.
    An der westlichen Wand des Zeltes hing an einem dünnen Strick, der oben an dem Zeltgestänge befestigt war, ein Landschaftsgemälde in goldverziertem Rahmen. Ash betrachtete blinzelnd das Gemälde und erkannte schließlich den romantischen Malstil John Constables. Er war sich fast sicher, ein Original vor sich zu haben.
    Er schüttelte verwundert den Kopf, fragte sich, wie viele Wagen, Pferde und Kamele nötig gewesen waren, die Ausstattung seines Bruders hierherzutransportieren. Ash hatte sich immer etwas darauf eingebildet, dass er mit leichtem Gepäck reiste. Er hatte es auf die harte Tour gelernt, einen hastigen Rückzug mit nicht mehr als den Kleidern auf dem Leib anzutreten – und manchmal noch nicht
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