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Unsere Oma

Unsere Oma

Titel: Unsere Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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ihre Augen leuchteten. »Es geht ihm besser.«
    Der Onkel befühlte die kleine Nase und die Hände des Tierchens und atmete auf. Dann legte er Ingeborg die Hand auf die Schulter. »Das hast du fein gemacht, Mädchen!«
    Um zehn Uhr kam der Arzt, er horchte ab, sein Gesicht erhellte sich. »Es ist viel besser, kaum noch Geräusche über der Lunge. Wenn das Tier gut gepflegt wird, wird es wohl gesund werden.«
    Oma stand in der Küche und kochte ein Festessen. Nun roch das Haus nicht mehr nach Zwiebeln und Kandiszucker, sondern nach Fleischbrühe, Schweinebraten, Rotkohl und Pudding.
    »Heute ist doch nicht Sonntag«, brummte der Onkel.
    »Ihr habt ein paar Tage lang alle so wenig gegessen, daß ihr jetzt nachholen müßt. Außerdem koche ich gern, wenn ich fröhlich bin, und ich bin fröhlich«, sagte Oma.
    Alle waren fröhlich und ließen sich Omas köstliche Speisen schmecken, auch der Onkel. Das Äffchen schlief einen sanften Genesungsschlaf. Später fing Oma an, einen roten Pullover zu stricken.
    »Für Peter ist der aber zu klein«, meinte Brigitte.
    »Er ist nicht für Peter, er ist für das Äffchen.«
    Der Onkel sah von seiner Zeitung auf. »Du kannst die Tiere in meinem Zoo doch nicht in Kleider stecken!«
    »Der Arzt hat gesagt, das Äffchen muß warm gehalten werden. Man kann es aber nicht immer im Bett lassen, also muß es Kleider bekommen.«
    »Müssen die denn unbedingt rot sein?«
    »Rot ist meine Lieblingsfarbe«, sagte Oma.
    Jeden Tag ging es dem Äffchen besser. Nach vier Tagen durfte es aufstehen. Ingeborg zog ihm Omas roten Pullover und ein Paar Hosen an, die sie geschneidert hatte. Es aß nun schon Brei, Gemüse und Bananen und freundete sich langsam mit der Familie an. Es saß auf dem Schoß des Onkels und zupfte an seinem weißen Bart. Es lachte, wenn Jan es auf die Schultern hob und es in der Stube herumtrug, und Peter und Brigitte durften es streicheln. Wenn es aber Angst bekam, lief es zu Ingeborg und warf sich in ihre Arme.
    Eines Abends beim Abendbrot meinte der Onkel: »Nun muß das Tier aber auch einen Namen bekommen.«
    Alle überlegten. Nach einiger Zeit rief Brigitte: »Ich weiß was, wir nennen es Angelika, weil Oma so heißt!«
    Oma und die anderen Kinder stimmten begeistert zu. Der Onkel sah seine Schwester ungewiß an. »Willst du wirklich einem Affen deinen Namen geben?«
    »Warum nicht?« erwiderte Oma.
    Angelika war sehr gelehrig. Sie lernte es bald, aus einer Tasse zu trinken und »bitte, bitte« zu machen. Sie kletterte aus ihrem Bettchen heraus und trieb sich im Haus herum. Sie lief auf allen vieren, richtete sich aber auch gern an einem Gegenstand oder einem Menschen auf. Wenn man sie an der Hand hielt, konnte sie auch auf zwei Beinen gehen.
    Da sie sauber und appetitlich aß, wenn Ingeborg sie fütterte, wurde sie zum Mittagstisch zugelassen. Jan schleppte acht Bände »Brehms Tierleben« aus Onkels Bücherschrank herbei und stapelte sie auf einen Stuhl. Angelika bekam ein Lätzchen um den Hals und wurde daraufgesetzt. Sie blickte stolz und glücklich um sich. Eines Mittags nahm sie Ingeborg den Löffel aus der Hand.
    »Sie will allein essen«, riefen die Kinder.
    Wirklich löffelte Angelika anfangs sehr geschickt ihren Brei, doch plötzlich schlug sie mit dem Löffel mitten hinein, daß er weit in die Umgebung spritzte. Ingeborg bekam einen Klecks auf ihre Schürze, Jan einen ins Haar, und der Onkel hatte einen Spritzer auf der Brille.
    »Nimm ihr den Löffel weg!« rief er ärgerlich.
    Aber das Äffchen kletterte blitzschnell von seinem Bücherberg auf den Tisch, sprang an die Fenstergardine, kletterte an ihr hoch und hüpfte auf die Hängelampe an der Decke. Dort setzte es sich hin und schwenkte ausgelassen den Löffel.
    »Komm sofort herunter!« rief Ingeborg. Aber Angelika dachte nicht daran. Sie fing an, sich auf der Lampe hin und her zu schwingen wie auf einer Schaukel.
    »Angelika!« rief die ganze Familie im Chor.
    Sie lachte und winkte mit der Hand. Durch Zufall stieß sie mit dem Löffel an einen Metallarm der Lampe. Es klirrte. Das Äffchen runzelte erstaunt die Stirn und versuchte es dann an anderen Stellen. Es schlug kräftig zu und erwischte dabei auch eine Glühbirne. Wie schön es jetzt erst klirrte und rieselte und wieder klirrte, als die Scherben unten auf den Tisch fielen. Hei, das war ein Spaß!
    Angelika beugte sich hinunter und zerschlug eine Birne nach der anderen. Ihr runzliges Gesicht verzog sich zu lauter Lachfalten, ihre Augen strahlten vor
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