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Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich!
Autoren: Bobby Dekeyser
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immer rasanter. Mein Terminkalender glich dem eines Rockstars auf irrer Tournee, zehn Länder in einer Woche waren nicht ungewöhnlich. Treffen hier, Sitzung dort, ein Empfang, eine Einladung, eine Eröffnung, das war auch anstrengend. So viel ereignete sich, dass die Zeit kaum greifbar ist, weil alles vorbeirauscht wie im Abspann eines Films. Was mich immer wieder überraschte, war die Wirkung, die unsere Geschichte hatte: Vor allem Menschen, die im Smalltalk gerne vorgeben, schon fast alles erlebt und gesehen zu haben, scheinen von der wilden Kurvenfahrt fasziniert zu sein. Optimismus scheint einen in der heutigen Zeit zu einem Exoten zu machen, zu einer seltenen Spezies. Manchmal wundert mich das, denn im Kern geht es doch nur um ewige Werte, um Hartnäckigkeit und um harte Arbeit. Arbeit: In meinem Fall auch eine Pressekonferenz mit Philippe Starck in Mailand, bei der dutzende Fotografen und Kamerateams vor der Tür warteten. Immer wieder tauchten Meldungen in Klatschspalten auf, auch wenn wir versuchten, diese Art von Öffentlichkeit gering zu halten. Reporter eines belgischen Magazins begleiteten mich einige Tage lang und kamen mit der Geschwindigkeit kaum klar. (Hinterher schrieben sie eine Geschichte, in der mein Flugzeug und wieder der Aston Martin im Vordergrund standen; ich hätte es mir denken können.) Oft reiste ich in dieser Phase nach Asien, wo wir eine neue Möbelmanufaktur aufbauten  – und unser eigenes Paradies erschufen: »Dedon Island«, ein tropisches Resort auf der Insel Siargao, etwa eine Dreiviertelstunde im Wasserflugzeug entfernt von Cebu.
    Zwei Jahre dauerten die Arbeiten, und heute ist es ein Anwesen wie von einer Postkarte: Palmen am Strand, feiner, weißer Sand, so fein wie Puder, dahinter eine Lagune. Zwei Freunde, die Architekten Jean-Marie Massaud und Daniel Pouzet, lebten mit ihren Familien und mit uns wochenlang auf der Insel und schufen ein Ensemble aus pagodenähnlichen Holzhäusern. Was uns vorschwebt, ist eine Art exklusive Jugendherberge: Man soll Dinge erleben können, Früchte und Gemüse ernten, gemeinsam kochen lernen, zu Bootsexkursionen aufbrechen, um Fisch zu fangen. Unsere Gäste sollen in einem »Barefoot State of Mind« ankommen, das Barfußleben genießen. Einfach, bodenständig, trotzdem ästhetisch und exklusiv. Ich sehnte mich selbst oft nach einfachen Dingen, nach mehr Naturverbundenheit, danach, mehr mit mir im Einklang zu leben; die besten Tage waren jene mit der Familie und mit Freunden auf der Insel, wenn abends die Sonne vor Siargao versank, wenn jemand die Gitarre herausholte, das Feuer brannte und wir sangen und Bier tranken. Es geht auch hier darum, Erfahrungen zu teilen, als Familie, als Gruppe, wonach man sich fühlt. Das Ego kann zu Hause bleiben. Ich glaube, dass die Einfachheit, die Reduktion aufs Wesentliche, der neue Luxus ist. In einer Welt, die überfrachtet ist mit allem, mit Informationen, mit Produkten, besinnen wir uns am Ende doch wieder auf die Dinge, auf die es ankommt. Ist es ein Widerspruch, viel und hart zu arbeiten und gleichzeitig davon zu träumen, ganz bescheiden zu leben? Ich machte mir oft Gedanken darüber, ob alles so richtig gewesen war. Für die Familie, für Ann-Kathrin, für mich. Aber welche Option blieb? Alles war gekommen, wie es kommen sollte. Verantwortung ist eine wichtige Sache, wenn sie nicht, wie für manche Industriebosse, aus Zahlen auf dem Papier besteht. Wieder und wieder musste ich für meine Freiheit kämpfen, so war es immer gewesen. Das Spiel blieb gleich, nur die Spielfelder hatten sich geändert. Wir versuchen, nach unseren eigenen Regeln zu spielen, das reden wir uns ein. Doch wir spielen gegen ein System, darüber bin ich mir im Klaren, und vielleicht werden wir am Ende nicht gewinnen. Verlieren aber kann ich gar nicht. Verloren hätte ich nur, wenn ich die Regeln angenommen hätte, die Regeln der Dividenden, der Anlagemodelle, der Effizienz am Arbeitsplatz, des kurzfristigen Scheinerfolgs, diesen ganzen Kram, der unser Leben nicht mehr lebenswert erscheinen lässt. Wer lebt heute nicht gegen seine Natur? Wer ist wirklich glücklich? Ich habe glückliche Menschen getroffen, und immer waren es jene, die mit dem, was sie taten, im Reinen waren. Beruf: Berufung! Karriere: welche Karriere? Statussymbole, Geld, Haus, Auto: unwichtig. Wer es geschafft hatte, seine Freiheit zu erlangen, der war wirklich angekommen.

    Leben im Barfußzustand, im neuen Resort Dedon Island auf einer tropischen
     Trauminsel.
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