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Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas
Autoren: Charlaine Harris
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sinken drohte, nickte ich meinem Freund zu. Bill war ungefähr einen Meter neunzig groß, mit dunkelbraunem Haar und ebensolchen Augen. Er besaß die breiten Schultern und harten, muskulösen Arme eines Mannes, der jahrelang körperliche Arbeit hat leisten müssen. Bill hatte zusammen mit seinem Vater den elterlichen Hof bewirtschaftet, nach dem Tod des Vaters dann allein, bis er Soldat geworden und in den Krieg gezogen war. In den Bürgerkrieg.
    „Hallo, VB!“ rief Charlsie Tootens Mann Micah. Bill hob beiläufig die Hand, um den Gruß zu erwidern, und mein Bruder Jason sagte: „Guten Abend, Vampirbill“, und zwar vollendet höflich und freundlich. Jason, der Bill anfangs nicht gerade mit offenen Armen in unserem kleinen Familienkreis aufgenommen hatte, hatte nunmehr in seinem Verhalten meinem Freund gegenüber eine völlig neue Seite aufgeschlagen. Wobei ich allerdings in dieser Frage noch immer sozusagen im Geiste die Luft anhielt, denn ich wußte nicht, wie lange dieses neue Benehmen andauern würde.
    „Für einen Blutsauger sind Sie eigentlich ganz in Ordnung, Bill“, sagte Andy Bellefleur plötzlich laut und vernehmlich, während er sich auf seinem Barhocker so umdrehte, daß er Bill direkt ansehen konnte. Ich überprüfte meine Einschätzung von Andys Betrunkenheitsgrad und korrigierte die Werte nach oben; Andy hatte bisher noch keine große Begeisterung an den Tag gelegt, was die Integration von Vampiren in den amerikanischen Alltag betraf. „Danke“, erwiderte Bill. „Sie sind auch nicht übel - für einen Bellefleur.“ Dann beugte er sich über den Tresen, um mir einen Kuß zu geben. Bills Lippen waren ebenso kühl wie seine Stimme. Daran hatte ich mich erst gewöhnen müssen - genau wie an die Tatsache, daß ich keinen Herzschlag hörte, wenn ich meinen Kopf auf seine Brust legte. „Guten Abend, Schatz“, sagte Bills sanfte, leise Stimme. Ich schob ihm ein Glas mit dem synthetischen Blut zu, das die Japaner entwickelt hatten, Blutgruppe B Negativ, und er leerte es in einem Zug. Dann leckte er sich die Lippen. Fast umgehend sah er etwas rosiger aus als zuvor.
    „Wie war dein Treffen, Schatz?“ wollte ich wissen, denn Bill hatte den Großteil der Nacht in Shreveport verbracht.
    „Das erzähle ich dir später.“
    Ich hoffte inständig, Bill möge bei seiner Arbeit keine ebenso herzzerreißende Geschichte erlebt haben wie Andy. „Gut“, sagte ich. „Ich wäre dir dankbar, wenn du Portia helfen könntest, Andy ins Auto zu hieven, wenn sie kommt. Da ist sie ja schon.“ Ich wies mit dem Kinn auf die Tür.
    In der Regel trug Portia die Berufskleidung ihrer Zunft: Rock, Bluse, Jackett, Nylons und Pumps mit flachen Absätzen, aber an diesem Abend hatte sie sich Jeans und ein leicht verschlissenes Sophie Newcombe-T-Shirt übergezogen. Portia war ebenso stämmig gebaut wie ihr Bruder, aber sie hatte wunderschönes langes, dickes, kastanienbraunes Haar, das sie sorgfältig pflegte - das einzige Anzeichen dafür, daß sie noch nicht aufgegeben hatte. Zielstrebig bahnte sie sich einen Weg durch die lärmende Menge im Lokal, ohne nach rechts oder links zu sehen.
    „Der ist ja wirklich ziemlich hinüber“, stellte sie mit einem abschätzenden Blick auf ihren Bruder fest, wobei sie sich bemühte, Bills Anwesenheit gar nicht wahrzunehmen. Mein Vampir verunsicherte sie sehr. „Oft passiert das ja nicht, aber wenn mein Bruder schon mal beschließt, sich einen hinter die Binde zu kippen, macht er keine halben Sachen.“
    „Laß Bill Andy zum Auto tragen, Portia“, schlug ich vor. Andy war größer als seine Schwester und untersetzt, er war eindeutig zu schwer für sie.
    „Danke, ich glaube, das schaffe ich allein“, erwiderte sie fest, wobei sie Bill, der mich fragend ansah und eine Braue hochgezogen hatte, immer noch keines Blickes würdigte.
    Also sah ich zu, wie Portia ihrem Bruder den Arm um die Taille legte und versuchte, den Betrunkenen vom Barhocker zu bekommen. Andy jedoch ließ sich nicht bewegen. Daraufhin sah Portia sich suchend um. Offenbar hatte sie gehofft, Sam um Hilfe bitten zu können, denn Sam wirkt zwar klein und zäh, ist aber ziemlich stark. „Sam arbeitet heute im Country Club“, erklärte ich ihr. „Er betreut die Bar bei einer Geburtstagsfeier. Es wäre wirklich am besten, wenn Bill dir hilft.“
    „Also gut“, erwiderte die Anwältin daraufhin steif, wobei sie den Blick unverwandt auf das blankgeputzte Holz des Tresens gerichtet hielt. „Danke.“
    Blitzschnell hatte
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