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Unternehmen Grüne Hölle

Unternehmen Grüne Hölle

Titel: Unternehmen Grüne Hölle
Autoren: Stefan Wolf
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euch trauen
kann?“
    „Ich sagte es doch schon: Kommen Sie
mit zur Kassiererin. Sie wird bestätigen, was ich sage.“
    Der Feiste schlotterte. Allerdings nur
innerlich. Die Fundunterschlagung war mißglückt. Jetzt versuchte er, sein
Gesicht zu wahren.
    „Na, gut!“ murmelte er. „Wie Halunken
seht ihr nicht aus. Dann könnt ihr die Uhr zur Kasse bringen — oder zu der
Besitzerin. Schönen Gruß von mir. Ich verzichte auf Finderlohn.“
    „Wie hochherzig!“ erwiderte Gaby. „Dann
wollen wir mal Gleiches mit Gleichem vergelten und darauf verzichten, Ihre
Personalien festzustellen.“
    Der Feiste lief rot an, tat aber so,
als wisse er nicht, was sie meinte. Er händigte Tim die Uhr aus. Sie war
wasserdicht wie ein U-Boot und ging immer noch auf die Sekunde genau.

2. Vorbereitungen für einen
Raubüberfall
     
    Johanna Behlen war eine hübsche
Mittdreißigerin mit geschmeidigen Bewegungen. Selbst eleganteste Garderobe
wirkte sportlich an ihr. In die naturbraune Kurzhaarfrisur hatte sie
bananengelbe Strähnen eingefärbt.
    Für heute, 15 Uhr, war sie beim Frisör
angemeldet. Weil’s ein Donnerstag war, ließ sich das machen. Denn donnerstags
kümmerte sich Robert Kantschliff, der Juwelier, höchstpersönlich um sein
Geschäft. Nur donnerstags. An allen anderen Tagen spielte er Golf — oder er war
verreist.
    Während der Frisör an Johannas Schopf
herumschnippelte, ertappte sie sich mehrfach dabei, daß sie zum Handgelenk sah.
Aber da war keine Uhr. Leider nicht! Ob Gaby und ihre Freunde Erfolg hatten und
sie fanden?
    „Ist das nicht wieder entzückend
geworden“, lobte sich der Haarkünstler — und marschierte mit dem Spiegel um sie
herum. Wie bei jeder Kundin, brachte er auch jetzt sein leeres Gerede an. „Das
macht um 20 Jahre jünger, nicht wahr?“
    „Vor 20 Jahren“, erwiderte Johanna,
„ging ich noch zur Schule. Meinen Sie, daß die Frisur für einen Teenager
richtig ist?“
    „Wie bitte? Ach so! Hahahah! Was man so
sagt. Sie haben völlig recht. Wer so jung ist wie Sie, liebe Frau Behlen,
braucht sich nicht zu verjüngen.“
    Johanna verspürte wenig Lust, ins
Geschäft zurückzugehen. Ein trüber Tag wie heute verlockte nicht zum
Geschmeidekauf. Die betuchten Kunden hielten sich zurück. Ihr Chef kam auch
ohne sie zurecht.
    Nachdem sie sich aus der Konditorei
Schmalzkringel eine Tüte Gebäck geholt hatte, schloß sie gegen 16 Uhr ihre
Wohnung auf.
    Sie bewohnte die unteren Räume in einem
Zweifamilienhaus, war aber meistens allein unter dem spitzgiebeligen Dach. Die
Besitzerin — eine betagte, aber rüstige Witwe — verbrachte die größte Zeit des
Jahres damit, von einer Verwandtschaft zur nächsten zu reisen. Sie blieb immer
sechs Wochen, mindestens. Und jeder nahm das hin — zähneknirschend und mit
geballter Faust in der Tasche. Denn die Witwe war vermögend, und es stand in
ihrem Ermessen, wen sie zum Erben machte.
    In ihrer kleinen Küche setzte Johanna
die Kaffeemaschine in Gang. Im gemütlichen Wohnraum schaltete sie die Glotze
an.
    Dann fiel ihr ein, daß sie ihr
Mütterchen anrufen wollte. Agathe Behlen, eine liebenswerte Dame, wohnte am
anderen Ende der Stadt. Sie sahen sich meistens nur am Wochenende. Aber während
des letzten Halbjahrs hatte Johanna ihre Mutter noch seltener besucht. Daran
war ein gewisser Konrad schuld gewesen, ein Ingenieur, mit dem sich Johanna
verhandelt hatte. Doch die große Liebe war daraus nicht entstanden, jetzt
gehörte diese Bekanntschaft der Vergangenheit an, und Johanna konnte sich
wieder vermehrt um ihr Mütterchen kümmern.
    Sie nahm den Hörer ab und wählte,
während in der Küche die Kaffeemaschine fauchende Geräusche von sich gab.
    Johanna hörte das Läuten. Aber niemand
hob ab.
    Sie versuchte es abermals, verwundert.
Daß ihre Mutter an einem Donnerstagnachmittag nicht zu Hause war, hatte es
bisher nicht gegeben.
    Nach einer Weile gab sie auf, dachte
nach und war besorgt. Aber eigentlich bestand dazu wenig Grund. Ihre Mutter war
erst 60 — und kerngesund. Lediglich ihre Augen machten Kummer. Ohne Brille
konnte sie die eigenen Hände nicht von fremden unterscheiden.
    Johanna beschloß, nachher abermals
anzurufen, holte den Kaffee aus der Küche und bezog vor der Glotze ihren
Fernsehsessel. Während sie sich zurecht räkelte, spürte sie den gezerrten
Rückenmuskel. Vorhin im Hallenbad war das passiert.
    Muß öfter schwimmen, dachte sie — und
nahm einen Schmalzkringel.
    In diesem Moment klingelte es.
    War das ihre Mutter? Oder Konrad,
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