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Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)

Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)

Titel: Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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sie in Vorbereitung auf ihren neuen Stand im Leben das Fluchen noch nicht aufgegeben hatte.
    Ehe sie sich das Wasser aus den Augen wischen konnte, erklang ein neuerlicher Knall, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Krachen hinter ihnen. Sie wirbelten herum und sahen gerade noch, wie der hohe Hauptmast des Schiffes einknickte und umfiel wie ein gefällter Baum. Der mächtige Stamm war unter dem tödlichen Gewicht einer Kanonenkugel gebrochen. Clarinda war sich vage bewusst, dass Poppys Fingernägel sich in die zarte Haut ihres Unterarmes bohrten, aber alles, was sie tun konnte, war, in hilflosem Entsetzen zuzuschauen, wie Unmengen von Segeltuch nach unten rauschten und das Deck unter sich begruben.
    Sie waren gezwungen, einander loszulassen und die Reling hinter ihnen zu umklammern, als das Schiff sich zur Seite neigte und nach links steuerte, eine Vorwärtsbewegung war ohne Hauptmast nicht mehr möglich. Heisere Schreie drangen an ihre Ohren, untermalt von dem schrillen Schmerzensschrei irgendeiner armen Seele an Bord. Seeleute kamen aus allen Richtungen an Deck geeilt, manche mit Wassereimern bewaffnet, andere fielen auf die Knie, um die glimmenden Flämmchen am Toppsegel mit den bloßen Händen auszuschlagen.
    Als das Schiff sich in einem schwindelerregenden Kreis zu drehen begann, kam ein junger Leutnant vom Hinterdeck zu ihnen gerannt. »Bitte, meine Damen, Sie müssen unter Deck. Wir werden angegriffen.«
    »Angegriffen?«, wiederholte Clarinda, die wild hervorgestoßenen Worte verwirrten sie noch mehr. Soweit sie wusste, gab es niemanden mehr, der sie angreifen konnte. Seit der endgültigen Niederlage Napoleons waren die meisten von Englands Feinden unterworfen worden, wenn nicht mit Schwertern und Kanonen, dann durch Abkommen und Verträge. Niemand hatte es in den letzten zwei Jahrzehnten gewagt, Englands Vorherrschaft auf den sieben Weltmeeren infrage zu stellen.
    Der Seemann blieb stolpernd vor ihnen stehen und riss sich seinen Zweispitz vom Kopf, er erinnerte sich offenbar auch unter solch schwierigen Umständen seiner Manieren. »Ich fürchte, es sind Piraten, Miss.« Sein Adamsapfel hüpfte in seinem Hals auf und nieder, als er sich mannhaft bemühte, seine eigene Angst herunterzuschlucken. »Korsaren.«
    Poppy schnappte nach Luft. Man musste dieses Wort nur flüstern, um selbst in den unerschrockensten Seelen Furcht und Entsetzen zu säen. Eltern hatten es benutzt, um Generationen von aufrührerischen Kindern im Zaum zu halten, flüsterten in ihre kleinen Ohren, dass die Piraten kommen und sie aus den Betten stehlen würden, falls sie nicht artig ihr Abendgebet sprachen oder auch den letzten Löffel Haferbrei aufaßen.
    Die Korsaren waren berüchtigt dafür, im Mittelmeer ihr Unwesen zu treiben. Sie überfielen jedes Schiff, das ihnen begegnete, auf der Suche nach Beute, keine davon so wertvoll wie die Frauen, die sie gefangen nahmen und auf den Sklavenmärkten der Barbarenküste in Nordafrika und Arabien verkauften.
    Und die hatten noch Glück.
    »Das verstehe ich nicht.« Clarinda biss die Zähne aufeinander, um ihr plötzliches Klappern zu unterbinden. »Ich dachte, die Franzosen hätten die Korsaren unterworfen, als sie Algerien erobert haben.«
    »Die meisten von ihnen haben da wirklich aufgegeben. Das hat jedoch nur dazu geführt, dass die Unverbesserlichen jetzt noch rücksichtsloser und verzweifelter sind.« Der Leutnant warf einen Blick auf das wachsende Chaos hinter sich. »Bitte, Miss, wir haben nicht viel Zeit, Sie beide in Sicherheit zu bringen.« Seine Stimme brach, sie verriet seine Jugend und wie dicht er davor stand, selbst in Panik zu verfallen. »Wenn sie entern …«
    Es war nicht nötig, dass er zu Ende sprach. Und Clarinda hatte nicht das Herz, ihn darauf hinzuweisen, dass, wenn die Korsaren tatsächlich enterten, es keinen Ort an Bord des Schiffes gab, an dem sie oder Poppy – oder irgendeine andere Frau, die Ehefrau des Kapitäns und ihre eigenen Zofen eingeschlossen – vor dem brutalem Zugriff der Piraten sicher wären.
    Sie schloss ihre Finger um Poppys zitternde Hand und zauberte aus den Resten ihres rasch schwindenden Mutes ein beruhigendes Lächeln auf ihre Lippen. »Komm, meine Liebe. Es sieht ganz so aus, als stünde uns ein viel größeres Abenteuer bevor, als wir geahnt haben.«
    Der Leutnant zog seine Pistole und ging zurück übers Deck, er bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Hand in Hand wie zwei kleine Mädchen gehorchten sie. Sie waren schon zur Hälfte durch den engen
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