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Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Titel: Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)
Autoren: Reimund J. Dierichs
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interessiert, sondern hat mich benutzt, um mit seinem Verlust fertig zu werden. Mein Bruder und ich sahen uns sehr ähnlich, und bis heute frage ich mich, ob Alexander nicht bei unseren Zärtlichkeiten stets das Bild seines Geliebten vor Augen hatte.
    Natürlich konnte das nicht lange gut gehen. Als er sich von mir trennte, war ich voller Trauer und glitt in eine Depression ab, unfähig meine Wut zuzulassen und ihn zum Teufel zu wünschen. Insgeheim habe ich aber immer auf eine passenden Gelegenheit gewartet, um mich an ihm zu rächen. Und den Grundstein dazu hat er selbst gelegt.
    Wie Sie ja bestimmt bei Ihren Untersuchungen in Erfahrung gebracht haben werden, erschien Alexander Seamus nach einem Zeitungsartikel und einem Interview mit meinen Vater in der Praxis und wollte ihm ein Geständnis abringen. Mein Vater fühlte sich zwar schuldig, hatte aber mit dem Tod meines Bruders nichts zu tun. Ich weiß nicht, ob es seine Beharrlichkeit war, die Alexander stutzig machte und nachdenklich werden ließ oder ob es an dem Brief lag, den ihm mein Vater noch am selben Abend schrieb und in dem er nochmals beteuerte, mit dem Tod seines Sohnes nichts zu tun zu haben. Ebenso könntest du auch meine Tochter verdächtigen, erklärte er, denn die hielt sich ganz in der Nähe auf. Es lag natürlich nicht in seiner Absicht, mich zu beschuldigen, sondern Alexander klar zu machen, wie absurd seine Vermutung war.
    Und der begann zu überlegen, erinnerte sich an Streitig-keiten zwischen mir und meinem Bruder, die oftmals in dem Vorwurf gipfelten, er würde stets bevorzugt, während man mir nie eine Chance eingeräumt hätte. Das Bild von einer eifersüchtigen, zu allem bereiten Schwester, formte sich in seinem Kopf und begleitete ihn von Stund an. Dieses Bild fand neue Nahrung nach dem Tod meines Vaters. Als er mich anrief und mir mitteilte, er wolle sich mit mir treffen, ahnte ich schon, was mich erwartete. Er teilte mir seine Vermutung mit und ließ sich nicht mehr davon abbringen. Und dann schleuderte er mir einen Satz an den Kopf, der mich wie ein Fausthieb traf. Er sagte, ich sei ein egoistisches kleines Luder, das immer nur wollte, dass sich alles um sie dreht.“
    „Was hat ihn zu solch einem Vorwurf veranlasst?“ wollte Leng wissen.
    „Sein Verlust und seine Trauer“, vermute ich. Nach unserer Trennung war ich nicht bereit und auch gar nicht in der Lage, ihn bei seiner Trauerarbeit zu unterstützen und mich mit ihm über meinen Bruder zu unterhalten. Ich wurde ja nicht einmal mit meiner eigenen Trauer fertig. Er hatte mir das Herz gebrochen, also entschloss ich mich, ihm auch das seine zu zerstören.“
    „Woher wussten Sie aber, dass er sich an dem Abend auf dem Herkuleshügel gegenüber dem Mediapark aufhalten würde?“ Prado, der die letzten Minuten geschwiegen hatte, schaltete sich wieder in das Verhör ein.
    „Er hatte ganz am Anfang unseres Treffens von seinen Gewohnheiten und Vorlieben gesprochen, wahrscheinlich, weil er nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und mich verschrecken wollte. An schönen Tagen pflegte er sonntags den Hügel zu besteigen, sich dort auf eine Bank zu setzen und über den Park hinweg auf den Kölner Dom zu schauen. Nachdem wir das Herbrand´s verlassen und uns voneinander verabschiedet hatten, fuhr ich zurück nach Riehl, wo ich den Degen holte, das Zorro-Kostüm, das ich mir für den Karneval gekauft hatte, schnappte und dann vor dem Haus von Seamus wartete. Es dauerte fast zwei Stunden, bis er endlich auftauchte. Er ging zu Fuß in Richtung Innenstadt, während ich ihm mit dem Wagen folgte. Ein schwieriges Unterfangen, wie sich herausstellte, weil ich immer wieder anhalten musste. Ich konnte ja schlecht an ihm vorbeifahren, und wenn ich stehen blieb, behinderte ich den Verkehr und musste mir das Gehupe genervter Autofahrer anhören. Als ich sicher sein konnte, dass der Hügel hinter dem Mediapark sein Ziel war, suchte ich mir einen Parkplatz, zog das Kostüm an, nahm den Dolch und folgte ihm.“
    „Hatten Sie keine Angst, gesehen zu werden?“ Prado fand es seltsam, sich als Tatort für einen Mord eine stark frequentierte Parkanlage auszusuchen und nicht einmal bis zum Einbruch der Dunkelheit zu warten.
    „Was hätte ich denn tun sollen?“ fragte Stefanie Burg-hausen aufgebracht. „Ich hätte ihn ja wohl kaum in seinem eigenen Garten oder mitten auf der Straße angreifen können. Aber ich hatte auch keine Angst. Niemand würde mich in dem Kostüm erkennen. Außerdem gab es dort
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