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Untitled

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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Aufopferung, Kreuzigung. A Rosy Crucifixion, meine ich.
    Der einzige Teil der Erzählung, der mir Schwierigkeiten bereitete, waren die letzten Zeilen, die ich verschiedene Male neu schrieb. »Es gibt ein Licht, das tötet«, sagt meines Wissens Balzac irgendwo. Ich wünschte mir, daß mein Held August vergehen möge, wie ein Licht sich von uns fortbewegt. Aber nicht in den Tod! Sein Abgang sollte wie ein Licht den Weg erhellen. Ich sah ihn nicht als Ende, vielmehr als Beginn. Wenn August sich selber findet, beginnt das Leben – und nicht nur für August, sondern für die ganze Menschheit.
    Möge niemand glauben, daß ich mir diese Geschichte ausgedacht hätte! Ich habe sie lediglich erzählt, wie ich sie in mir fühlte, Stück für Stück, wie sie sich mir selbst offenbarten. Zweifellos ist es die seltsamste Geschichte meines Lebens. Sie ist kein surrealistisches Dokument, dies ganz gewiß nicht. Der Prozeß des Schreibens mag ein surrealistischer gewesen sein, aber das besagt nur, daß die Surrealisten die wahre schöpferische Methode des Erzählens wiederentdeckt haben. Nein, viel mehr als andere Geschichten, die ich auf Tatsachen und Erfahrung gegründet habe, ist diese eine wahre Geschichte. Mein einziges Ziel beim Schreiben war, die Wahrheit zu sagen, so wie ich sie kannte. Vordem waren alle meine Gestalten wirklich gewesen, aus dem Leben genommen, meinem eigenen Leben. August ist einzigartig unter ihnen: er fiel mir vom Himmel zu. Aber was sind diese Himmel, die uns umgeben und einschließen, wenn nicht die Wirklichkeit selbst? Wahrhaftig, wir erfinden nichts. Wir borgen aus dem Überfluß und schaffen ihn nach. Wir enthüllen und entdecken. Alles ward uns gegeben, wie die Mystiker sagen. Wir brauchen nur die Augen und die Herzen zu öffnen, um eins zu werden mit dem Seienden.
    Der Clown zieht mich besonders deswegen an (es war mir nicht immer bewußt), weil er von der Welt durch Gelächter getrennt ist. Dieses sein Gelächter hat nichts Homerisches an sich. Es ist ein stilles Lachen, das wir freudeleer nennen. Der Clown lehrt uns, wie wir über uns selbst lachen sollen. Und dieses unser Lachen wird aus Tränen geboren.
    Freude ist wie ein Strom: sie fließt ohne Unterlaß. Das ist nach meinem Glauben die Botschaft, die der Clown uns zu überbringen versucht, daß wir teilhaben sollen am unaufhörlichen Fluß, der endlosen Bewegtheit, daß wir nicht anhalten sollen, um nachzudenken, zu vergleichen, zu zergliedern, zu besitzen, sondern fließen immerfort, ohne Ende wie Musik. Das ist der Gewinn im Verzicht, und der Clown schafft das Sinnbild dafür. An uns ist es, das Symbol in Wirklichkeit zu wandeln.
    Zu keiner Zeit der menschlichen Geschichte war die Welt so voller Leiden und Angst. Hie und da treffen wir jedoch Menschen, die unberührt und unbefleckt blieben vom allgemeinen Elend. Es sind keine herzlosen Geschöpfe, weit davon entfernt! Sie haben die Freiheit gewonnen. Die Welt erscheint ihnen anders als uns. Sie sehen mit anderen Augen. Wir sagen von ihnen, daß sie der Welt gestorben sind. Sie erleben den Augenblick in seiner vollen Größe, sie strahlen, und dieses Strahlen rund um sie ist ein immerwährendes Lied der Freude.
    Der Zirkus öffnet eine winzige Lücke in der Arena der Vergessenheit. Für eine kurze Spanne dürfen wir uns verlieren, uns auflösen in Wunder und Seligkeit, vom Geheimnis verwandelt. Wir tauchen wieder empor zur Verwirrung, betrübt und entsetzt vom Alltagsanblick der Welt. Aber diese alltägliche Welt, die wir allzu gut zu kennen meinen, es ist dieselbe, die einzige Welt, eine Welt voll Magie, voll unausschöpflichen Zaubers. Wie der Clown führen wir unsere Bewegungen aus, täuschen wir vor, bemühen wir uns, das große Ereignis hinauszuschieben. Wir sterben in den Wehen unserer Geburt. Wir sind niemals gewesen, wir sind auch jetzt nicht. Wir sind immerzu im Werden, immerzu einsam und losgelöst. Für immer außen.
    Das ist das Bild von August Angst, alias Guy le Crèvecæur – oder das alltägliche Gesicht der Welt mit zwei Mündern. August ist von anderer Art. Vielleicht habe ich sein Porträt nicht klar genug gezeichnet. Aber er lebt, und sei es aus dem einzigen Grunde, weil ich ihn geschaffen habe. Er kam vom Himmel und kehrt dorthin zurück. Er ist nicht untergegangen, er ist nicht verloren. Noch wird er vergessen sein. Vor wenigen Tagen sprach ich mit einem Maler, den ich kenne, von den Gestaltungen, die uns Seurat hinterlassen hat. Ich sagte, daß sie dort wur zeln, wo
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