Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen Delphin

Unternehmen Delphin

Titel: Unternehmen Delphin
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
in Bouwie den Wunsch aufkommen zu lassen, diesen widerlichen Zivilisten zu zeigen, wie ein amerikanischer Admiral brüllen kann – zwei Meilen weit gegen Windstärke 9. »Darf ich zunächst einige Erklärungen geben?«
    »Darauf warten wir seit einer Stunde«, rief Admiral Atkins dazwischen. Bouwie nickte. Brav, mein lieber Ronald, dachte er, dafür möchte ich dich umarmen; diese Halbglatze Rawlings soll sich nicht einbilden, uns mit solchen Tricks neue Möbel andrehen zu können, auch wenn dahinter – rätselhaft genug – das Oberkommando steckt. Aber das kennt man ja: Da wird geschmiert, da reiben sie sich im Dunkeln die Hände. Vielleicht hat Rawlings eine gutgebaute Schwester, die im Bett irgendeines Ministerialen turnt. Da genügt ein Wink, und schon springen die Kassen auf. Zum Kotzen, Kameraden.
    Dr. Rawlings nahm den Zwischenruf nicht krumm. Er hatte volles Verständnis für die Admiräle. Mit einer Stimme, der man den Universitätsdozenten anmerkte, klar, pointiert und genau in dem Zeitmaß, daß man mühelos folgen konnte, begann er seine Erklärungen. Dr. Finley hatte unterdessen den Koffer geöffnet – zum Erstaunen der Admiräle enthielt er nichts anderes als Ferngläser. Starke Marine-Ferngläser, mit denen sie praktisch aufgewachsen waren und die sie fast dreißig Jahre begleitet hatten, von der Ausbildung über den Einsatz auf allen Meeren bis zum letzten großen Kommando. Nun waren sie alle an Land in den Stäben – bis auf Admiral Linkerton, der die 11. Flotte im Pazifik befehligte und in San Diego stationiert war. Bouwie schielte in den Koffer. Ferngläser haben mit Möbeln nichts zu tun, das war nun sicher. Man mußte umdenken, aber in welche Richtung? Er starrte Helen Morero an. Sie lächelte zu ihm zurück; ein junges, offenes, schönes Gesicht mit großen blauen Augen und einer schmalen Nase. Sie hat Grübchen in den Wangen, dachte Bouwie verzückt. Reiß den Blick von ihr los, du alter Seehund. Du bist zweiundsechzig und neunfacher Großvater! Nur durch eine Sonderverfügung bist du noch im aktiven Dienst, ein unentbehrlicher Fachmann – ansonsten altes Eisen, vor allem in den Augen solch junger Göttinnen wie dieser Helen …
    »Ich möchte nicht so weit ausholen und die Situation der Marine im Zweiten Weltkrieg rekapitulieren«, sagte Dr. Rawlings mit seiner klaren Stimme. »Alles, aber auch wirklich alles ist seitdem anders geworden. Die Kriegsführung von 1945 ist heute nicht bloß Historie, sondern im Ganzen gesehen museumsreif wie der Kampf mit Schwert oder Hellebarde. Gelernt haben wir in der letzten Zeit vor allem durch den Vietnamkrieg, und wir lernen noch immer, tagtäglich, durch die Präsenz der sowjetischen Flotten auf allen Meeren und durch ihre oft erschreckenden technischen Neuerungen und elektronischen Entwicklungen. Ich brauche dabei nur an drei Beispiele zu erinnern: die Flugzeugträger der Kiew-Klasse, die U-Boote der Charlie-Klasse, die unter Wasser 33 Knoten machen, und die Kreuzer der Kresta-II-Klasse mit ihren beiden Vierfach-Startrampen für SS-N-10-Raketen.«
    »Wir schlafen auch nicht!« warf David Hammersmith dazwischen. »Wenn Sie andeuten wollen, Rawlings, daß wir uns fürchten sollten, liegen Sie schief. Auch der Russe kocht seinen Tee nur mit Wasser.«
    »Schon in Vietnam hat sich gezeigt«, fuhr Dr. Rawlings unbeirrt fort, »daß vorwiegend bei der Ortung von U-Booten alle bekannten Systeme große Fehlerquellen aufweisen. Ob Radar oder Sonarpeilung – es ist alles zu umgehen. Die besten Beweise liefern erneut die Sowjets. Mit ihren kleinen wendigen U-Booten der Whisky- und Foxtrott-Klasse gelingt es ihnen immer wieder, unbemerkt in militärische Sperrgebiete einzudringen und Informationen zu sammeln. Denken Sie nur an die Ausspionierung der norwegischen Fjorde oder der schwedischen Schärengebiete, an das Umkreisen der Midway-Insel, an die Beobachtung unserer pazifischen Marinebasen – dies sind nur die Vorkommnisse, die uns bekannt wurden. Was Tag für Tag darüber hinaus heimlich gegen uns geschieht, kann man nur ahnen. Gerade der Fall Norwegen zeigt, daß trotz des Einsatzes aller bisher bekannten elektronischen Mittel eine Ortung sogar dann versagt, wenn man von der Anwesenheit eines U-Boots sichere Kenntnis hat. Es gelang den Russen immer wieder, ihre U-Boote unbeschädigt aus der Einkreisung herauszuziehen.«
    »Bei uns würde ihnen das nicht gelingen«, sagte Bouwie laut und erregt. »Zum Teufel, bei uns nicht!«
    »Doch, auch bei uns!«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher