Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unsere Oma

Unsere Oma

Titel: Unsere Oma
Autoren: Ilse Kleberger
Vom Netzwerk:
Glück.

    »Meine schöne Lampe!« stöhnte der Onkel.
    »Wenn sie nur nicht ‘runterfällt!« jammerte Ingeborg.
    Die Kinder lachten und schrien. Peter hüpfte wie ein Gummiball auf und ab.
    Schließlich ging Oma in die Küche und kam mit einer Banane zurück. Die hielt sie dem Äffchen hin. Da die letzte Glühbirne zerschlagen war, begann Angelika sich wieder für etwas anderes zu interessieren.
    »Bitte, bitte«, machte sie und streckte verlangend ein Händchen aus. Den Löffel ließ sie dabei los. Er fiel klirrend zwischen die Scherben auf dem Tisch.
    »Nein, nein«, sagte Oma, »komm herunter!«
    Angelika sprang wieder an die Gardine, rutschte an ihr hinab wie ein Schiffsjunge am Tau und hüpfte auf Oma zu. Doch plötzlich war die Banane weg, Oma legte Angelika übers Knie und versohlte ihr tüchtig das Hinterteil. Das Äffchen schrie wie am Spieß. Die Kinder sahen es mitleidig an, aber der Onkel brummte: »Recht so!«
    Schließlich fand Ingeborg, daß es genug sei. Sie ergriff das ungezogene Affenbaby und steckte es ins Bett. Es schlief nach all den Aufregungen sofort ein, Peters zerrupften braunen Spielzeugbären fest im Arm.

Der traurige Löwe

    Wenn Brigitte vom Kinderzoo nach Hause ging, kam sie an dem Käfig des Löwen vorbei. In der ersten Zeit fürchtete sie sich vor dem mächtigen Tier und lief schnell weiter. Aber eines Tages blickte er sie mit seinen hellen, weit auseinanderstehenden Augen an, und da blieb sie wie gebannt stehen. Jetzt sah sie erst, wie schön der Löwe war; wie die Muskeln unter dem glatten Fell spielten, wenn er ruhelos an den Stäben hin und her ging; wie stolz er den Kopf hielt, wie mächtig die Mähne ihm um die Schultern fiel. Nun sprach sie jeden Abend ein paar Worte zu ihm. Anfangs kümmerte er sich nicht um sie und wanderte weiter durch den Käfig oder lag in einer Ecke, den großen Kopf auf die Pfoten gelegt. Aber nach einiger Zeit hob er jedesmal den Kopf und blickte sie an. Bald bildete sie sich ein, daß er sie erwartete, und sie lief eilig um ein Gelände herum, auf dem Arbeiter einen Graben schaufelten und mit Beton auskleideten, um vor dem Abendbrot noch etwas Zeit für den Löwen zu haben. Dabei machte sie sein Anblick stets traurig. In seinen Augen glaubte sie eine Anklage zu lesen, daß er in dem engen Käfig eingesperrt war.

    Eines Abends, als alle um den großen Eßtisch versammelt waren, fragte sie den Onkel: »Warum sperrst du einen Löwen in einen kleinen Käfig ein, wenn er das doch gar nicht mag?«
    »Woher weißt du denn, daß er das nicht mag?« rief Jan.
    »Er hat mich so traurig angeguckt.«
    »Ach, das bildest du dir bloß ein«, meinte Jan. »Die Tiere sind meistens sehr gerne im Zoo, nicht wahr, Onkel Ludi?«
    Der Onkel, der gerade seine Pfeife stopfte, antwortete nicht.
    »Sie leben gern im Käfig«, fuhr Jan fort, »weil sie dort sicher sind und regelmäßig ihr Fressen bekommen.«
    »Der Löwe will aber gar nicht sicher leben«, erwiderte Brigitte. »Er will draußen herumspringen und sich selbst sein Fressen holen, und vor allem will er nicht immer angestarrt werden.«
    »Du tust ja gerade so, als wüßtest du, wie es ist, wenn man in einem Käfig lebt«, sagte Jan.
    »Am liebsten möchte ich es mal ausprobieren«, rief Brigitte.
    Oma nickte, »Das habe ich auch schon manchmal gedacht. Man müßte sich einmal in einen leeren Käfig setzen, um zu sehen, wie einem darin zumute ist.«
    »Au ja!« rief Jan begeistert. »Wollen wir das nicht am nächsten Sonntag machen? Wir setzen uns in einen Käfig und schreiben auf ein Schild: Mensch, Deutschland.«
    »Paulchen könnte auch mit, dann schreiben wir: Mensch mit Haustier«, fiel Brigitte ein.
    Der Onkel funkelte Oma an und grollte wie ein alter Löwe: »Angelika, ich habe dir erlaubt, daß du ein Tier in Kleider steckst und mit Hustensaft traktierst. Aber wenn du meinen Zoo zu einem Zirkus machst, in dem komische Nummern aufgeführt werden, ist es aus mit unserer Freundschaft!«
    »Ach, Ludi«, entgegnete Oma sanft, »es war doch nur so eine Idee von mir. Wenn du es nicht willst, machen wir es natürlich nicht.«
    »Außerdem habe ich es schon selber probiert und weiß, wie man sich in einem Käfig fühlt.«
    »Du hast es ausprobiert? Erzähl mal, Onkel Ludi!« riefen die Kinder durcheinander.
    Der Onkel paffte ein paar Züge aus seiner Pfeife und sagte dann: »Brigitte hat recht, man sollte Tiere, die für ein freies Leben bestimmt sind, nicht in Käfige sperren. Aber die Menschen möchten sie gern
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher