Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)
Autoren: Alexandra Fuller
Vom Netzwerk:
ganz wunderbares, sehr altes Miombo-Waldgebiet.«
    Mum und Dad zogen also mit einem halben Dutzend Ponys, mehreren Hunden, Mums Büchern, den Jagdstichen, dem Wellington-Bronzeguss und den Le-Creuset-Töpfen in das winzige Haus am Oribi Ridge. Aber trotz ihrer Pferde und ihrer Hunde langweilte sich Mum und wurde unruhig. In den letzten fünfundzwanzig Jahren hatte sie Dad die meiste Zeit dabei geholfen, eine Reihe von Farmen zu verwalten und zu bewirtschaften, doch ohne den Rhythmus der Jahreszeiten, die Disziplin, die einem die Saatbeete abverlangten, die Konzentration, die in den Sortierschuppen gefragt war, verstärkte sich Mums Hang, einfach abzutauchen oder über den Dingen zu schweben.
    Und Dad, der einmal keine Farm verwalten musste, machte das Einzige, was ihm einfiel: Er fuhr nach Lusaka und verkaufte Fische von der Ladefläche eines Kleinlasters. Krämer Tim nannte ihn Mum, und so unbekümmert ihre Stimme dabei klang, hatte diese Bezeichnung etwas Geringschätziges. Dad wirkte unsicher, als würde er den Boden unter den Füßen verlieren. Er fing an, über seine schlechte Verfassung zu klagen, meinte, dass er es irgendwie mit der Leber hätte, und verzichtete fortan auf das Frühstück. »Frühstück ist eine Bauernmahlzeit«, sagte er, »und ich bin kein Bauer mehr.« Dabei konnte er gar nicht anders, als überall, wo er ging und stand, Erde vom Boden aufzunehmen und unter der Nase zu zerkrümeln, um ihren Ph-Wert, ihre Eignung für Tabak, Sojabohnen oder Mais abzuschätzen und dabei ganz nebenbei zu ertasten, wie gut sie Feuchtigkeit aufnehmen und speichern konnte.
    Und so brach Dad an einem Sonntagmorgen des Jahres 1995 vom Cottage auf, folgte einem Wildererpfad über den Oribi Ridge bis zum Steilufer des Sambesi und blieb dort bis Sonnenuntergang sitzen, rauchte, überlegte, kritzelte Zahlen auf die Rückseite eines Zigarettenpäckchens. Dad kann nicht sagen, was genau an diesem Tag mit ihm geschah, aber als er am Abend ins Cottage zurückkehrte, erzählte er Mum von dem Plan, den er gefasst hatte. »Warum Fische verhökern, wenn man selber welche züchten kann?«, fragte er. »Wir beschaffen uns ein Stück Land am Fluss und steigen in die Fischproduktion ein.«
    Mum schaute vom Lagerfeuer hoch. »Hast du nicht gesagt, Afrika den Afrikanern?«, fragte sie.
    Dad hockte sich vor sein Lagerfeuer, drehte ein Scheit, bis eine Flamme aus der Glut hochschoss. »Stimmt«, sagte er. Er zündete sich an dem glühenden Ende des Scheits eine Zigarette an und blinzelte durch die Qualmwolke zu Mum hinüber. »Hab ich gesagt.«
    In der Woche darauf setzte Dad sich ins Auto, fuhr zwei Stunden zum Ufer des mittleren Sambesi und stellte sich im Boma des Häuptlings Sikongo vor. Er nahm den Hut ab, überreichte dem Assistenten des Häuptlings ein Geschenk (einen Beutel Maismehl und etwas Bratöl) und bat um eine Audienz. Man forderte ihn auf, unter dem Mangobaum zu warten. Dad machte es sich im Schatten bequem und vertrieb sich die Zeit damit, den Leuten nachzuschauen, die zwischen dem Dorf und dem Fluss hin- und hergingen, während um seine Füße herum Hühner pickten und Hunde sich neben ihm im Staub zusammenrollten. Nach ein paar Stunden kam der Häuptling aus seinem Palast (einem bescheidenen Backsteinhaus), und nach dem üblichen Austausch von Floskeln (Hat es in Lusaka geregnet? Wie war die Fahrt?) erklärte mein Vater dem Häuptling, dass er beabsichtige, eine kleine Farm am Ufer des Flusses zu gründen, um dort Fische in Teichen zu züchten, Bananen anzubauen und ein paar Schafe zu halten. Der Häuptling hörte zu, dann bat er meinen Vater, in einer Woche wiederzukommen und ein Paar Bata-Slipper in Größe sechs mitzubringen. (»Das sollte sich machen lassen«, dachte Dad.)
    Nach einer Woche kehrte Dad mit einem Paar Bata-Slippern Größe sechs zum Boma des Häuptlings Sikongo zurück. Auch dieses Geschenk übergab er dem Assistenten des Häuptlings und wartete unter dem Mangobaum im gleißend hellen Licht der Sambesi-Sonne auf die Audienz. Nach ein paar Stunden erschien der Häuptling, und Dad setzte ihm noch einmal seinen Wunsch nach einer Farm mit Fischen, Bananen und Schafen auseinander. Der Häuptling hörte zu und sagte zu Dad, er solle in einem Monat wiederkommen und ein Kofferradio samt Ersatzbatterien und etwas Salz mitbringen.
    Nach einem Monat kehrte Dad wie erwünscht mit den Geschenken zum Boma des Häuptlings zurück. Und noch einmal ließ er sich in aller Ausführlichkeit darüber aus, was für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher