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Untitled

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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Antoines Krankenbett. Sein Erstaunen wuchs, als ihm der Boss mit erhobener Hand bedeutete, er möge stehenbleiben, wo er war. Der Ausdruck seines Gesichts erweckte in August ein Gefühl des Unbehagens, des Alarms. Er verharrte unterwürfig und wartete, daß der andere zu sprechen begänne.
    Wenige Schritte vor August hob der Mann beide Arme mit einer Geste der Verzweiflung und Resignation. August brauchte kein Wort mehr zu hören, um zu wissen, was ihm bevorstand.
    »Aber wann ist es geschehen?« fragte er, nachdem sie einige Schritte Seite an Seite gegangen waren.
    »Vor ein paar Minuten. Ganz plötzlich. In meinen Armen.«
    »Ich verstehe nicht«, murmelte August.
    »Was war es, das ihn tötete? Er war nicht so schlecht beisammen vergangene Nacht, als ich mit ihm sprach.«
    »Das ist es ja gerade«, sagte der andere.
    Etwas in seiner Stimme ließ August zurückzucken.
    »Wollen Sie damit sagen …«
    Er brach ab. Es war zu unerhört, er wies
    den Gedanken von sich. Aber im nächsten Augenblick sprach er schon wieder davon. »Wollen Sie sagen«, seine Stimme zitterte von neuem, »daß er davon wußte …?«
    »Eben das.«
    Wiederum zuckte August zusammen.
    »Wenn ich ganz offen meine Meinung sagen soll«, fuhr der Boss in seiner rauhen Art fort, »würde ich sagen, daß er an gebrochenem Herzen gestorben ist.«
    Über diesen Worten hielten beide jäh den Schritt an.
    »Hören Sie!« sagte der Boss. »Es ist nicht Ihre Schuld. Nehmen Sie sich's nicht so zu Herzen. Ich weiß, wir alle wissen, daß Sie unschuldig sind. Tatsache ist: Antoine wäre nie ein großer Clown geworden. Er hat es schon vor langer Zeit aufgegeben.«
    Der Boss murmelte einige unverständliche Worte und seufzte.
    »Die Frage ist: Wie werden wir den Leuten diese Vorstellung erklären! Es wird schwerfallen, ihnen die Wahrheit zu verbergen, nunmehr, Sie verstehen … Nicht wahr? Wir haben in keiner Weise mit seinem plötzlichen Tod gerechnet …«
    Eine Pause entstand, dann sagte August leise: »Es wird gut sein, wenn ich eine Weile mit mir selbst allein bleibe, glauben Sie nicht?«
    »Recht so!« bekräftigte der Boss. »Bedenken Sie alles in Ruhe. Es ist noch Zeit …«
    Er fügte nicht hinzu wofür.
    Traurig und verstört wanderte August fort in der Richtung zur Stadt. Eine lange Weile bildete sich kein einziger Gedanke in seinem Gehirn, nur dumpfe, träge Pein durchdrang alle Glieder seines Körpers. Schließlich fand er einen abgesonderten Platz an der Rampe einer Kaffeehaus-Terrasse, setzte sich und bestellte zu trinken. Nein, mit dieser Möglichkeit hatte er gewiß nicht gerechnet. Das Schicksal hatte noch einmal zugeschlagen. Eines war klar – entweder er mußte wieder August werden oder Antoine. Er konnte nicht länger namenlos bleiben. Er mühte sich, an Antoine zu denken; an jenen Antoine, den er in der vorangegangenen Nacht geschaffen hatte. Würde er fähig sein, ihn wiederzuerwecken an diesem Abend, mit demselben Feuer, derselben Freude an seiner Schöpfung? Jenen anderen Antoine, der kalt und tot im Wagen lag, vergaß er ganz dabei. Ohne sich davon Rechnung abzulegen, war er nicht nur in seine Fußtapfen getreten, sondern hatte selbst seine Schuhe angezogen. Er wiederholte die Szene, zerlegte sie, spaltete sie in Stücke, besserte sie mit einigen Flikken aus, vervollkommnete sie hier und dort … geriet vom Hundertsten ins Tausendste, von einer Wendung zur anderen, von einer Nacht zur anderen, von Stadt zu Stadt. Und dann kam er plötzlich wieder zu sich. Mit einem Ruck setzte er sich auf seinem Sitz gerade zurecht, begann ernstlich mit sich zu reden.
    »Du willst also wieder Clown werden, ist es
    so? Hast davon noch nicht genug gehabt, he? August hast du ausgetilgt, Antoine ermordet … was weiter? Vor zwei Tagen noch warst du ein glücklicher Mann, ein freier Mann. Nun hängst du in der eigenen Schlinge, ein Mörder obendrein. Und du glaubst allen Ernstes – oder etwa nicht? – , daß du mit deinem schlechten Gewissen die Leute noch zum Lachen bringen wirst? Das geht wohl ein bißchen zu weit!«
    August schlug mit der Faust auf die Marmorplatte des Tisches, als wolle er sich selbst von der Ernsthaftigkeit seiner Worte überzeugen.
    »Eine große Vorstellung letzte Nacht! Und warum? Weil niemand in dem Mann, der sie großmachte, August vermutet hat. Es war das Talent, das Genie, dem sie applaudierten. Keiner hatte eine Ahnung. Sie sahen die Vollkommenheit. Es war ein voller Triumph. Quod erat demonstrandum!«
    Noch einmal fiel er
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