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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel
Autoren: Carre
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Informationen sind doch heutzutage alle in Computern gespeichert, oder?«
    Luck warf Bryant einen Blick zu. Bryant sah mich an, mit einem Lächeln, das kaum noch geduldig zu nennen war.
    »Ja, also, Mr. Cranmer, Sir, wenn ich auf meine ursprüngliche Frage zurückkommen dürfte«, sagte er mit vernichtender Höflichkeit. »Das Problem ist: wann , und nichts anderes. Und es wäre sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie uns endlich verraten würden, wann Sie das letztemal Kontakt mit dem Vermißten hatten.«
    Zum zweitenmal drängte sich beinahe die Wahrheit auf. Kontakt? wollte ich sagen. Kontakt, Mr. Bryant? Vor fünf Wochen, am 18. September am Weiher in Priddy, Mr. Bryant! Kontakt in einer Weise, von der Sie sich nichts träumen lassen!
    »Ich schätze, kurz nachdem ihm die Universität eine Dauerstellung angeboten hatte«, antwortete ich. »Er war völlig begeistert. Hatte es satt, immer nur kurzfristige Lehraufträge zu erhalten und sich nebenher als Journalist durchs Leben zu schlagen. Bath hat ihm die Sicherheit geboten, die er brauchte. Er hat mit beiden Händen zugegriffen.«
    »Und?« sagte Luck, für den Schroffheit ein Zeichen von Tugend war.
    »Und er hat mir geschrieben. War ein zwanghafter Briefeschreiber. Das war unser letzter Kontakt.«
    »Was genau hat er geschrieben?« wollte Luck wissen.
    Daß die Universität von Bath genau so war, wie sie war, als ich ihn hierherbrachte: grau, verdammt kalt und nach Katzenpisse stinkend, gab ich im Geiste zurück, als die Wahrheit schon wieder in mir hochstieg. Daß er in einer Welt ohne Glauben oder Nichtglauben vom Kopf abwärts verwese. Daß die Universität von Bath das gleiche wie die Lubjanka sei, nur werde hier nicht gelacht, und daß ich wie immer persönlich schuld daran sei. Unterschrift Larry.
    »Daß er seine offizielle Ernennungsurkunde erhalten habe, daß er überglücklich sei und daß wir alle an seinem Glück teilhaben sollten«, antwortete ich verbindlich.
    » Wann genau war das?«
    »Mit Daten habe ich’s leider nicht so. Wie schon mehrmals gesagt. Es sei denn, es handelt sich um Jahrgänge.«
    »Haben Sie seinen Brief noch?«
    »Ich bewahre keine alten Briefe auf.«
    »Aber Sie haben ihm geantwortet.«
    »Umgehend. Bei Privatbriefen mach ich das immer. Ich kann es nicht leiden, wenn meine Post unerledigt ist.«
    »Das ist noch der Beamte in Ihnen, nehme ich an.«
    »Schon möglich.«
    »Aber jetzt sind Sie im Ruhestand.«
    »Von Ruhestand kann wahrlich keine Rede sein, Mr. Luck. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so beschäftigt gewesen.«
    Bryant übernahm nun wieder, mit seinem Lächeln und seinem vernarbten Schnurrbart. »Damit spielen Sie wohl auf ihre vielfältige und nützliche Arbeit in der Gemeinde an. Wie ich höre, wird Mr. Cranmer hier in der Gegend geradezu als Heiliger verehrt.«
    »Nicht Gegend. Nur hier im Dorf«, erwiderte ich gleichmütig.
    »Die Kirche retten. Den Alten helfen. Landurlaub für unsere benachteiligten Kinder aus den Innenstädten. Haus und Grundstück den Kleinbauern öffnen, zum Wohl des örtlichen Einkehrhauses. Hat mich beeindruckt, stimmt’s, Oliver?«
    »Sehr«, sagte Luck.
    »Vergessen wir mal die zwanghafte Briefschreiberei. – Wann also haben wir den Doktor das letztemal gesehen , Sir, von Angesicht zu Angesicht?« fuhr Bryant fort.
    Ich zögerte. Absichtlich. »Vor drei Monaten? Vier? Fünf?« Er sollte sich was aussuchen.
    »War das hier, Sir? In Honeybrook?«
    »Er ist hier gewesen, ja.«
    »Wie oft, was schätzen Sie?«
    »Meine Güte – ich habe darüber nicht Buch geführt. Larry schneit herein, man fertigt ihn in der Küche mit einem Ei ab und wirft ihn wieder raus – in den letzten beiden Jahren, na ja, ein halbes dutzendmal. Sagen wir achtmal.«
    »Und das aller letzte Mal, Sir?«
    »Ich habe darüber nachgedacht. Wahrscheinlich im Juli. Wir wollten schon mal die Weinfässer schrubben. Larry wird man am besten los, wenn man ihm was zu arbeiten gibt. Er hat eine Stunde lang mitgemacht, dann etwas Brot und Käse gegessen, vier Gin Tonic getrunken, und dann ist er weg.«
    »Also im Juli«, sagte Bryant.
    »Wie gesagt. Juli.«
    »Wissen Sie noch das Datum? Vielleicht den Wochentag? War’s am Wochenende?«
    »Ja, muß es gewesen sein.«
    »Warum?«
    »Keine Angestellten da.«
    »Haben Sie nicht eben ›wir‹ gesagt, Sir?«
    »Ein paar Kinder aus der Siedlung haben mir geholfen, für ein Pfund die Stunde«, antwortete ich und vermied wieder einmal behutsam, Emmas Namen zu
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