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Unternehmen Grüne Hölle

Unternehmen Grüne Hölle

Titel: Unternehmen Grüne Hölle
Autoren: Stefan Wolf
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dem
Bergungsschwimmer.
    Jetzt tauchte er auf.
    Ein rotes Ballongesicht, über dem die
Badekappe — Vorschrift! — wie ein Sahnehäubchen thronte. Ein Kranz
klatschnasser Blondhaare klebte am Kopf.
    Der Mann mochte in mittleren Jahren
sein. Halsabwärts schimmerte seine Haut wie Alabaster, also gips-weißlich.
    Er peilte die nächste Ausstiegsleiter
an und streckte sich im Bruststil.
    Seine Hände — das sah Tim genau — waren
leer.
    Hatte er die Uhr nicht gefunden?
    Dann, dachte Tim, würde er noch nicht
aufgeben. Denn tauchen kann er.
    Der Mann erreichte die Metalleiter,
verharrte und drehte langsam den Kopf von links nach rechts. Ein chlorfeuchter
Blick machte die Runde. Und Tim konnte den Argwohn förmlich riechen.
    Jetzt stieg der Typ aufs Trockene. Er
war groß und ziemlich fett. Seine Schwimmshorts der Größe 8 waren rot-schwarz
gestreift und hingen traurig, nämlich faltig, an ihm.
    Es war jene Art von wasserabweisenden
Hosen, die auch eine kleine Tasche an der Seite haben. Mit Reißverschluß, damit
Kabinenschlüssel, Münzgeld oder Zahnersatz nicht herausfallen.
    Dort — Tim ahnte es — befand sich jetzt
die geborgene Uhr. „Hallo, ihr Bridigaggio-Fans“, sagte er leise, „darf ich mal
sachlich werden! Der Walfisch dort — nicht hinsehen, Leute! — hat, glaube ich,
die Uhr gefunden. Mal sehen, was er macht?“
    „Wo hat er sie denn?“ fragte Klößchen.
    „In der Hosentasche.“
    „Was für eine Uhr?“ fragte Elisa.
    Gaby
übernahm es, ihr das zu erklären. Sie tuschelten. Währenddessen verfolgten die
Blicke der Jungs den Mann. Ein ehrlicher Finder? Dann mußte ihn der nächste Weg
zur Kasse führen, um die Uhr abzugeben.
    Zur Zeit duschte er noch.
    Prustend drehte er sich unter der
Sturzflut. Mit einer Hand rieb er auf seiner Alabasterhaut herum. Mit der
andern hielt er die Hose fest.
    Auf einer Bank lagen sein Bademantel
und ein Handtuch.
    Er umhüllte sich, nahm die Badekappe ab
und präsentierte (vorzeigen) eine kürbisgroße Glatze. Die Badekappe
hatte kein einziges Haar bedeckt, und das restliche — der verbliebene Kranz —
hing sowieso im Freien. Mochte der Henker wissen, weshalb er sich an die
Badekappen-Vorschrift hielt.
    Während er sich Kopf und Schwabbelbrust
rubbelte, sohlte er nun am Planschbecken vorbei, aber nicht via Kasse, sondern
zu der milchgläsernen Tür. Sie führte zu den Umkleideräumen.
    Noch bevor er die Tür erreichte, rückte
Tim auf gleiche Höhe vor, gefolgt von seinen Freunden.
    „Hallo Sie!“ sagte er. „Da wird sich
Frau Behlen aber freuen. Ist ja immerhin ein Wertstück.“
    Der Feiste blieb stehen. Er überragte
Tim etwas und war damit beschäftigt, sich den Haarkranz zu frottieren. Sein
Gesicht war schweinchenrosa und teigig. Ein kalter Blick wurde auf Tim
gerichtet.
    „Meinst du mich?“

    „Klar. Sie!“
    „Und was ist?“
    „Wir wollen uns bedanken. Weil Sie —
zufällig, natürlich — unsere Aufgabe übernommen haben. Johanna Behlen hat uns
nämlich hergeschickt, damit wir nach ihrer Uhr tauchen. Vorhin hat sie die beim
Schwimmen verloren.“
    „Was geht mich das an?“
    „Ich finde es toll, daß Sie die Uhr
gefunden haben.“ Tim streckte die Hand aus. „Falls Sie Bedenken haben, was
unsere Ehrlichkeit betrifft, können wir die Kassiererin hinzuziehen. Sie kennt
uns und Frau Behlen. Und weiß von der Sache.“
    Der Mann sah die andern an, legte sich
das Handtuch wie einen Schal um den Hals und hustete, ohne das abzuschirmen.
    „Von der Uhr weiß ich nichts.“ Diesmal
hustete er in die offene Hand. „Ich habe keine gefunden.“
    „Mag ja sein“, nickte Tim. „Aber sie
ist irgendwie in die Reißverschlußtasche Ihrer tollen Badehose geraten. So was
passiert, wenn man auf allen Vieren über den Grund krabbelt. Sie sind
sicherlich im Tierkreiszeichen des Krebses geboren, wie? Oder sind Sie
Wassermann?“
    „Du willst wohl eine Ohrf...“
    Er stoppte sich rechtzeitig, sprach die
,Ohrfeige’ nicht aus. Tims sportgestählte Figur bewirkte das. Sich mit ihm auf
Handgreiflichkeiten einzulassen, war nicht ratsam. Das sah jeder.
    Tim schob die Brauen zusammen. Abermals
streckte er die Hand aus.
    „Allmählich werde ich ungeduldig,
Meister. Her mit der Uhr! Sie ist aus Gold. Sportliche Ausführung. Gaby, weißt
du die Marke?“
    „Rolex“, sagte Gaby.
    Der Typ saugte die Lippen ein. „Ach,
die? Ich... äh... wollte sie vorn an der Kasse abgeben. Beim Tauchen lag sie —
die Uhr — plötzlich vor mir. Aber woher soll ich wissen, ob ich
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