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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: nanu
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vorigen Jahrhunderts erbaut hatte, beschienen die Lam ­ pen, die den Au f gang säumten, Wogen fallenden Schnees. In der idyllisch ve r schneiten Landschaft deutete nichts auf die bewegte Geschichte von Elk Park hin. Nachdem die Sil ­ berminen ausgebeutet waren, hatte ein Schweizer Hotelier das Anwesen gekauft und ganz in der Nähe das Elk-Park-Hotel gebaut. Es lag mit der Kutsche eine Tagesreise von Denver entfernt und hatte wohlhabenden Bürgern von Denver als Nobelherberge gedient, bis die Highways mit ihren Motels es überflüssig gemacht hatten. In den fünfzi ­ ger Jahren hatte man das Hotel zur Privatschule Elk Park umgebaut. Die Schule hatte finanziell manch stürmische Zeit erlebt, bis es dem jetzigen Direktor, Alfred Perkins, ge ­ lungen war, das »Andover des Westens« (wie er es gerne nannte) auf eine gesicherte Basis zu stellen, indem er das Internat schloss, eine umfassende PR-Kampagne durchzog und reiche Förderer erfolgreich hofierte. Zu den Vorzü ­ gen, ein Genie in der Beschaffung von Geldmitteln zu sein, gehörte natürlich, daß der gegenwärtige Direktor nun schon seit zehn Jahren das Herrenhaus des Silbermagna ­ ten bewohnte.
    Der Wind wehte weiße Schneeböen zwischen die Kiefern am Haus. Während des Studienberatungsessens war die Schneedecke mindestens um zehn Zentimeter höher ge ­ worden. Ende Oktober gibt es in den Höhenlagen von Co ­ lorado häufig solche starken Schneefälle, sehr zur Freude der Skifahrer in der Vorsaison. Vom ersten Schnee profi ­ tierte auch ich, ebenso wie von einer erfol g reichen Spiel ­ saison der Broncos. Betuchte Skifahrer und Footballfans brauchen große Empfänge mit Partyservice, um sich auf den Pisten und vor ihrem großformatigen Fernsehschirm ein ­ zuheizen.
    Die Kaffeemaschinen brodelten und zischten auf der Ar ­ beitsplatte. Direktor Perkins hatte mich eindringlich vor dem alten Haus gewarnt: Jeder plötzliche Anstieg des Stromverbrauchs würde den Zorn der Götter in Gestalt durchgebrannter Sicherungen über uns bringen. Sicher ­ heitshalber hatte ich statt zwei großer sechs kleine Kaffee ­ maschinen eingepackt und vor der Cocktailstunde vierzig Minuten damit verbracht, Verlängerungskabel quer durch die Küche und die Eingangshalle zu verschiedenen Steck ­ dosen zu legen. Die Eltern fanden das alte Haus mit seinen Orientteppichen, den antiken Möbeln und seinen kunter ­ bunten Umbauten einfach reizend. Aber sie mussten in sei ­ ner Küche auch kein Essen für achtzig Personen vorberei ­ ten.
    Nach dem Kabelchaos stand ich vor dem Problem, Sa ­ latschüsseln und Roastbeefplatten unterzubringen, die schief und schwankend auf den buckligen Linoleumar ­ beitsflächen schaukelten. Die eigentliche Herausforderung kam jedoch erst, als ich den Yorkshire-Pudding in Backöfen ohne Thermostat und Guckfenster machen sollte, durch die ich die Fortschritte des Bac k vorgangs hätte beobachten können. Als der Pudding saftig, g e bräunt und aufgegangen zum Vorschein kam, wusste ich, was ein Wunder ist.
    Aus dem Esszimmer drang wieder das gewichtige Räus ­ pern zu mir. Ich sauste gerade mit den letzten Krapfen um die Ecke, als der Direktor seine Ansprache begann.
    »Da wir uns nun anschicken, diese jungen Menschen in die fruchtbare Wildnis des Universitätslebens zu entlassen, wo das Überleben von der Fähigkeit abhängt, gleicher ­ maßen Löwenzahn wie Gold zu entdecken...«
    Verschone mich. Direktor Perkins, der bei jeder Witte ­ rung Tweed trug, besaß eine ausgesprochene Vorliebe für bildhafte Sprache. Ich kannte das. Ich hatte mir schon bei den Orientierung s abenden für Eltern manches Beispiel an ­ hören müssen. Archs sechstes Schuljahr in der staatlichen Schule hatte schlecht a n gefangen und ein noch schlimme ­ res Ende genommen. Er hatte jedoch den Sommerunter ­ richt der Privatschule Elk Park durc h gestanden und war als Schüler in die siebte Klasse aufgenommen worden. Zu mei ­ nem größten Vergnügen hatte ein Richter meinen reichen Ex-Mann verpflichtet, das Schulgeld zu zahlen. Aber wie Audrey Coopersmith sehr bald und zu ihrem ausdrückli ­ chen B e dauern feststellte, war ich diejenige, die an den El ­ ternabenden tei l nehmen musste. Ich hatte schon von »un ­ serem Flug zu den Sternen« und »der Ernte unserer Bemühungen« gehört, solange alles gut lief, und, wenn es weniger gut lief, von »einer Durs t strecke«.
    Nun psalmodierte Direktor Perkins: »Und in dieser Wild ­ nis werden sie das Gefühl haben,
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