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Unwiderstehlich

Unwiderstehlich

Titel: Unwiderstehlich
Autoren: Lisa Renee Jones
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Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben. Sie musste jederzeit bereit sein, Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie sich so gar nicht dazu in der Lage fühlte. Die Firma zerbrach unter ihren Händen, und jetzt zerrte sogar schon das Klingeln des Telefons an ihren Nerven.
    Der Anruf kam über die private Leitung, das konnte nur ihr Vater sein. Sie holte tief Luft, griff zum Hörer und rang sich ein Lächeln ab, von dem sie hoffte, dass es in ihrer Stimme mitschwingen würde. Sie hatte allerdings keine Gelegenheit, diese Strategie zu testen, denn bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte, hörte sie eine tiefe, wohlbekannte Stimme, die durch ihren ganzen Körper vibrierte. „Die engagierte Chefin arbeitet natürlich auch am Wochenende.“
    Ryan! Sie war einen Atemzug lang wie gelähmt, und ein vielversprechendes Kribbeln durchlief sie. Das Ganze fühlte sich an wie ein kühler Luftzug an einem heißen Tag: Völlig unerwartet, aber gar nicht unangenehm, sondern geradezu überwältigend lustvoll. „Wie bist du an diese Nummer gekommen?“
    „Ich bin sehr kreativ“, beteuerte er und fügte mit verführerischem Unterton hinzu: „In jeder Hinsicht.“
    Sarah verstand die Doppeldeutigkeit seiner Worte, was natürlich seine Absicht gewesen war. Das eigentliche Problem war allerdings, dass es ihr gefiel. Sie gab sich große Mühe, ihre Antwort kühl und unbeteiligt klingen zu lassen, was ihr unter den Umständen auch bemerkenswert gut gelang. „Da du diese enorme Kreativität genutzt hast, um meine direkte Durchwahl herauszufinden, nehme ich an, dass du einen guten Grund für deinen Anruf hast.“
    „Komm runter, und dann verrate ich ihn dir“, sagte er.
    Sie blinzelte irritiert und schüttelte den Kopf. Offenbar war sie so müde, dass sie sich verhört hatte. „Nach unten? Was soll das?“
    „Ich würde ja zu dir raufkommen“, entgegnete er. „Aber Big Mike hält das für keine gute Idee.“
    Big Mike. Der Wachmann. Der Wachmann in ihrem Gebäude. Ryan war in ihrem Gebäude. Sie warf den Hörer hin, sprang auf und rannte zum Aufzug. Ihr Herz schlug wie verrückt. Wenn die Mitarbeiter Ryan hier sahen, dann würden sie doch glauben … dass sie die Firma verkaufen oder zumindest mit der Konkurrenz fusionieren wollte. Sie würden das Schlimmste vermuten, um ihre Jobs fürchten, von sich aus kündigen. Dann würde hier endgültig alles auseinanderfallen.
    Ungeduldig drückte sie auf den Knopf neben der Aufzugtür, immer wieder und wieder, als könne sie den Lift auf diese Weise dazu bewegen, die 20 Stockwerke schneller zu bewältigen. Als sie endlich einsteigen konnte und abwärtsfuhr, ging es ihr viel zu langsam. Ihr Puls raste.
    Big Mike arbeitete seit zehn Jahren für Delights. Er kannte jeden. Er würde alles weitererzählen. Mitarbeiter redeten nun mal. Das war nur menschlich. Aber Big Mike war äußerst zuverlässig, wie konnte er Ryan erlauben, ihre private Nummer anzuwählen? Mit seinen gut 1,90 Metern, seinen enorm breiten Schultern und einer beeindruckend ausdruckslosen Miene war Big Mike nicht nur der furchterregendste Mann im Gebäude, sondern vermutlich in der ganzen Stadt. Jedenfalls für Leute, die seine sanfte Teddybär-Seite nicht kannten.
    Der Unterschied zwischen Ryan und Mike war der zwischen intellektueller Größe und Muskelkraft. Big Mike verschaffte sich allein durch seine körperliche Präsenz Respekt. Ryans Wirkung war reines Kalkül, als Munition für seine messerscharfe Zunge nutzte er wahlweise Charme, Geist oder Sarkasmus – oder eine Kombination aus allen dreien.
    Als Sarah aus dem Aufzug in die Empfangshalle stürmte, hörte sie bereits, wie Ryan gerade irgendetwas über einen Quarterback und dessen letztes Football-Spiel erzählte. Sie verdrehte entnervt die Augen. Deshalb war Big Mike also so entgegenkommend gewesen. Ryan hatte schlicht seine Hausaufgaben gemacht und wusste daher, dass der Wachmann früher der Linebacker für das Team der University of Texas gewesen war. Ryan hatte ihn einfach mit Fachsimpeln über Football eingelullt. Als sie um die Ecke bog, sah sie zu ihrem Entsetzen, dass er sogar noch weiter gegangen war: Er stand in einem orangefarbenen Football-T-Shirt der University of Texas vor Mikes Schreibtisch.
    Sarah drückte ihren Rücken durch und schritt energisch auf die beiden Männer zu. Ihre Absätze knallten auf den glänzenden weißen Bodenfliesen. Ryan lehnte an Mikes Tischplatte und schaute in ihre Richtung, trügerisch lässig, wie ein Tiger, der
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