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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia
Autoren: Berte Bratt
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lächelte wieder ganz fein und ging in die Küche zurück. Claudias letzte Worte klangen ihr fortgesetzt in den Ohren.
    Ja, Claudia hatte ihren Stiefvater wirklich gern, und alles war gut. Onkel Peter war es gewesen, der Claudia den kleinen Hund geschenkt hatte, den sie liebte. Durch den Hund war Claudia gezwungen, früh und spät draußen an der frischen Luft herumzulaufen.
    Onkel Peter war es auch, der Claudia dazu angeregt hatte, Sport zu treiben. Und Onkel Peter war es, der Claudia praktische Ratschläge gab, dort wo Frauenweisheit nicht ausreichte. Claudia ging mit allen ihren Problemen vertrauensvoll zu Onkel Peter.
    Aber zu einem hatte Claudia sich noch nicht durchringen können: Der Stiefvater war und blieb für sie „Onkel Peter“. Und weder er noch Mutti hatten Claudia gegenüber jemals angedeutet, daß sie Vater sagen solle. Sollte es sein, so mußte es von allein kommen.
    Da ging die Wohnungstür. „Hast du gehört, Schwesterchen? Wer kommt denn jetzt? Nun mußt du aber schnell noch den letzten Löffel essen, dann bist du fertig, wenn Papa kommt!“
    Claudia wischte der Kleinen wieder das Mäulchen ab – und jetzt ging die Tur auf, und Onkel Peter trat ein. „Hallo, ihr zwei! Seid ihr fertig mit Essen?“
    „Wir fertig?“ lachte Claudia. „Schwesterchen ist nudelsatt, und die große Schwester ist halbtot vor Hunger!“
    „Ba ba“, machte das Kleine.
    „Hast du das gehört, Onkel Peter? Sie kann beinahe Papa sagen!“
    „Gescheites Kind“, sagte Onkel Peter. „Schlägt ihrem Vater nach. Das ist schön, Schwesterchen, du kannst dich üben im Papasagen, aber wenn du ein bißchen größer bist, dann sollst du Vater sagen!“
    „Findest du, daß das besser klingt?“ fragte Claudia.
    „Es gibt mir jedenfalls das Gefühl, daß ich Vater bin“, sagte Onkel Peter. „Papa, das ist so eine Kindersprache, irgendwie gar kein rechter Begriff. Aber Vater genannt zu werden – das gibt einem ein gleichsam stolzes Gefühl – ein Gefühl von Verantwortung – es ist so, als sei es eine Bezeichnung, die man sich verdienen muß.“
    Claudia hatte das Schwesterchen ins Bett gelegt. Dann trafen sich ihre und Onkel Peters Augen.
    „Onk…“ sie stockte, lächelte ein wenig, und eine feine Röte stieg in ihre Wangen. „Wenn man sich diese Bezeichnung verdient hat, dann darf man auch nicht darum betrogen werden“, sagte sie leise. „Und wenn einer sie verdient hat, dann bist du es – Vater!“
    Peter Brodersen wandte sich ganz zu Claudia um.
    „Was meinst du, Claudia?“
    Claudia lächelte, und dann hatte sie einen Kloß im Hals und konnte nicht sprechen. Sie schmiegte sich an den Stiefvater, und ein wenig scheu, ein wenig verlegen lehnte sie ihren Kopf gegen seine Schulter. Sein Arm umfing sie, und der war stark und fest, der behütete und beschützte, und er arbeitete und schaffte so gern für Frau und Kinder. Da hörten sie Muttis fröhlichen, singenden Ruf:
    „Peter! Claudia! Wo bleibt ihr denn?“ Mutti stellte die große, dampfende Schüssel auf den Tisch, und dann ging die Tür auf.
    „Na, was macht ihr denn hier?“ fragte Mutti. „Steht ihr vor Schwesterchen in Bewunderung versunken?“
    „Auch das“, sagte Claudia. „Aber jetzt kommen wir. Wir freuen uns wahnsinnig aufs Essen.“ In der Tür drehte sie sich um, und ihre Augen glänzten. „Nicht wahr – Vati?“
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