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Unverstanden

Unverstanden

Titel: Unverstanden
Autoren: Karin Slaughter
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gütigen. Seine Lider flackerten. Kurz bevor er ohnmächtig wurde, kam sie, oder er glaubte es zumindest. Wie auch immer, sie stieß ihn von sich weg wie einen Hund, der von ihrem Teller naschen wollte. Martin fiel nach hinten, seine Hände rutschten über den Fliesenboden. Sein Gesicht war so nass, dass es glänzen musste. Mit jetzt wieder aufflackerndem Ekel schaute sie auf ihn hinunter.
    »Was bist denn du für einer?«, blaffte sie und zog sich die Unterwäsche hoch. Ihr Bauch quoll über den Slip wie ein Muffin über seine Papiermanschette.
    »Ich wollte …«
    »Schnauze, Trottel.« Sie griff in ihre Handtasche, als suche sie etwas.
    Martin hatte es inzwischen geschafft aufzustehen,
aber ihm war so schwindelig, dass er sich nicht traute, sich zu bücken und die Hose hochzuziehen. Er stützte sich mit einer Hand am Tisch ab. Er sollte sich jetzt verhalten wie ein Gentleman, sie vielleicht zum Abendessen einladen oder einen Drink vorschlagen. »Unique, vielleicht könnte ich …«
    »Zieh deine Hose hoch, Trottel. Dein Würstchen da ist kein berauschender Anblick.«
    »Oh, Entschuldigung.«
    »Trag mir den Karton da zum Auto«, befahl sie. »Und hör auf mich so anzustarren. Nur weil du mal am Honig geschleckt hast, heißt das noch nicht, dass du diesen Bienenstock zum Summen bringen kannst.«

Martins Unique-Problem oder Für immer: An und Mary

    An schnäuzte sich die Nase mit einem Papiertaschentuch, während ihr die Tränen übers Gesicht strömten. Sie sollte einfach nicht Haus Bellomont anschauen, wenn sie ihre Periode hatte. Oder vielleicht war sie auch ganz allgemein sehr sensibel. Sie bekam diesen Martin Reed einfach nicht mehr aus dem Kopf. Wie er sie mit Tempe Brennan verglichen hatte … wie er gekotzt hatte, als er die Tatortfotos sah. (An hatte schon immer eine Schwäche für Männer mit empfindlichem Magen gehabt. Ihr Vater hatte sein ganzes Leben lang an Magengeschwüren gelitten.) Und dann war da noch dieser Blick, mit dem er sie angeschaut hatte, als sie ihn aus der Zelle holte - zum Teil verwirrtes Kind, zum Teil sadistisches Monster. Würde sie je den wahren Martin kennenlernen?
    An versuchte, sich wieder auf den Film zu konzentrieren, und war sich dabei bewusst, dass das
Nachdenken über Martin Reed nie zu etwas Gutem führen würde. Es war nämlich so, dass An nach Charlies Tod unter anderem deshalb keine Beziehung mit einem anderen Mann eingehen konnte, weil ein kleiner Teil von ihr immer Angst hatte, geschlagen zu werden. Sie gab es nicht gern zu (das war ein Geheimnis, das sie nur mit Jill geteilt hätte), aber sie hatte schon vor langer Zeit beschlossen, dass der perfekte Mann für sie wahrscheinlich einer wäre, der sie nie anrühren oder ihr so nahekommen würde, dass er ihr etwas tun könnte.
    Kurz gesagt, ihr Idealpartner wäre Jill, aber mit einem Penis.
    »Uch«, stöhnte sie. Sie war zu alt, um sich noch einmal zu ändern, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie den Homo-Sticker nicht mehr von ihrem Auto kratzen konnte, ohne den Lack zu beschädigen.
    An versuchte, sich auf den Film zu konzentrieren. Zur Sicherheit hatte sie den Karton mit Papiertaschentüchern im Schoß. Gillian Anderson lag als Lily Bart im Bett und schluckte eben die letzte, fatale Dosis Laudanum, als Ans Telefon klingelte.
    »Hallo?«, schniefte sie.
    »Ach, Scheiße«, sagte Bruce. »Ich wusste, ich hätte dich nicht allein nach Hause fahren lassen dürfen. Wo doch Jills Todestag ist und so.«

    An schaute sich das auf Pause geschaltete Bild der im Bett liegenden Gillian Anderson an. Sogar noch so kurz vor dem Tod war sie wunderschön. An konnte nichts gegen den Gedanken tun, dass Jill genauso ausgesehen hätte, wenn sie wirklich gelebt hätte und wirklich gestorben wäre. War Laudanum nicht ein Opium-Derivat? Man hätte Jill mit Sicherheit etwas davon gegen die Schmerzen gegeben.
    »An?«
    »Ich bin okay«, sagte sie und schniefte noch einmal. »Was gibt’s?«
    »Der Wachmann von Southern Toilet Supply hat eben angerufen. Er hat in der Toilette eine Leiche gefunden.«
    »Was?«, keuchte An, und vor Schreck setzte ihr Herz einen Schlag aus. Bruce erklärte ihr, was passiert war, aber Ans Hirn konnte seine Sätze nicht zu einem Sinn verarbeiten. Während sie sich anzog, ins Auto stieg, zu Southern Toilet Supply fuhr, bei der Polizeiabsperrung ihre Marke zeigte und dann in die Toilette ging, konnte sie noch immer nicht so recht begreifen, was Bruce ihr gesagt hatte.
    Doch dann sah sie die auf dem Boden
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