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Unternehmen Grüne Hölle

Unternehmen Grüne Hölle

Titel: Unternehmen Grüne Hölle
Autoren: Stefan Wolf
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der
sich nicht damit abfinden konnte, daß sie ihm den Laufpass gegeben hatte?
Kantschliff? Oder Frau Mühlwurzl, die Hausbesitzerin, die dieser Tage von einer
Reise zurückkommen wollte — und manchmal den Schlüssel vergaß?
    Johanna schaltete den Fernsehapparat
leiser, schlüpfte in ihre Pantoffeln und ging zur Haustür.
    Draußen brach die Dämmerung an.
    Durch das kleine Fenster in der Haustür
sah Johanna, daß ein dicklicher Typ auf der Fußmatte stand. Er trug eine
Postboten-Mütze, und hielt ein Paket unterm Arm.
    „Frau Johanna Behlen?“ fragte er,
nachdem sie das kleine Fenster geöffnet hatte. „Ein Paket für Sie.“
    Johanna öffnete.
    In derselben Sekunde wurde sie
zurückgedrängt. Eine Messerspitze pikte durch ihren Pullover.
    Sie wollte schreien. Aber eine grobe
Hand preßte sich auf ihren Mund.
    Das Paket — es war offensichtlich leer
— polterte zu Boden.
    Mit dem Absatz kickte der Kerl die Tür
hinter sich zu.
    „Verhalt dich ruhig!“ befahl er. „Sonst
gibt’s Dresche. Außerdem nützt dir das Schreien nichts. Ich weiß, daß sonst
niemand im Haus ist.“
    Sie zitterte.
    Der Kerl hatte mitleidslose Augen und
großporige Haut. Seine Hand roch säuerlich und sein Atem nach Bier.
    Er nahm die Hand von ihrem Mund und
packte die Frau an der Schulter.
    Johanna starrte auf das Messer, eine
Art Hirschfänger. Die Klinge hatte braune Flecken. War das Blut?
    Was wollte der Kerl?
    Er stieß sie vor sich her. In ihrer
Wohnung sah er sich um. Johanna mußte sich auf die Couch setzen. Er schaltete
den Fernsehapparat aus.
    Er nahm einen der Schmalzkringel und
schob ihn in den Mund. Bei dem gleichen Gebäckstück hätte Johanna viermal
abbeißen müssen. Während er kaute, starrte er sie an. Ein Frösteln überlief
sie. Sie vermied es, auf das Messer zu achten, das er noch immer in der Hand
hielt.
    „Hast du die selbst gebacken?“

    „Wie?“ Sie begriff nicht sofort. „Nein.
Die... die sind aus der Konditorei.“
    „Als du das Paket sahst, hast du
gedacht, es sei von deiner Mutter, wie?“
    „Von…“ Eine Faust schien sich um ihr
Herz zu schließen. „Von Mutter... Ja, das habe ich gedacht.“
    Er lachte hämisch. „Ist aber nicht.
Deine Mutter weilt zur Zeit nicht zu Hause. Mein Kumpel hat sie mitgenommen.
Wohin? Hähäh! Das verrate ich nicht, Herzchen. Im übrigen wird Agathe Behlen
gleich hier anrufen und bestätigen, daß sie sich in der Hand eines Herrn
befindet, der sehr eklig werden kann. Du begreifst, worum es geht?“
    Ihr Herz begann zu hämmern.
    „Deine Mutter ist unsere Geisel“, fuhr
er fort. „Damit du dich an meine Anweisungen hältst. Wenn nicht — ist es aus
mit ihr.“
    „Warum... tun Sie das?“ stammelte sie.
    „Errätst du das nicht?“ Sein
Teiggesicht glänzte.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Teiggesicht hob die Brauen, als hielte
er soviel Phantasielosigkeit für unmöglich.
    „Also, du bist Johanna Behlen, 34 Jahre
alt, ledig, zur Zeit ohne Bekannten, und seit fünf Jahren Geschäftsführerin bei
Robert Kantschliff, dem Juwelier. Du leitest das Geschäft in der
Glockengießer-Straße. Außer dir gibt es nur noch zwei Verkäuferinnen. Weil der
Laden zwar äußerst fein, aber klein ist. Häh? Sag was! Habe ich recht?“
    Sie nickte. Allmählich wurde sie
ruhiger. Jetzt war abzusehen, worauf das alles hinauslief. Ihr selbst drohte
vermutlich keine Gefahr. Aber wie überstand ihre Mutter die Aufregung?
Teiggesicht nahm ihr Nicken als Antwort.
    „Ich frage dich“, sagte er, „wieviel
sind die Klunkern wert, die dort im Safe liegen? Fünf Millionen? Acht
Millionen? Egal. Auf eine mehr oder weniger kommt’s uns nicht an. Ich nehme,
was da ist. Und zwar alles.“
    „Jetzt“, sagte sie leise, „ist Herr
Kantschliff im Geschäft.“
    „Weiß ich doch, Herzchen. Wer redet von
jetzt?“
    „Nachher geht es auch nicht. Nach 18
Uhr sind alle Alarmanlagen eingeschaltet, und der Wachdienst...“
    „Ich weiß selbst“, unterbrach er sie.
„daß es so nicht funktioniert. Deshalb haben wir uns den idiotensicheren Coup
ausgedacht. Morgen rollt er ab. Denn morgen mittag, Herzchen, wirst du auf dein
Essen verzichten. Während sich deine Kolleginnen verdrücken, bleibst du im
Geschäft. Verstanden?“
    „Ich verstehe.“
    „Punkt ein Uhr mittags stehe ich vor
der Tür, und du läßt mich ein.“
    „Aber...“ Sie stockte. Womit konnte sie
ihm den Mut nehmen?
    „Aber — was?“
    „Die... meisten Schmuckstücke liegen im
Tresor.“
    „Das ist es ja, Schätzchen, was
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