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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh
Autoren: Auerbach , Keller,
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der vier jungen Schauspielschülerinnen aus der Grazien- WG heimlich ganz nach oben geschoben, um seinem phlegmatischen Sohn bei der Suche nach der Frau fürs Leben diskret unter die Arme zu greifen. Bisher ohne Erfolg.
    Jetzt stand Effie am Tapetentisch und arrangierte die mitgebrachten Köstlichkeiten der Nachbarn. Sie scherzte mit Oma Olcay, schickte Freddy hierhin und dorthin, um Tische aufzustellen und Stühle zu holen, und strich der wuselnden Kinderschar der Abakays über die Köpfe, bevor sie sich Lisa zuwandte, die sie am Ärmel gezupft hatte.
    Pippa grinste breit. Effie war eine echte englische Rose, mit zartem Teint, honigblond getönten Haaren und einer Vorliebe für pastellfarbene Twinsets, in denen sie sehr ladylike wirkte. Das Grazien-Kleeblatt hatte Effie den Spitznamen »Mylady« verpasst, und die gesamte Hausgemeinschaft hatte den Ehrentitel aufgegriffen.
    Effie war Pippas Vorbild, aber da sie nicht deren zarte Statur, sondern die kräftige Figur ihres Vaters geerbt hatte, musste sie früh die Hoffnung aufgeben, diese Ähnlichkeit auch äußerlich zu erreichen. Aber sie teilte mit ihrer Mutter die typisch englische Vorliebe für Kopfbedeckungen. Hüte, Mützen, Kappen, Schals aller Art waren ihre Sammelleidenschaft und hatten bei ihrem Umzug den Großteil ihrer Kisten und Koffer gefüllt.
    Seit sie vor drei Monaten Leo und Florenz verlassen hatte, war die Hausgemeinschaft Pippas Halt und Stütze. Sie bewahrte sie davor, ihren Entschluss rückgängig zu machen, die Koffer zu packen und wieder in Leos Arme zu eilen.
    Niemand hatte ihr Vorwürfe gemacht, ihre Trennung kommentiert oder unangenehme Fragen gestellt. Jeder war bemüht, sie aufzuheitern: Oma Olcays exotische Köstlichkeiten trugen bereits Früchte auf ihren Hüften, und die Kasulke-Schwestern hatten sie als Rubens-Modell für ihre aktuelle Kollektion engagiert. Von ihrer Freundin Karin war Pippa mit den Worten »Mensch, bin ich froh, dass du wieder da bist. Dafür verzichte ich gern auf unsere jährlichen Besuche in der Toskana!« willkommen geheißen worden.
    Pippa schreckte aus ihren Gedanken auf. Die Abakay-Kinder und Lisa hatten sich zu einem kleinen Chor formiert und skandierten unter ihrem Fenster: »Tante Piiih-Paaaah, Tante Piiih-Paaaah, komm ruuun-taaaah!«
    Die anderen Picknick-Teilnehmer blickten lachend zu ihr hoch, und Pippa sah ihrer Mutter an der Nasenspitze an, dass sie die Kinder dazu angestiftet hatte.
    In einer Pantomime des Bedauerns zuckte Pippa mit den Schultern, winkte in den Hof hinunter, schloss das Fenster und setzte sich wieder zu den Haubentauchern und ihrem stressgeplagten Gefieder. Den nächsten Satz las sie fünfmal, bevor sie seine Bedeutung begriff, weil sie immer noch auf das Gelächter aus dem Innenhof hörte. Pippa seufzte.
    Die enge Hausgemeinschaft hatte einen Haken: Ihr Bedürfnis nach Ruhe und Privatsphäre geriet ins Hintertreffen. Wenn sie auf eigenen Füßen stehen wollte, musste sie genug Geld verdienen, um sich endlich selbst eine Wohnung leisten zu können.
    Eine Wohnung, die genug Ruhe bot, um sich zu konzentrieren und ihre Übersetzungen flott und fehlerfrei abzuliefern.
    Eine Wohnung, in der das muntere Treiben im Hof nicht die normale Lautstärke eines Radios übertönte.
    Eine Wohnung, in der sie nicht ständig abrufbar war für kleine Erledigungen und den Gassi-Gang der Hunde des Hauses.
    Sie brauchte eine Wohnung, die man abschließen konnte.
    Ihre eigene Wohnung.
    Pippa runzelte unwillig die Stirn, als es an der Tür klingelte. Bestimmt hatte Freddy wieder den Korkenzieher vergessen. Aber machte ja nichts, Pippa war schließlich oben und konnte aufspringen und die Tür öffnen. Schrieb sie halt später weiter …
    Sie riss die Tür auf und sah sich zu ihrer Überraschung Karin und Matthias gegenüber.
    »Ich habe von oben gesehen, dass du nicht im Hof bist«, sagte Karin und schmiegte sich an Matthias, der den Arm um ihre Schultern gelegt hatte. »Wir wollen dich abholen.«
    »Lieb gemeint, aber ich muss arbeiten«, antwortete Pippa düster, »du bist ungefähr die Zehnte, die mich hinunterlocken will.«
    »Dann bist du ohnehin aus dem Takt. Wir gönnen uns eine kuschelige Teepause, und danach kannst du weitermachen. Ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen.«
    Pippa zögerte einen Moment und nickte dann. »Mylady hat bestimmt Earl Grey auf dem Aga.«
    Karin Wittig gab ihrem Gatten einen Klaps auf den Hintern. »Geh vor, Schatz. Ich komme gleich nach. Ich will nur kurz …«
    »
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