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Unternehmen Grüne Hölle

Unternehmen Grüne Hölle

Titel: Unternehmen Grüne Hölle
Autoren: Stefan Wolf
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winzig. An einem der oberen Vorderzähne fehlte
ein Stück. Beim Niesen hatte sie das eingebüßt, als sie nämlich mit einem
dickwandigen Milchbecher zusammenstieß.
    „Kannst deine Bedenken begraben, Tim“,
meinte sie. „Mutter macht ja nichts selbst, sondern läßt alles machen. Morgen
sind zwei Köchinnen da und zwei Mädchen zum Servieren. Zwei Putzfrauen haben
wir sowieso. Mutti mag es, wenn sie mitten im Trubel steckt. Seit der Scheidung
von Herrn von Jaburg, der leider mein Vater ist, hält sie’s allein nicht mehr
aus.“ Davon hörten die Jungs zum ersten Mal.
    Gaby nickte verständnisinnig.
    Offenbar hatte Elisa ihr bereits das
Herz ausgeschüttet.
    Den Jungs war nur bekannt, daß Elisas
Mutter — Stefanie von Jaburg — über enormen Reichtum verfügte.
    Die prächtige Stadtwohnung, hier, war
nur ein kleiner Teil ihres Besitzes. Außerdem waren da noch Ländereien in
Italien und Südfrankreich, die Stefanie von ihrem Vater — einem
Großindustriellen — ererbt hatte.
    „Also gut!“ Tim wandte den Kopf ab,
weil sich im großen Becken was tat. „Wir nächtigen bei euch. Der EvD (Erzieher
vom Dienst) wird uns beneiden. Wie ist das eigentlich — sind wir die
einzigen Nachwüchsler?“
    Elisa nickte. „Sonst kommen nur
Erwachsene. Ungefähr 40.“
    „Könnte langweilig werden“, meinte
Karl.
    „So was liegt nur an einem selbst“, sagte
Tim. „Nicht an den Umständen. Wenn wir die Wahlberechtigten einfach übersehen,
haben wir bestimmt unseren Spaß.“
    Elisa trat von einem nackten Fuß auf
den andern. Und sie wiegte den Kopf.
    „Aber es wäre gut, wenn wir
ausgesprochen höflich sind. Und auch ein bißchen geschniegelt.“
    „Niemand will sich krötig benehmen“,
sagte Tim. „Aber wozu Pomade ins Haar?“
    „So nun auch wieder nicht. Ich meine
nur.“ Sie druckste. „Mutti wäre sonst enttäuscht von euch. Sie will nämlich...
Eigentlich soll ich’s euch jetzt schon sagen.“
    „Was?“
    „Ich soll die Einladung aussprechen.“
    Aus dem Augenwinkel beobachtete Tim die
gechlorte Wasserfläche. Besonders von dem Typ auf Bahn drei ließ er keinen
Blick.
    Ohne Elisa anzusehen, meinte er: „Das
hast du doch schon. Vor gut einer Woche.“
    „Ich meine nicht die Einladung zur
Party.“
    „Sondern?“ fragte Gaby.
    „Das nächste Wochenende“, lächelte
Elisa, „ist zwei Tage länger, wie ihr wißt. Die Feiertage! Fallen günstig auf
Montag und Dienstag. Dazu kommt dann noch die internats-interne Regelung, daß
am folgenden Mittwoch der Unterricht ausfällt. Damit haben wir fünf freie Tage.
Mutti spendiert Hin- und Rückflug nach Mailand. Von dort ist es nur ein
Katzensprung bis zu unserem Landgut Bridigaggio. Dort — das verspreche ich euch
- ist es irre schön. Sogar jetzt. Wir können reiten, Trauben pflücken, Ausflüge
machen in die Berge oder zu den Seen. Und irre Typen sind auch immer da.“
    „Heißt das“, rief Gaby, „daß deine
Mutter uns einlädt?“
    „Davon rede ich doch.“
    „Uns vier?“ vergewisserte sich Klößchen
mit Stimmstärke elf. Und verlor nun endgültig sein Handtuch.
    Elisa nickte. Sie strahlte. „Euch vier.
Wir könnten auch Oskar mitnehmen. Aber das wäre zu beschwerlich. Und er hat
nichts davon. Ihr seid Muttis Gäste. Und meine“, setzte sie hinzu.
    Jetzt glaubten sie’s. Elisa wurde
umringt. Gaby umarmte sie. Karl und Klößchen wechselten sich darin ab, ihr
begeistert die Hand zu schütteln.
    Tim drückte seine Freude mit breitem
Grinsen aus. Aber er nahm nicht teil an dem Getobe, sondern beobachtete den Typ
auf Bahn drei.
    Tauchend hatte der sich kreuz und quer
durchs Becken gewühlt — offensichtlich, weil es ihm Spaß machte.
    Und dann war er — auf Bahn drei — an
die Oberfläche gestoßen: mit was Gleißendem in der Hand — wie Funkelgeschmeide.
Aber es entflutschte seinen Fingern und versank in der Chlorbrühe.
    Jetzt tauchte er abermals.
    Tim sah, wie er kopflings den Grund
absuchte. Zufall?
    Ganz bestimmt. Der Typ hatte nicht nach
Johannas Uhr gesucht. Zufällig war er darauf gestoßen. Und jetzt nahm er, wie
nett, den vier Freunden die Arbeit ab.
    „...phantastisch!“ — „Italien im
Herbst!“ — „Bridigaggio, irrer Name!“ — „Habt ihr auch Maulesel?“ — „Paria
italiano, Signorina? (Sprechen Sie italienisch, Fräulein?)“
    Dieser Jubel! Gaby, Elisa, Karl und
Klößchen benahmen sich wie angestochen.
    Tim verbreitete sein Grinsen noch
etwas, um kein Vorfreude-Muffel zu sein. Aber seine Aufmerksamkeit galt
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