Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
hatte. Nachdem Terry die beiden ein paar Sekunden lang unverwandt angeschaut hatte, hörte ich, wie sie sich wieder entfernten.
    „Portia kam letzte Nacht und hat Andy abgeholt?“ fragte er.
    „Ja, ich rief sie an. Er konnte nicht mehr fahren. Ich wette, er wünscht jetzt, ich hätte ihn fahren lassen.“ Ich würde es nie schaffen, die Nummer eins auf Andys Beliebtheitsskala zu werden!
    „Hatte sie Probleme, ihn ins Auto zu kriegen?“
    „Bill half ihr.“
    „Vampirbill? Dein Liebster?“
    „Genau.“
    „Ich hoffe, das hat sie nicht zu Tode erschreckt“, meinte Terry nachdenklich. Er schien sich nicht mehr daran zu erinnern, daß ich auch noch da war.
    Sofort spürte ich, wie sich mein Gesicht verzog. „Es gibt keinen Grund, warum Bill Portia Bellefleur zu Tode erschrecken sollte“, sagte ich spitz, und die Art, wie ich das sagte, drang wohl durch den Nebel privater Reflektionen, in dem Terry gefangen war.
    „Portia ist gar nicht so zäh, wie alle immer denken“, erklärte er. „Du dagegen, du bist von außen ein süßer kleiner Sahnehappen, aber innen drin bist du ein Bullterrier.“
    „Jetzt weiß ich nicht, ob ich mich gebauchpinselt fühlen oder dir lieber eins auf die Nase geben soll!“
    „Da siehst du! Wie viele Frauen - und Männer - wagen schon, so etwas einem Verrückten ins Gesicht zu sagen?“ Terry lächelte - wie ein Gespenst wohl lächeln würde. Ich hatte bis zu diesem Augenblick nicht gewußt, wie sehr sich mein Kollege des Rufs bewußt war, in dem er stand.
    Ich reckte mich auf die Zehenspitzen und drückte ihm zum Zeichen dafür, daß ich keine Angst vor ihm hatte, einen Kuß auf die zernarbte Wange. Aber kaum hatte ich mich wieder auf die Hacken zurückfallen lassen, da mußte ich mir auch schon eingestehen, daß das eigentlich so gar nicht stimmte. Unter bestimmten Umständen würde ich mich vor diesem so tief verletzten Mann nicht nur enorm in acht nehmen, ich würde mich vielleicht sogar sehr vor ihm fürchten.
    Terry band sich die weiße Kochschürze um und machte sich daran, die Küche zu eröffnen. Wir anderen gingen an die Arbeit. Ich würde allerdings nicht lange an den Tischen bedienen können, denn gegen sechs wollte ich die Arbeit beenden, um mit Bill nach Shreveport zu fahren. Ein wenig unangenehm war es mir schon, daß Sam mich für all die Stunden würde bezahlen müssen, die ich mehr oder weniger nur im Merlottes herumgehangen und darauf gewartet hatte, endlich an die Arbeit gehen zu können. Aber wenigstens hatten wir es geschafft, Sams Büro zu entrümpeln und das Lager aufzuräumen und das zählte doch auch etwas.
    Die Polizei hatte die Absperrung unseres Parkplatzes aufgehoben, und sofort setzte ein stetiger Kundenstrom ein, so stetig, wie man ihn in Bon Temps überhaupt erleben kann. Andy und Portia waren unter den ersten, die kamen, und ich sah, wie Terry seine Cousine und seinen Vetter durch die Durchreiche zur Küche hindurch beobachtete. Die beiden winkten ihm zu, und er hob seinen Kochlöffel, um ihren Gruß zu erwidern. Wie war eigentlich der genaue Verwandtschaftsgrad der drei? Ein Vetter ersten Grades war Terry für Portia und Andy gewiß nicht, das wußte ich genau. Bei uns ist es aber durchaus üblich, jemanden Vetter oder Onkel oder Tante zu nennen, auch wenn Blutsbande nur sehr dünn oder manchmal auch überhaupt nicht vorhanden sind. Als meine Eltern durch eine plötzliche Flutwelle, die ihren Wagen von einer Brücke fegte, ums Leben kamen, hatte die beste Freundin meiner Mutter alle Anstrengungen unternommen, mich jede oder wenigstens jede zweite Woche im Haus meiner Großmutter zu besuchen und mir ein kleines Geschenk zu bringen. Für mich ist diese Frau mein Leben lang Tante Patty gewesen.
    Ich beantwortete die Fragen der Kunden, die auf mich einstürzten, soweit ich Zeit hatte. Außerdem servierte ich Salat und Hamburger und Putengeschnetzeltes und Hühnerbrüstchen, bis mir ganz schwindelig war. Als ich irgendwann einmal auf die Uhr sah, war es auch schon Zeit für mich zu gehen. Ich begab mich in den Waschraum der Damen, um mich ein wenig frisch zu machen, und fand dort die Kollegin vor, die für mich arbeiten sollte, meine Freundin Arlene. Arlenes flammendrotes Haar (in diesem Monat noch zwei Farbstufen röter als sonst) war kunstvoll auf ihrem Kopf aufgetürmt, und ihre engsitzenden Hosen teilten aller Welt mit, daß sie sieben Pfund abgenommen hatte. Arlene war bereits viermal verheiratet gewesen und befand sich auf der Suche nach Ehemann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher